Der Zeck is back
Wenn die Tage wieder länger werden und die Temperaturen konstant auf über 7 °C steigen, erwachen auch die Zecken aus ihrer Winterstarre und machen sich auf die Jagd. Umso wichtiger ist ein aufgefrischter Impfschutz. (Medical Tribune 11/19)
Parasitäre Krankheitsüberträger kommen nicht nur aus tropischen Gefilden: Der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) ist die häufigste von 18 in Österreich heimischen Zeckenarten und Überträger einer ganzen Reihe von Krankheitserregern, darunter Borrelien, Anaplasmen, Rickettsien, Babesien und Viren.1 Die häufigsten durch Zecken auf den Menschen übertragenen Erkrankungen sind die Lyme-Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME).
Meldepflicht
FSME wird durch ein im Speichel mancher Zecken befindliches Flavivirus ausgelöst, welches unmittelbar nach dem Stich auf den Wirt übertragen wird. Österreich zählt zu den am stärksten FSME-betroffenen Regionen Europas. Die Erkrankung ist meldepflichtig und manifestiert sich typischerweise in zwei Phasen:
- Nach einer Inkubationszeit von ein bis zwei Wochen kommt es in der ersten Phase zu grippeartigen Beschwerden (Erschöpfung, Kopfschmerz, Fieber, Gelenksbeschwerden), die nach wenigen Tagen vergehen.1
- Etwa fünf bis 15 Prozent der Patienten erfahren nach einem symptomlosen Intervall eine zweite Phase mit ZNS-Befall – typische klinische Anzeichen sind etwa Kopfschmerzen, Lichtscheue, Schwindel, Konzentrationsstörungen, Sprech- und Gehstörungen. Diese Symptome können Wochen bis Monate andauern. Bei schweren Verläufen kann es zu mitunter bleibenden Paresen der oberen bzw. unteren Extremität und der Gesichtsnerven kommen. Die Mortalität bei Auftreten neurologischer Symptome liegt bei ca. einem Prozent.1
Impfschutz
Trotz einiger vielversprechender Ergebnisse (unter Beteiligung von Wissenschaftlern der Medizinischen Universität Wien)2 ist derzeit noch keine Impfung zum Schutz vor Borreliose beim Menschen zugelassen. Anders bei FSME: Erstmals nachgewiesen wurde das Flavivirus Mitte des 20. Jahrhunderts. 1973 gelang Prof. Christian Kunz vom Institut für Virologie der Universität Wien die Entwicklung eines Versuchsimpfstoffes. 1976 startete die österreichische Immuno AG mit der industriellen Produktion des Impfstoffes. Zunächst wurde FSME als Berufskrankheit bei Land- und Forstarbeitern angesehen und dementsprechend nur diese „Risikogruppen“ geimpft. Nachdem 1979 insgesamt 677 hospitalisierte FSME-Fälle verzeichnet wurden, startete 1981 eine österreichweite Informationskampagne der Ärztekammer, der Apothekerkammer und der ARGE Pharmazeutika in Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Gesundheit und öffentlichen Dienst.
Ein FSME-Impfschema mit dreijährigem Auffrischungsintervall wurde eingeführt. Später wurden nach Weiterentwicklungen des Impfstoffs auch die Impfintervalle ausgeweitet: Der aktuelle Impfplan 2019 sieht nach einer ersten (1.–3. Monat) und zweiten (20.–24. Monat) Teilimpfung eine Auffrischung alle fünf Jahre bis zum 60. Lebensjahr vor, danach alle drei Jahre.3 Die Rate jemals FSME-geimpfter Personen in Österreich lag 2017 bei über 80 Prozent, allerdings sind nur rund 65 Prozent auch korrekt geimpft.4 Nach jahrelangen FSME-Fallzahlen deutlich unter der Hundertergrenze, wurden 2017 erstmals wieder über 100 Fälle in Österreich dokumentiert, 2018 waren es über 150 Fälle. Dem kann u.a. mittels Aufklärung der Patienten über regelmäßige Kontrollen und Auffrischungsimpfungen entgegengewirkt werden. Apropos Aufklärung: Wenig bekannt ist auch, dass eine FSME-Infektion nicht nur über Zecken, sondern auch über nicht pasteurisierte Milchprodukte erfolgen kann.
Zecken-Fakten
- Weltweit existieren an die 800 Zeckenarten – 18 davon sind in Österreich heimisch, wobei die häufigste Art der Gemeine Holzbock ist.
- Zecken finden sich nicht auf Bäumen, sondern halten sich in Bodennähe, zumeist in hohem Gras oder Strauchwerk auf.
- Zecken sind extrem robust: Sie überstehen typische österreichische Winter, können mehrere Tage unter der Wasseroberfläche überleben und Fastenperioden von bis zu zehn Jahren überleben.
- Am aktivsten sind Zecken bei Temperaturen zwischen 7 und 20 °C.
- Eine Zecke durchläuft in ihrem Leben einen ein bis drei Jahre dauernden Entwicklungszyklus von der Larve über die Nymphenform bis zur adulten Zecke.
- Sie hält sich typischerweise bei drei verschiedenen – potenziell krankheitsübertragenden – Wirten auf, dazu zählen Vögel sowie kleinere und größere Säugetiere wie Mäuse, Hasen, Rotwild, Haustiere und der Mensch.
- Findet man eine Zecke am Körper, so soll diese so rasch wie möglich entfernt werden, da gewisse Erreger nicht sofort übertragen werden – Borrelien etwa erst nach etwa zwölf Stunden. Die Zecke soll hierfür idealerweise mit einer feinen Pinzette oder Zeckenzange an den Mundwerkzeugen gepackt und unter einer leichten Drehbewegung herausgezogen werden.
- Zecken übertragen eine Reihe von Viren und Bakterien, unter anderem das FSME-Virus, Borrelien und Rickettsien.
- Die sicherste Prophylaxe zum Schutz vor FSME bietet die (im Österreichischen Impfplan vorgesehene) Impfung.
(APA/SH)
Literatur:
1 www.ages.at
2 Wressnigg et al., Lancet Infect Dis. 2013; doi: 10.1016/S1473-3099(13)70110-5
3 www.apotheker.or.at
4 www.aerztekammer.at