27. Dez. 20183rd Inflammatory Skin Disease Summit

Vitiligo: Aussicht auf anhaltenden Therapieerfolg

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Bei Vitiligo kommt es zu einem CD8+ T-Zell-vermittelten Untergang von Melanozyten in der Epidermis, der sich makroskopisch in Form weißer Maculae manifestiert. Die verlorene Pigmentierung kann mitunter mit aufwendigen Therapien wiederhergestellt werden. In Zukunft könnte eine einfachere und langanhaltende Behandlung möglich sein.

Die „Weißfleckenkrankheit“ hat eine weltweite Inzidenz von ca. einem Prozent, rund 74 Millionen Menschen sind davon betroffen. Etwa die Hälfte der Patienten erkrankt vor dem 20. Lebensjahr. Die Autoimmunerkrankung wird mit verschiedenen anderen, wie etwa Diabetes Mellitus Typ I, Lupus erythematodes oder Hashimoto Thyreoiditis assoziiert.

„Das Tolle bei Vitiligo, im Vergleich zu vielen anderen Immunerkrankungen, ist dass sie vollständig reversibel ist“, berichtet Assoc.-Prof. Dr. John Harris vom Department of Dermatology an der University of Massachusetts.

Mühsame Bestrahlung, rasche Immuntherapie

“Wieso weiß niemand, dass es Behandlungsmöglichkeiten für Vitiligo gibt?“ – eine Frage, die Harris immer wieder von seinen Patienten hört. Vitiligo lässt sich z.B. mit Phototherapie erfolgreich behandeln. Allerdings ist diese Form der Therapie für viele Betroffene eine organisatorische Herausforderung: Typischerweise müssen die Patienten für die Therapieeinheiten zwei- bis dreimal wöchentlich eine Spezialklinik aufsuchen, um sich dort mit Licht in therapeutischer Wellenlänge bestrahlen zu lassen. Andere Behandlungsmöglichkeiten umfassen lokale Therapien mit Corticosteroiden oder Calcineurin-Inhibitoren, aber auch chirurgische Eingriffe. „Das Problem ist, dass konventionelle Behandlungsmethoden nur mäßig effektiv, oft aber sehr aufwendig sind und viel Zeit in Anspruch nehmen. Wir brauchen schlichtweg bessere Behandlungsmethoden“, folgert Harris.

Auf Bildern, die einen besonderen Patienten seiner Klinik darstellen, zeigt Harris den überaus raschen Verlauf einer erfolgreichen Repigmentierung: Diese breitet sich beginnend an den immunpriviligierten Haarfollikeln über die gesamte betroffene Haut aus. „Seine Haut repigmentierte schneller, als die jedes anderen Patienten, den ich gesehen hatte“, berichtet Harris. Der Patient hatte zuvor eine Nierentransplantation gehabt und erhielt daher Immunsuppressiva.

Diese Beobachtung weckte bei Harris und seinen Kollegen die Idee zur Entwicklung einer gezielten Immuntherapie für Vitiligo-Patienten. Die Forschungsgruppe verbindet in ihren Arbeiten Grundlagenforschung und klinische Forschung, um die Krankheitsvorgänge besser zu verstehen und neue, gezielte Immuntherapien zu entwickeln. So haben die Forscher unter anderem mittels CD8+ T-Zell-Transfer ein Maus-Modell der Erkrankung erschaffen und erarbeiten Therapieansätze für verschiedene Schaltpunkte der immunologischen „Vitiligo-Kaskade“.

„Für immer, wenn Sie nicht möchten, dass die Erkrankung zurückkehrt“

In einer Fallstudie von 2016 schildern Harris und seine Kollegen das rasche Ansprechen eines Patienten mit kombinierter Alopecia areata und Vitiligo auf die systemische Behandlung mit dem potenten Janus Kinase (JAK)-Inhibitor Ruxolitinib. Nach zwölf Wochen zeigte sich ein Rückgewinn der Kopfbehaarung (83% verglichen zu 63% an der Baseline), in der 20. Behandlungswoche zeigten sich bei ihm großflächig repigmentierte Hautareale im Gesicht (51% faciale Repigmentierung verglichen zur Baseline). Während die gewonnenen Haare erhalten blieben, bildete sich der Großteil der Hautpigmentierung jedoch innerhalb von zwölf Wochen nach Absetzen der 20-wöchigen Ruxolitinib-Therapie wieder zurück.

Diese Kurzlebigkeit des Therapieerfolges findet Harris unbefriedigend: „Die Frage, die Patienten immer stellen ist: ‚Wie lange muss ich dieses Medikament nehmen?‘ und die Antwort lautet: ‚Für immer, wenn Sie nicht möchten, dass Ihre Erkrankung zurückkehrt‘“.

Vision einer anhaltenden Behandlungsmethode: Reduktion von TRM-Zellen mittels Anti-CD122-Antikörpern

Rückfälle treten bei etwa 40 Prozent der behandelten Patienten bereits innerhalb eines Jahres nach Therapieabsetzen auf.1 Auffällig dabei ist, dass die pigmentlosen Flecken exakt in den ursprünglichen Arealen wiederkehren. „Dies ließ uns vermuten, dass eine Art autoimmunes Gedächtnis in den Vitiligo-Arealen etabliert wurde“, so Harris.

Harris‘ und drei weitere Labore forschten nach der Quelle dieses „Gedächtnisses“ in Vitiligo-Läsionen und stießen schließlich auf geweberesidente T-Gedächtniszellen (TRM, resident memory T-cells) – ähnlich jener Zellen, die vor wiederkehrenden Hautinfektionen schützen. 2,3,4

In einer im Juli 2018 in Science Translational Medicine publizierten Studie5 gingen Jillian Richmond und ihre Kollegen, am von Harris geleiteten Department, noch einen Schritt weiter: Sie untersuchten TRM-Zellen, sowohl in menschlichen als auch in murinen Vitiligo-Läsionen und stellten fest, dass diese Zellen die CD122-Untereinheit des IL-15-Rezeptors an ihrer Oberfläche exprimieren. IL-15 ist ein Zytokin, welches das Überleben von T-Gedächtniszellen gewährleistet.

Eine nur zweiwöchige Behandlung mit einem Antikörper, der CD122 spezifisch blockiert, konnte die Pigmentierung der Mäuse wiederherstellen – und zwar mit einem über mehrere Monate anhaltenden Ergebnis. Während eine kurzzeitige Behandlung nur zu einer Herabsetzung der IFN-gamma-Produktion führte, konnte bei einer längeren Behandlung eine Reduktion der TRM-Zellen beobachtet werden. Zudem zeigte sich, dass autoreaktive TRM-Zellen im Vergleich zu normalen TRM-Zellen die CD122-Untereinheit des IL-15-Rezeptors vermehrt exprimieren. Somit hat die Anti-CD122-Antikörper-Therapie das Potenzial zu einer relativ sicheren und – im Vergleich zu bisherigen Therapieformen – langanhaltenden Behandlungsmethode bei Vitiligo zu werden, berichtet Harris.

Auf Basis dieser Erkenntnisse, arbeiten Harris und sein Team gemeinsam mit den National Institutes of Health-funded Immune Tolerance Network (ITN) an der Entwicklung einer klinischen Studie, um die Behandlung mit dem Anti-CD122-Antikörper voraussichtlich 2019 an menschlichen Patienten zu testen.

3rd Inflammatory Skin Disease Summit, 12.-15.Dezember 2018, Wien

Quellen

1 Bishnoi et Parsad: Clinical and Molecular Aspects of Vitiligo Treatments. Int. J. Mol. Sci. 2018; 19(5). pii: E1509. doi: 10.3390/ijms19051509.

2 Malik et al.: Resident memory T cells in skin mediate durable immunity to melanoma. Sci Immunol. 2017; 2(10): eaam6346. doi: 10.1126/sciimmunol.aam6346

3 Boniface et al., Vitiligo Skin Is Imprinted with Resident Memory CD8 T Cells Expressing CXCR3. J Invest Dermatol. 2018; 138(2):355-364. doi: 10.1016/j.jid.2017.08.038. Epub 2017 Sep 18

4 Cheuk et al., CD49a Expression Defines Tissue-Resident CD8+ T Cells Poised for Cytotoxic Function in Human Skin. Immunity. 2017; 46(2):287–300. doi: 10.1016/j.immuni.2017.01.009

5 Richmond et al.: Antibody blockade of IL-15 signaling has the potential to durably reverse vitiligo. Sci Transl Med. 2018; 10(450). pii: eaam7710. doi: 10.1126/scitranslmed.aam7710

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin CliniCum derma