12. Dez. 2018Youngstar

Die elFen-Expertin

Julia Unterluggauer, MSc, identifizierte einen Translations-Initiationsfaktor, der als Prognosemarker beim Lymphom dienen könnte. Im Gespräch mit der krebs:hilfe! erzählt die Forscherin, was hilft, wenn es mal nicht so läuft. (krebs:hilfe! 12/18)

Am Diagnostik- und Forschungs-Institut für Pathologie der Med Uni Graz untersucht Unterluggauer eukaryotische Initiationsfaktoren (eIFs) bei diffus großzelligen B-Zell-Lymphomen (DLBCL). Sie konnte zusammen mit (inter)nationalen Kooperationspartnern nachweisen, dass eIFs eine wichtige Rolle bei dieser Erkrankung spielen (Blood Cancer Journal 2018). „Am Beginn der Translation muss das Ribosom, also die Proteinfabrik der Zelle, die entsprechende mRNA und die erste tRNA finden, damit es das Protein herstellen kann. Dafür sind eIFs wichtig“, erklärt die 27-jährige Molekularbiologin. Viele der eIFs, die sich als krankheitsrelevant herausstellten, wurden bisher bei Lymphomen nicht untersucht. Für ihre Forschung erhielt Unterluggauer den Young Investigator Award der Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie.

Potenzieller Prognosemarker

„Auf mRNA-Ebene haben wir gesehen, dass zwölf von 16 untersuchten eIFs im DLBCL höher exprimiert waren. Das hat uns überrascht, weil es doch sehr viele waren“, erzählt Unterluggauer. Die Ergebnisse bestätigten sich auf Proteinebene. Die für die Forscherin wichtigste Erkenntnis: „In unserer Kohorte war eine starke Ausprägung von eIF2B5 mit schlechterem Überleben assoziiert. In zwei anderen Datensätzen mit mehr Patienten zeigte sich diese Korrelation ebenfalls.“ Zudem konnte das Forscherteam das Ergebnis auch immunhistochemisch auf Proteinebene verifizieren. eIF2B5 ließe sich somit potenziell als Prognosemarker in der klinischen Routine einsetzen. „Unsere Studie liefert die ersten dahingehenden Daten zu eIF2B5. Das möchten wir in Zukunft in einer größeren Gruppe nachweisen.“ Außerdem will Unterluggauer auch herausfinden, warum die untersuchten eIFs stärker exprimiert sind und gerade eIF2B5 besonders interessante Ergebnisse gezeigt hat. Für die Inhibition bestimmter eIFs gibt es bereits therapeutische Compounds, „aber leider nicht für die eIFs, die in unserer Analyse am interessantesten waren.“

Möglichst nah am Menschen

Unterluggauers erste Schritte in der Forschung führten sie während des Master-Studiums der Molekularen Mikrobiologie zu der Grundlagenforschung in Hefe. An der Karl-Franzens-Universität Graz untersuchte sie, wie ribosomale Proteine an das Ribosom gelangen. Warum sie sich bei der translationalen medizinischen Forschungsgruppe beworben hat? „Weil ich näher am Menschen und an der Anwendbarkeit arbeiten und letztendlich im besten Fall etwas von der Laborbank in die Klinik bringen wollte. Die Grundlagenforschung in Modellorganismen ist aber natürlich genauso wichtig, denn sie ermöglicht das, was ich jetzt mache.“ Noch näher am Menschen zu sein, also als Medizinerin zu arbeiten, könnte sie sich aber nicht vorstellen. „Es ist aber wichtig, dass ich gesehen habe, was ein Lymphom anrichten kann. Meine Oma ist an einem diffus großzelligen B-Zell-Lymphom gestorben. Das war am Beginn meiner Dissertation. Das Projekt wurde zwar von meinem Betreuer, Prof. DDr. Johannes Haybäck, festgelegt, und hämatologische Krankheiten haben mich immer interessiert, aber der familiäre Hintergrund hat es für mich noch interessanter gemacht, an dieser Erkrankung zu forschen.“

Perspektive ändern bei Sackgassen

Gerade wenn noch kaum Vordaten da sind, kann der Einstieg in ein Forschungsprojekt schwierig sein, wie Unterluggauer aus eigener Erfahrung berichtet: „Die Herausforderung ist, das zu finden, was interessant ist und bei dem es sich lohnen könnte, es sich genauer anzuschauen und dran zu bleiben.“ Damit etwas gelingen kann, brauche es, so die Forscherin, auch ein motivierendes Umfeld und den Austausch mit Klinikern und anderen Forschungsgruppen, wie in ihrem Fall der Lymphomgruppe rund um Priv.-Doz. Dr. Alexander Deutsch und Univ.-Prof. Dr. Peter Neumeister. Bei der Arbeit im Labor gibt es natürlich auch Phasen, in denen nichts läuft. „Zum Beispiel, wenn man eine Hypothese verwerfen muss oder, noch schlimmer, wenn man sie gar nicht testen kann.

Weil es einfach in diesen Zelllinien nicht funktioniert und man das Set-up wieder und wieder ändern muss und monatelang nichts dabei rauskommt“, erzählt Unterluggauer. „Irgendwann muss man sagen: Es hat keinen Sinn, ich schau jetzt was anderes an.“ Was dann hilft, ist ein unterstützendes Umfeld. „Ohne dass Menschen im Hintergrund motivieren, geht es nicht. Und es tut gut, manchmal den Blickwinkel zu ändern, zurückzutreten und von außen draufzuschauen. Ich würde auch sagen, dass ich ein sehr hartnäckiger Mensch bin und selten aufgebe.“ Im Moment arbeitet Unterluggauer an der Fertigstellung ihrer Dissertation im Rahmen des PhD-Programms „Molecular Medicine“. Eine genaue Karriereplanung hat die Forscherin nicht: „Meine Neugier ist immer mein Antrieb. Es ist einfach interessant, wenn man der Natur Geheimnisse entlocken kann.“

Weitere Vorschläge für Kandidaten dieser Serie richten Sie bitte an krebshilfe@medizin-medien.at