„Das Emotionale ist eine Bereicherung“
Dr. Elisabeth Sophie Bergen absolviert derzeit ihre Facharztausbildung an der Universitätsklinik für Innere Medizin in Wien. Im Gespräch mit der krebs:hilfe! erzählt Bergen, was sie an der Brustkrebsforschung reizt, warum Onkologen das Emotionale suchen und dass man ohne Spontanität viel verpasst. (krebs:hilfe! 1–2/17)
Für die Arbeit „Prognostic impact of breast cancer subtypes in elderly patients“ erhielt Bergen 2016 den Forschungsförderungspreis der Österreichischen Gesellschaft für Senologie. Die retrospektive Auswertung umfasst etwa 600 Brustkrebspatientinnen und zeigte erstmals bestimmte Unterschiede in Krankheitsverlauf und Subtypen älterer vs. jüngerer Patientinnen (Breast Cancer Res Treat 2016; 157: 91–9). Bergen freut sich sehr über den Forschungspreis. „Nur“ forschen wäre ihr allerdings zu einseitig: „Meine Motivation ist, das, was ich wissenschaftlich tue, unmittelbar in der Klinik beobachten zu können. Nur diese Kombination ist verlockend.“
Kompetent und souverän
Dass Bergen Onkologin werden wollte, kristallisierte sich bei einem Praktikum an der Wiener Universitätsklinik für Innere Medizin heraus. Dort lernte sie Assoc.- Prof. Priv.-Doz. Dr. Rupert Bartsch kennen, der sie nach dem Studium beim Einstieg in die Forschung unterstützte und förderte. Seit Beginn ihrer klinischen Tätigkeit im September 2013 forscht Bergen in der Arbeitsgruppe Mammakarzinom und untersucht Charakteristika von Subtypen bzw. wie sie sich auf die zerebrale Metastasierung auswirken. „Das mit der Wissenschaft kam erst mit der Zeit, es war nicht so, dass ich schon immer irgendwo mitgearbeitet habe. Aber man merkt relativ schnell, wie spannend das Ganze ist, wie viel Spaß es macht, da mitzuspielen, und irgendwann läuft es dann“, erzählt Bergen. Dass es läuft, zeigt sich auch darin, dass die 28-Jährige gerne als Referentin eingeladen wird. Zuletzt begeisterte sie mit einem „kompetenten und souveränen Vortrag“ bei der Jahrestagung der Austrian Breast und Colorectal Cancer Study Group (ABCSG), wie auf der Homepage der Studiengruppe hervorgehoben wird. Neben Fachvorträgen engagiert Bergen sich auch bei Patientenveranstaltungen im Rahmen der Cancer School der MedUni Wien.
Aussicht auf Heilung motiviert
Die Erforschung des Mammakarzinoms ist für Bergen deshalb reizvoll, weil es darum geht, eine sehr große Patientengruppe zu behandeln, wo laufend sehr viel Wissen dazukommt. Ein Punkt, der im Vergleich zu anderen Entitäten vielleicht mehr motiviert, ist die Aussicht, viele Patientinnen heilen zu können und andere lange Zeit zu begleiten. In der Beziehung Arzt-Patient ist es Bergen besonders wichtig, von Anfang an ehrlich mit den Patientinnen zu reden, wenn sie es wollen. „Natürlich ist es dann schmerzhaft und traurig, wenn es gegen das Ende zugeht. Aber es kann auch sehr schön sein, über Jahre einen gemeinsamen Weg zu gehen.“ Und wenn man dieses Emotionale in seiner Arbeit nicht irgendwie sucht, wird man nicht Onkologe, ist Bergen überzeugt. „Ich denke, man muss es so sehen, dass diese intensive Arzt-Patienten-Beziehung einen doch irgendwie formt, prägt und weiterentwickeln lässt.“
Offen bleiben für Neues
Nach der Facharztausbildung für Innere Medizin möchte Bergen das Zusatzfach Hämatologie und Onkologie machen. Weitere Ziele sind der Abschluss ihres PhD-Studiums in etwa einem Jahr und danach ein Jahr ins Ausland zu gehen, um dort bei einer Forschungsgruppe mitzuarbeiten. „Aber alles ohne Druck“, betont Bergen. Planung und Zeitmanagement sind ihr wichtig. Generell möchte sie aber offen bleiben, weil man sonst vieles verpasst. „Es gibt Leute, die von Anfang an genau wissen, was sie wollen, und Leute, bei denen sich das mit der Zeit entwickelt“, sagt Bergen. Sie zählt sich selbst zur zweiten Gruppe. Entscheidungen trifft sie oft kurzfristig und spontan, wie etwa die, ein Praktikum in Tansania zu machen. Dort hospitierte sie gemeinsam mit einer Studienkollegin in einem kleinen Spital mitten im Nirgendwo. Die diagnostischen Hilfsmittel beschränkten sich auf EKG, Stethoskop, Zuckermess- und ein Ultraschallgerät. „Wir haben gesehen, dass wir dort sehr bereichernd sein können. Man lernt eine andere Art von Medizin.“