Welche Struma muss in den OP?
Die Frage nach der passenden Behandlung kommt dann auf, wenn relevante Knoten oder lokale Beschwerden vorliegen. Kollegen fassen zusammen, wann Medikamente und Radiojodtherapie ausreichen. (Medical Tribune 23/18)
Mit Jod angereichertes Salz, das für jeden verfügbar ist, sollte einem Jodmangel entgegenwirken. Doch Experten schätzen die Zahl behandlungsbedürftiger Jodmangelstrumen oder knotiger Schilddrüsenveränderungen in Deutschland auf mehr als 20 Millionen. Gleichzeitig zeichnet sich derzeit ein Trend zur salzarmen Ernährung ab und sogar die WHO empfiehlt, den Konsum auf unter 5 g/Tag zu reduzieren, ansonsten drohen Bluthochdruck und kardiovaskuläre Ereignisse. Bevor sich Kollegen also zwischen den verschiedenen Therapien der Knotenstruma entscheiden, sollten sie aufklären. Die Autoren um Dr. Andreas Pfestroff von der Klinik für Nuklearmedizin des Universitätsklinikums Marburg raten dazu, besonders Schwangere und Eltern regelmäßig an ihr erhöhtes Risiko eines Jodmangels und das ihrer Kinder zu erinnern.
Keine Dauertherapie mit Levothyroxin!
In der Diagnostik der meist euthyreoten Struma nodosa spielt die Sonographie eine Schlüsselrolle. Mit ihr lassen sich ein vergrößertes Organ und knotige Veränderungen erfassen. Liegen verdächtige Schilddrüsenläsionen vor, folgt eine Feinnadelpunktion, um bösartige Verläufe auszuschließen. Ältere Patienten mit multinodulärer Struma sowie ohne funktionelle Autonomie sollten grundsätzlich aktiv überwacht werden. Ab 60 Jahren können leicht erniedrigte TSH-Werte oder leicht erhöhte FT4-Spiegel allerdings das Risiko für Vorhofflimmern steigern. Ein klarer Fall für die Radiojodtherapie, so die Autoren. Medikamente oder eine Operation kommen als weitere Behandlungsmethoden infrage. Entscheiden sich Kollegen für die medikamentöse Therapie, sollte diese frühzeitig beginnen. Eine Remission lässt sich laut den Experten nur schwer erzielen, wenn der Jodmangel bereits länger besteht oder die Schilddrüse mitsamt Knoten vergrößert ist. Vor allem regressive und knotige Veränderungen behindern den Therapieerfolg.
Jod, Levothyroxin oder eine Kombination stellen die Mittel der Wahl. Letzteres erwies sich in Studien am effektivsten. Cave: Eine Dauertherapie der Struma nodosa mit Levothyroxin ist kontraindiziert! Bei der Radiojodtherapie (siehe Tabelle) nehmen Patienten das Isotop Jod-131 üblicherweise oral als Kapsel ein. Mittels Feinnadelpunktion gilt es, zuvor bösartige Veränderungen auszuschließen und sicherzustellen, dass das Zielgewebe ausreichend Isotope aufnimmt (Schilddrüsen-Szintigraphie, Radiojodtest). In Deutschland müssen Patienten aus Strahlenschutzgründen stationär behandelt werden. Sie verbringen dann durchschnittlich drei bis vier Tage in der Klinik. Die Therapie führt innerhalb der ersten drei Monate zum Erfolg, wobei eine Strumaverkleinerung bis zu zwei Jahre dauern kann.
Indikation zur Resektion für jede Seite einzeln stellen
Jod-131 reduziert das Volumen in zwei Jahren um 44 % und gewinnt damit gegenüber Levothyroxin (ca. 22 %). In weniger als 10 % der Fälle entzündet sich das Organ, es kommt zur Strahlenthyreoiditis. Ärzte sollten außerdem über die potenzielle Gefahr einer dauerhaften Hypothyreose aufklären und die Schilddrüsenfunktion lebenslang überwachen. Hinweise auf ein signifikant erhöhtes Karzinomrisiko durch die Therapie liegen nicht vor. Bei Verdacht auf Malignität oder Kompressionssyndrome besteht eine klare Indikation zur Operation. Wenn die Schilddrüse mehr als ca. 100 ml misst oder die Beschwerden schnell gelindert werden müssen, bietet sich diese Option an. Praxistipp: Indikation zur Resektion getrennt für jede Seite der Schilddrüse stellen. Um nach dem Eingriff eine euthyreote Stoffwechsellage aufrechtzuerhalten und ein Rezidiv zu verhindern, benötigt der Patient eine medikamentöse Therapie mit Levothyroxin und eventuell Jod. Ziel ist ein TSH-Wert im mittleren Normbereich.
Pfestroff A et al., internistische Praxis 2018; 59: 52–66