Sorgfaltspflicht des Patienten hat Grenzen
Der OGH musste sich in den letzten Jahren mehrfach mit der Frage des Mitverschuldens im Bereich der Arzthaftung auseinandersetzen. Dabei gilt, dass sich der Patient oder dessen Hinterbliebene ein Mitverschulden anrechnen lassen müssen, wenn auch der Patient sorgfaltswidrig gehandelt hat. So trifft den Patienten etwa die Obliegenheit, an den Heilungsbemühungen seines Arztes mitzuwirken. Ein allfälliges Fehlverhalten des geschädigten Patienten ist bei der Schadensbemessung zu berücksichtigen, da der Patient zur Schadensbegrenzung verpflichtet ist. Auch Hinterbliebenenansprüche wegen Schockschäden und das Trauerschmerzengeld unterliegen nach der Rechtsprechung des OGH im Falle eines Mitverschuldens des Getöteten einer Kürzung.
Fraglich ist aber, ob auch die schuldhafte (sorglose) Herbeiführung des behandlungsbedürftigen Zustands durch den Patienten als Mitverschulden des Patienten gegenüber dem Arzt oder Krankenhausträger wegen fehlerhafter Behandlung oder Aufklärung angesehen werden kann. Dies wurde vom OGH in einer Entscheidung aus 2010 bejaht. In einer rezenten Entscheidung musste sich der OGH neuerlich mit dieser Rechtsfrage beschäftigen. Konkret hatte der Patient durch eigenes Verschulden einen Autounfall verursacht, bei dem er schwere Verletzungen davontrug. Bei der anschließenden notärztlichen Versorgung unterlief dem Notarzt ein Behandlungsfehler, wodurch der Patient verstarb. Die Haftpflichtversicherung des Arztes wandte Mitverschulden des Patienten ein, da der Patient den Unfall schuldhaft verursacht hatte. Der OGH verneinte jedoch das Mitverschulden und führte aus, dass ein Eigenverschulden des Patienten an seiner Behandlungsbedürftigkeit die Ansprüche des Patienten gegen den ihn nicht lege artis behandelnden Arzt nicht mindern könne.