13. Juli 2021Recht in der Praxis

Höchstes Schmerzengeld: 320.000 Euro

In einer aktuellen Entscheidung hat der OGH für einen 60-jährigen Mann das bislang höchste in Österreich zugesprochene Schmerzengeld in Höhe von 320.000 Euro festgesetzt.

Der Betroffene erlitt unfallbedingt eine Querschnittsschädigung im Bereich der Halswirbelsäule, die zu einer völligen Unterbrechung der Leitfähigkeit des Rückenmarks mit totaler Funktionslosigkeit unterhalb des Querschnitts und Bewegungsunfähigkeit aller vier Extremitäten, einer Blasen- und Mastdarmfunktionsstörung mit Katheterisierung und einer weit­gehenden Lähmung der Atemmuskulatur mit deutlich erschwerter Atmung (ohne dauernde Notwendigkeit einer assistierten Beatmung) führte. Aufgrund der massiv beeinträchtigten Thermoregulation besteht eine extreme Thromboembolie-Gefährdung sowie die Gefahr der Überhitzung bei warmen Außentemperaturen mit Fieber bis zu 40 Grad Celsius. Das Unfallopfer leidet zudem immer wieder an Schmerzen im Nackenbereich und an Spasmen. Er war vor dem Unfall sehr sportlich und aktiv, mindestens dreimal die Woche mit dem Mountainbike unterwegs, ging im Winter Skitouren, fuhr Ski und spielte einmal pro Woche Fußball und Tischtennis. Alle sportlichen Aktivitäten sind aufgrund der Querschnittslähmung ausgeschlossen. Der Betroffene kann sich bis ans Ende seines Lebens nur mit dem Rollstuhl – und das nur eingeschränkt – fortbewegen.

Als Vergleichsfall hat der OGH eine Entscheidung aus 2002 herangezogen, in der einem 21-jährigen Mann Schmerzengeld in Höhe von 218.018 Euro (valorisiert: 301.954,93) zugesprochen wurde. In diesem Fall hatte das Unfallopfer als Unfallfolgen unter anderem hohe Querschnittsymptomatik mit Lähmung beider Arme und Beine und lediglich geringer Restbeweglichkeit von Daumen und Zeigefinger rechts sowie des Ellbogengelenks links, Lähmung des Atemnervs mit bis ans Lebensende notwendiger maschineller künstlicher Beatmung, Mastdarm- und Blasenlähmung mit Katheterisierung alle vier Stunden, Augenmuskellähmung mit Schielstellung und Doppelbildern, ständig und bewusst erlebte Pflegenotwendigkeit rund um die Uhr samt ständiger Todesangst infolge Abhängigkeit von einem ständig funktionierenden Beatmungsgerät, davongetragen.

Die Höhe des Schmerzengeldes ist auch für Arzthaftungsprozesse von großem Interesse und hat Auswirkungen auf die Prämien der Haftpflichtversicherer. Im europäischen Vergleich liegt der neue Höchstbetrag immer noch erheblich unter den in Deutschland zugesprochenen Beträgen, jedoch deutlich über jenen in den östlichen Nachbarstaaten.

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin CliniCum innere