5. Juli 2023Leitfaden zum Weg in die ärztliche Selbstständigkeit - Teil 7

Serviceleistungen in Wahl- und Kassenordinationen

Durch verschiedene Angebote an Patientinnen und Patienten wie die Einreichung der Honorarnoten in Wahlordinationen oder Pünktlichkeit in Kassenordinationen können Sie den Besuch in der Praxis möglichst angenehm für beide Seiten gestalten und betreiben gleichzeitig Marketing. Nicht vergessen: Dokumentieren Sie ausführlich!

Vektor eines medizinischen Personals, einer Gruppe selbstbewusster Ärzte und Krankenschwestern
Feodora Chiosea/GettyImages

Serviceleistungen in der Wahlarztordination

Es gibt mehrere Angebote, die man den Patientinnen und Patienten machen kann, um ihnen einerseits das Leben zu erleichtern und damit andererseits gleichzeitig auch positive Assoziationen mit dem Besuch in der Ordination zu schaffen. Als Wahlärztin oder Wahlarzt haben Sie den Vorteil, Zeit für Ihre Patientinnen und Patienten zu haben. Nutzen Sie diesen sinnvoll, dann wird der Behandlungserfolg auch für beide Seiten gesteigert.

Einreichung der Honorarnote

Formal kann nur der Patient/die Patientin die bezahlte Honorarnote bei der jeweiligen Krankenkasse zur Rückerstattung eines Teilbetrages einreichen. Patientinnen und Patienten schätzen es, wenn man ihnen bei der Einreichung der Honorarnote behilflich ist. Viele Wahlarztordinationen sammeln daher den Antrag auf Kostenrückerstattung (der vom Patienten bzw. der Patientin unterschrieben sein muss) und schicken Anträge und Honorarnote gesammelt an die jeweiligen Kostenträger. Beachten Sie, dass nur bezahlte Honorarnoten rückerstattet werden und daher ein Zahlungsvermerk auf der Honorarnote angebracht sein muss.

Befundbericht

Eine weitere Serviceleistung ist ein Befundbericht, den Patientinnen und Patienten nach jedem Ordinationsbesuch erhalten. Dieser Befund ist einerseits medizinisch relevant, da daraus die wesentlichen Empfehlungen aus dem Ordinationsbesuch hervorgehen und der Patient bzw. die Patientin dies nachlesen kann. Außerdem ist jeder Befund ein gutes Marketinginstrument, da der Patient bzw. die Patientin auch zu Hause positiv an den Ordinationsbesuch erinnert wird. Ich nenne diesen Befundbericht „Patientenbrief“, da er direkt an die Patientinnen und Patienten adressiert ist und so in den Mittelpunkt gestellt wird.

Eine weitere Serviceleistung ist ein Befundbericht an die zuweisenden Ärztinnen und Ärzte oder die Hausärztin/den Hausarzt. Dieser kann den Patientinnen und Patienten direkt ausgehändigt oder elektronisch an sie verschickt werden. Aus meiner Erfahrung als Wahlarzt weiß ich, dass manche Patientinnen und Patienten keine Information an ihre Hausärztin/ihren Hausarzt weitergeben wollten, da sie Sorge hatten, diese könnten durch den Wahlarztbesuch verstimmt sein.

Bei sorgfältiger Dokumentation ist das Erstellen eines Befundberichts kein zusätzlicher Aufwand und ein „Abfallprodukt“ der Dokumentation. Dazu folgt später noch mehr Information.

Ich habe in meiner Zeit als Wahlarzt allen Patientinnen und Patienten nach jedem Besuch einen Befundbericht ausgestellt, sowohl an sie selbst als auch an die Hauärztin/den Hausarzt adressiert. Damit hatten die Betroffenen die Entscheidungsgewalt, diesen Befund weiterzugeben oder auch nicht.

Termine und Zeit

Ein Hauptgrund für den Wahlarztbesuch anstelle einer Kassenordination ist der Faktor Zeit in allen seinen Facetten:

  • Kurze Wartezeit auf einen Termin
  • Kurze Wartezeit in der Ordination, also Pünktlichkeit und Termintreue
  • Ausreichend Zeit für das ärztliche Gespräch

Diese Erwartungshaltung der Patientinnen und Patienten muss man als Wahlärztin oder Wahlarzt kennen und entsprechende organisatorische Maßnahmen setzen, um den Erwartungen entsprechen zu können.

Termine bei anderen Ärztinnen und Ärzten

Manche Ärztinnen und Ärzte vereinbaren nötige Folgetermine für die Patientinnen und Patienten bei anderen Ärztinnen und Ärzten. Ich habe dies nur in Einzelfällen bei besonderer Dringlichkeit einzelnen Patientinnen und Patienten angeboten. Bedingt durch mein Fachgebiet Orthopädie waren dies dringende Termine für Magnetresonanzuntersuchungen (bei Verdacht auf Tumoren, Bandscheibenvorfälle mit Lähmungserscheinungen, Verdacht auf Knochenmarködem oder ähnliche Krankheitsbilder) oder dringende Termine bei Fachärztinnen und Fachärzten für Neurochirurgie.

Abhängig vom Fachgebiet wird es wohl Einzelfälle geben, wo sich diese Serviceleistung anbietet. Dies grundsätzlich allen Patientinnen und Patienten anzubieten, halte ich für undurchführbar und auch nicht für sinnvoll.

Serviceleistungen in der Kassenordination

Die Leistungen, die wir unseren Patientinnen und Patienten in unserer Gruppenpraxis anbieten, unterscheiden sich teils nicht sehr von jenen aus meiner Wahlarztordination. Der Faktor „Zeit“ ist im jetzigen Setting natürlich ein anderer, aber auch hier lässt sich zugunsten der Patientinnen und Patienten „tricksen“.

Befundbericht

Wie in der Wahlarztordination ist die Serviceleistung des Patientenbriefes und des Befundberichts an die Hauärztin/den Hausarzt eine sinnvolle Maßnahme.

In unserer Gruppenpraxis mit Kassenverträgen werden diese immer erfasst. Sie erhalten zu Beginn einer Behandlungsserie elektronisch einen Befund übermittelt und werden auch am Ende einer Behandlungsserie mit einem Befundbericht über die Behandlung der Patientinnen und Patienten informiert. Aus Gesprächen mit Hausärztinnen und Hausärzten weiß ich, dass diese Information sehr geschätzt wird.

Zusätzlich erhalten die Patientinnen und Patienten – ebenfalls zu Beginn und am Ende einer Behandlungsserie – einen gedruckten Befundbericht, den Patientenbrief – persönlich ausgehändigt.

Termine und Zeit

Patientinnen und Patienten, die eine Ordination mit Kassenverträgen aufsuchen, wünschen sich ebenso eine kurze Wartezeit auf einen Termin, erwarten dies jedoch nicht. Sie erwarten auch nicht, dass sie pünktlich zu ihren Terminen in die Ordination gerufen wird. Umso mehr kann man bei Patientinnen und Patienten punkten, wenn man zumindest ein realistisches Terminsystem etabliert hat, und sie tatsächlich im Regelfall pünktlich zu ihrem Termin in den Behandlungsraum gerufen werden.

Eine lange Behandlungszeit und viel Zeit für ärztliches Gespräch bietet das Setting im Kassenvertrag aufgrund der mangelhaften Honorierung des Faktors „Zeit“ nicht. Durch organisatorische Maßnahmen ist es jedoch durchaus möglich, die „gefühlte“ Behandlungszeit der Patientinnen und Patienten zu verlängern.

In unserer orthopädischen Gruppenpraxis ist die Ordination immer mit zwei Fachärzten besetzt, wobei jeder Arzt in zwei Ordinationsräumen abwechselnd behandelt. Im Regelfall ist jeder der vier Räume durch eine Ordinationshilfe besetzt, die wir „Schreiberlinge“ nennen. Sie rufen die nächsten Patientinnen und Patienten auf und erstellen bereits eine Anamnese. Die orthopädische Erstanamnese erfolgt immer nach den gleichen Gesichtspunkten:

  • Seit wann bestehen die Schmerzen?
  • Wo sind Schmerzen lokalisiert?
  • Wie stark sind die Schmerzen (Schmerzskala 0–10)?
  • Welche Behandlungen sind bereits erfolgt?

Bei Kontrollbesuchen in der Ordination ist der Behandlungsverlauf wichtig:

  • Wie war der Schmerzverlauf seit der letzten Behandlung?
  • Haben sich die Schmerzen gebessert?

Unser geschultes Team ist in der Lage, diese Anamnese bereits vor Einlangen des Arztes zu erstellen und findet häufig auch noch Zeit, mit den Patientinnen und Patienten über belanglose Dinge zu „tratschen“. Für die Patientinnen und Patienten beginnt bereits zu diesem Zeitpunkt die „Behandlung“, auch wenn der Arzt erst später eintrifft.

Termine bei anderen Ärztinnen und Ärzten

Genauso wie im Abschnitt zur Wahlarztordination beschrieben kümmern wir uns in medizinisch dringenden Fällen um entsprechende Folgetermine bei Fachärztinnen und Fachärzten für Radiologie und Neurochirurgie sowie in öffentlichen Krankenhäusern.

Dokumentation – für alle Ärztinnen und Ärzte ein Muss

Ein passendes EDV-System ist das Herzstück der medizinischen Dokumentation. In Ermangelung eines mir brauchbar erscheinenden Produktes habe ich 1997 begonnen, eine Softwarelösung für Wahlärztinnen und Wahlärzte zu entwickeln, die immer noch erhältlich ist (www.wahlarzt.com). Seit 2015 – mit Beginn meiner Tätigkeit als Arzt mit allen Kassenverträgen – bin ich nicht mehr an vorderster Front tätig, sondern im Hintergrund für strategische Planung zuständig.

Wesentlich ist in jeder Software die Möglichkeit, standardisierte Abläufe softwaretechnisch abzubilden und durch Textbausteine und/oder Autokorrektur sowie Befundvorlagen die Dokumentation zu erleichtern.

Nehmen Sie diese Aufgabe bitte unbedingt sorgfältig wahr! Ich kann Ihnen aufgrund meiner jahrzehntelangen Tätigkeit als gerichtlich beeideter Sachverständiger sagen, dass ich die große Bedeutung einer ausführlichen Dokumentation kenne. Im Falle eines von der Patientin bzw. vom Patienten vermuteten Behandlungsfehlers ist eine ausführliche Dokumentation die einzige Möglichkeit, bei Gericht oder im Fall eines Schiedsstellenverfahrens Erfolg zu haben.

Was erwartet Sie im nächsten Teil der Serie?
In der nächsten Folge werde ich mich mit konkreten Details der Dokumentation und den möglichen Inhalten der Befundberichte auseinandersetzen und mich auch mit dem in Ordinationen stiefmütterlich behandelten Thema der Aufklärung auseinandersetzen.