6. Juni 2023Leitfaden zum Weg in die ärztliche Selbstständigkeit - Teil 6

Das A und O: Organisation der Ordination

Wesentlich für den Erfolg jeder Ordination – egal, ob mit oder ohne Kassenvertrag – ist eine gute Organisation sämtlicher Abläufe.

Vektor eines medizinischen Personals, einer Gruppe selbstbewusster Ärzte und Krankenschwestern
Feodora Chiosea/GettyImages

In diesem Beitrag beschäftige ich mich mit der Bedeutung der Ordinationshilfe, teile mit Ihnen Gedanken zum Terminmanagement und zu möglichen Serviceleistungen in der Ordination. Ich gehe dabei einerseits auf meine Erfahrungen aus der Wahlarztordination ein und andererseits auf Bewährtes aus meiner kassenärztlichen Tätigkeit.

Brauche ich eine Ordinationshilfe in der Wahlarztordination?

Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, in der ich zahlreiche persönliche Beratungen durchgeführt habe. Bei der Planung von Wahlarztordinationen war ich häufig mit der Vorstellung konfrontiert: „Ich eröffne die Ordination zuerst einmal ohne Ordinationshilfe und mache mir alles selber, habe ja Zeit. Und wenn alles funktioniert, dann stelle ich jemanden an und kaufe dieses oder jenes Gerät.“ Ich kann Ihnen sagen: Das funktioniert im Regelfall nicht.

Stellen Sie sich vor, Sie betreten eine Ordination und es erwartet Sie niemand. Ein leerer Warteraum ohne Ordinationshilfe. In den Köpfen der Patientinnen und Patienten ist eine Ordinationshilfe Teil der Ordination.

Auch in der kleinsten Wahlarztordination empfehle ich die Anstellung einer Ordinationshilfe. Ihre Aufgabe ist die Erfassung der Stammdaten sowie das Aushändigen und Erklären von Befunden, Rezepten, Zuweisungen und Verordnungen, die in der Ordination ausgestellt werden. Eine weitere Aufgabe ist die Einhebung des Honorars sowie die Erklärung, wie die Honorarnote bei der Krankenkasse eingereicht werden kann. Zusätzlich sollte die Ordinationshilfe auch Folgetermine in der Ordination vergeben.

Es gibt auch Patientinnen und Patienten, die die Ordinationshilfe als wichtigen sozialen Kommunikator nutzen. In der Zeit meiner Tätigkeit in der Wahlarztordination gab es nicht wenige Patientinnen und Patienten, die bewusst 15 Minuten vor ihrem Termin die Ordination aufgesucht haben, um diese Zeit für Gespräche mit meiner Ehefrau (die in der Wahlarztordination angestellt war) zu nutzen. Nach Ende des eigentlichen Termins haben sie weitere 15 Minuten wieder bei meiner Ehefrau zugebracht. Noch heute schwärmen Patientinnen und Patienten von den „alten Zeiten“ in meiner Wahlarztordination und von den „Tratschereien“ mit meiner Frau.

Wenn man nur ein- bis zweimal pro Woche in der Ordination tätig ist, macht es Sinn, die Ordinationshilfe mit einem Mobiltelefon auszustatten, damit sie auch außerhalb der Ordinationszeit die Terminverwaltung erledigen kann.

Ausschließlich bei sehr langen Behandlungszeiten kann es sinnvoll sein, auch ohne Ordinationshilfe sinnvoll auszukommen. Ein Beispiel dafür wäre eine Ordination mit ausschließlich psychotherapeutischen Behandlungen, wo oft nur ein Patient bzw. eine Patientin pro Stunde zur Behandlung eingeteilt ist.

Grundregel: Versuchen Sie im täglichen Ordinationsleben möglichst viele Tätigkeiten an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu delegieren und sich auf die ärztlichen Tätigkeiten zu konzentrieren, die niemand anderer erledigen kann. Diese Regel gilt auch für Ordinationen mit Kassenverträgen.

Ordinationshilfen in der Kassenordination

Die Tätigkeit der Ordinationshilfe in der Ordination mit Kassenverträgen unterscheidet sich zu jener in der Wahlarztordination durch die im Regelfall deutlich höhere Patientenfrequenz und die Notwendigkeit, die e-card zu stecken. Je nach Größe der Ordination werden mehrere Personen benötigt. Bedenken Sie, dass eine einzige Person im Krankheitsfall durch niemanden ersetzt wird. Auch in kleinen Kassenordinationen empfehle ich daher, mindestens zwei Ordinationshilfen für diese Tätigkeit anzustellen.

In unserer Gruppenpraxis sind immer vier bis fünf Mitarbeiterinnen gleichzeitig im Bereich der Patientenanmeldung tätig. Sie übernehmen die persönliche Betreuung der Patientinnen und Patienten sowie auch alle Telefonate.

Wie organisiere ich Termine in der Wahlarztordination?

Aus mehreren österreichweiten Umfragen ist bekannt, dass Patientinnen und Patienten vor allem den Faktor „Zeit“ in der Wahlarztordination schätzen. Die beispielhaft angeführte österreichweite Patientenumfrage zeigt die Gründe, warum Patientinnen und Patienten einen Wahlarzt bzw. eine Wahlärztin anstelle eines Kassenarztes bzw. einer Kassenärztin aufsuchen, deutlich und spiegelt damit die Erwartungshaltung von Patientinnen und Patienten einer Wahlarztordination wider.

Reisner_Grafik_1

Quelle: OGM-Umfrage österreichweit 9/2012 im Auftrag der Ärztekammer für Niederösterreich

Aus diesem Grund gibt es eine klare Empfehlung von mir:

  • Behandlungszeit für Patientinnen und Patienten maximieren
  • Wartezeit in der Ordination minimieren
  • Wartezeit auf einen Termin minimieren
  • Allfällige Akutpatienten und -patientinnen möglichst am Ende der Ordination terminisieren (ausgenommen lebensbedrohliche Zustände)

Wahlarztordinationen werden häufig – vor allem zu Beginn – nur ein- oder zweimal pro Woche geöffnet sein. Meine Empfehlung ist, die „offizielle“ Ordinationszeit zunächst eher kurz anzugeben und in dieser Zeit tatsächlich in der Ordination anwesend zu sein.

In meiner Zeit als Wahlarzt war meine offizielle Ordinationszeit Donnerstag von 16 bis 19 Uhr. Tatsächlich habe ich meist schon um 14 Uhr oder 15 Uhr begonnen und Termine bis 21 Uhr oder 22 Uhr vergeben. Anrufe für Ordinationstermine wurden durch diese Maßnahme auf die Zeit von 16 bis 19 Uhr konzentriert. Zusätzlich war eine Terminvergabe über mein Mobiltelefon jederzeit möglich.

Sollten Sie keine fixe Ordinationszeit haben, empfehle ich unbedingt einen konkreten Hinweis auf dem Ordinationsschild, aus dem hervorgeht, dass eine regelmäßige Ordinationstätigkeit stattfindet.

Zum Beispiel: Telefonische Voranmeldung Montag 17 bis 18 Uhr oder Montag bis Freitag 18 bis 19 Uhr. So ist es möglich, Anrufe zu steuern. Meine persönliche Erfahrung als Wahlarzt hat gezeigt, dass Patientinnen und Patienten die Sorge hatten, mich zu stören, wenn sie am Mobiltelefon angerufen haben. „Lästige“ Patientinnen und Patienten, die spätabends oder am Wochenende angerufen haben, habe ich persönlich nicht erlebt.

Hinweise wie „Ordination jederzeit nach Vereinbarung“ schrecken Patientinnen und Patienten eher ab und führen dazu, dass sie sich nicht um einen Termin bemühen.

Terminsystem für die Kassenordination

Die Empfehlungen für die Wahlarztordination funktionieren in der Ordination mit Kassenverträgen nur teilweise. Der Faktor „Zeit“ wird in der Kassenordination nur sehr gering honoriert. Aus diesem Grund sollte die Behandlungszeit nicht länger dauern als nötig. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, die „gefühlte“ Behandlungszeit des Patienten bzw. der Patientin zu verlängern, indem er bzw. sie bereits von einer Ordinationshilfe in den Behandlungsraum gerufen wird und von dieser bereits die Anamneseerhebung durchgeführt wird.

Jedenfalls empfehle ich auch in der Ordination mit Kassenverträgen dringend ein Terminsystem. Auch in unserer Gruppenpraxis mit allen Kassenverträgen funktioniert die Terminvergabe so, dass Patientinnen und Patienten im Regelfall pünktlich zu ihrem Termin aufgerufen werden. Allfällige Verzögerungen gehen nicht über 10 bis 15 Minuten hinaus. Weisen Sie Patientinnen und Patienten darauf hin, dass ein pünktliches Erscheinen Voraussetzung für ein funktionierendes Terminsystem ist.

Was erwartet Sie im nächsten Teil der Serie?

Über mögliche Serviceleistungen in der Wahlarzt- und Kassenordination sowie über das extrem wichtige Thema der Aufklärung und Dokumentation in der Ordination lesen Sie im nächsten Beitrag.