„Die Finanzierung der Lehrpraxen ist gesichert“

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GESUNDHEITSPOLITISCHES FORUM – Die neue Ministerin schürt bei Vertretern diverser Gesundheitsberufe die Hoffnung auf Reformen. (Medical Tribune 05/18) 

„Zu Jahresbeginn regiert das Prinzip Hoffnung“. So hatte die Medical Tribune erst kürzlich getitelt. Es ging dabei um einen Jahresausblick verschiedener Stakeholder des Gesundheitssystems. Hauptaussage: Er herrscht durchaus Zuversicht, wenngleich noch nicht alle dem neuen Frieden trauen. Diesen Eindruck bestätigte eine Podiumsdiskussion im Rahmen des Gesundheitspolitischen Forums in Wien. Im Mittelpunkt stand eine Person: die neue Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein. Diese schlug versöhnliche Töne an und machte auch einige Versprechen. „Es geht nicht nebeneinander und schon gar nicht gegeneinander, es geht nur miteinander“, zitierte die Ministerin Prof. Dr. Erwin Ringel und versprach in diesem Sinne, mit allen Interessensgruppen zu sprechen. „Alle Systempartner werden eingeladen. Der Patient braucht alle.“ Und der Patient gehöre generell in der Vordergrund, so ihr Motto.

Beate Hartinger-Klein Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz
Beate Hartinger-Klein
Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

Das nahmen prominente Vertreter verschiedener Interessensgruppen mit Wohlwollen auf. Sie beklagten sich, in der Vergangenheit zu wenig Gehör gefunden zu haben und etwa in die Entwicklung des PHC-Gesetzes mitunter gar nicht miteinbezogen worden zu sein. Aber: „Ohne eine angeschlossene Apotheke ist ein PHC nicht vollwertig“, sagt die Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr. Das PHC in Enns sei indes beispielhaft. Laut Mursch-Edlmayr kommt den Apothekern eine wichtige Aufgabe im System zu: „Wir haben fast 400.000 Kundenkontakte täglich, können Gesundheitsfragen niederschwellig beantworten und Patienten gegebenenfalls an die medizinische Versorgung weiterleiten.“ Gabriele Jaksch, Präsidentin des Dachverbands der gehobenen medizinisch-technischen Dienste Österreichs, meint, dass gerade in der Primärversorgung verschiedene Berufe auf Augenhöhe agieren sollten. Auch Ursula Frohner vom Gesundheits- und Krankenpflegeverband betont die Bedeutung ihrer Zunft und hofft, in den Adaptierungsprozess des PHC-Gesetzes künftig eingebunden zu werden. Und sie fordert eine Adaption des Berufsgesetzes sowie Verordnungskompetenz der Pflege für Medizinprodukte.

Ursula Frohner Präsidentin des Österreichischen Gesundheitsund Krankenpflegeverbandes
Ursula Frohner
Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes

„Das würde Bürokratie abbauen und Ärzte entlasten.“ Ob deren Standesvertreter das so einfach hinnehmen würden, ist fraglich. Ärztekammer-Präsident Dr. Thomas Szekeres beharrt auf der zentralen Rolle des Arztes. Er sorgt sich um die Zukunft der Hausärzte und fordert eine Angleichung der Honorare an das Niveau von Fachärzten. „Mit zwei Jahren mehr Ausbildung verdient man später als Facharzt das Doppelte – kein Wunder, dass wir einen Mangel an Hausärzten haben.“ Auch Lehrpraxen seien enorm wichtig, deren Finanzierung müsse endlich geregelt werden. Hier wird die Ministerin überraschend deutlich und verspricht: „Die Finanzierung der Lehrpraxen ist gesichert! Wir werden das demnächst präsentieren.“ Kein gutes Haar lässt Szekeres am bestehenden Primärversorgungsmodell: „Laien im Parlament haben sich ein Modell ausgedacht, das in der Praxis nicht funktioniert.“ Hartinger-Klein stellt auch hier Besserungen in Aussicht, etwa die Möglichkeit der Anstellung von Ärzten durch Ärzte. Und sie sagt: „Wir werden den Leistungskatalog auf neue Beine stellen, der ist nicht mehr zeitgemäß.“

Das gelte auch für die Honorarverordnung in den anderen Bereichen. Wiewohl: „Alle Gesundheitsberufe wollen Verträge mit der Sozialversicherung, da bräuchten wir einen Lottogewinn“, sagt sie und meint, man müsse sich „das alles im Detail anschauen“. Ein besonderes Anliegen der Ministerin ist die Prävention und in dem Zusammenhang die Erweiterung des Mutter-Kind-Passes zu einem Jugendpass für Menschen bis 18. „Wenn ich als Ministerin dafür in Erinnerung bleibe, dann würde mich das freuen.“ Bei einem Leser löst das derweil ein Déjà-vu aus (siehe unten). Laut Hartinger-Klein müsse Prävention schon im Kindesalter anerzogen werden. Sie kann sich in dem Zusammenhang vorstellen, etwa eine Mundhygiene als Kassenleistung zu definieren.

– REAKTION

Erinnern Sie sich? Gesundheitspass für Jugendliche (und Senioren)
Bezugnehmend auf die Meldungen, dass unsere neue Gesundheits- und Sozialministerin plant, jetzt eine Mutter-Kind-Pass-Untersuchung bis zum 18. Lebensjahr einzuführen, möchte ich Folgendes anmerken: Das führte zu einem Déjà-vu-Erlebnis der üblichen Art: Ich habe hier noch einen der Jugend-Gesundheitspässe, die einstens Frau Minister Rauch-Kallat drucken und verteilen ließ. Meiner Erinnerung nach waren es so an die 400.000 Stück, jedenfalls zigtausende. Zusätzlich gab es ebenso viele Gesundheitspässe für Senioren. Ich muss ihnen leider mitteilen, dass in meiner doch gut frequentierten Hausarztpraxis von Ersteren nie einer und von Zweiteren gerade zwei von einem befreundeten Ehepaar je auftauchten. Auch eine bekannte Schulärztin sah davon kaum welche (weniger als 100). Übrigens gab es dafür auch kein Honorar. Lasst uns also gemeinsam die Tribüne besteigen, um das nächste am grünen Tisch geplante Debakel zu beobachten.

Herzlichst, Ihr Dr. Michael Wendler

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune