Neue Pflegeausbildung auf der Zielgeraden
Noch ist unsicher, ob die GuKG-Novelle vor dem Sommer beschlossen wird. Ein aktueller Entwurf, der u.a. die Kompetenzen der Pflegeberufe neu definiert, liegt im Gesundheitsministerium fix und fertig vor.
Die Novellierung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes 2016, die eigentlich für Ende des Vorjahrs angekündigt war, befindet sich laut Gesundheitsministerium nunmehr auf der Zielgeraden. Derzeit schwebe zwar noch der Einspruch von zwei Bundesländern aus vorwiegend finanzpolitischen Gründen wie ein Damoklesschwert über dem Projekt der Umsetzung. Auch inhaltlich hätten sich – aufgrund der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens – viele Fragen und Diskussionen ergeben. „Es liegt jetzt aber ein fix und fertiger Entwurf vor, der mit den Ländern und den Interessenvertretungen ausverhandelt wurde und der nunmehr beschlossen werden könnte“, erklärte Dr. Meinhild Hausreither, Leiterin der Abteilung Allgemeine Gesundheitsrechtsangelegenheiten und Gesundheitsberufe im Gesundheitsministerium, bei der „Jahrestagung Pflege“ der Akademie für Recht, Steuern und Wirtschaft Ende April in Wien.
Der Entwurf sieht eine vollständige Überführung der Ausbildung für den gehobenen Dienst von den derzeitigen Gesundheits- und Krankenpflege-Schulen (Sekundarbereich) an die Fachhochschulen vor. Diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger absolvieren demnach künftig ein dreijähriges generalistisches Bachelorstudium (BScN). Eine etwaige Spezialisierung soll daran anschließend erfolgen können. Die derzeitige Pflegehilfe wird von der Pflegeassistenz abgelöst. Administrative, logistische und hauswirtschaftliche Tätigkeiten sollen dann nicht mehr zum Berufsbild dieses Gesundheitsberufs gehören. Darüber hinaus beinhaltet das dreistufige Modell eine Pflegefachassistenz mit zweijähriger Ausbildung, die mehr Befugnisse hat, auch ohne Aufsicht arbeiten darf und den gehobenen Dienst entlasten soll.
Neu definierte Kompetenzbereiche
„Die Möglichkeit der Ausbildung des Gehobenen Dienstes mit Bachelor wurde ja bereits 2007/2008 geschaffen“, gab Hausreither zu bedenken. Nur bisher habe es eben zwei Ausbildungswege mit demselben Ziel gegeben: der Berufsberechtigung. „Es ist aus berufsrechtlicher Sicht irrelevant, welchen Ausbildungsweg man geht oder gegangen ist“, war der Juristin wichtig hervorzuheben. Diplomierte Pflegekräfte hätten die gleichen Rechte und Pflichten im Rahmen ihrer Berufsausübung wie Absolventen der Fachhochschulen. Von der berufsrechtlichen sei allerdings die hochschulrechtliche Gleichstellung zu unterscheiden. Unter welcher Voraussetzung auch diplomierte Pflegekräfte ohne Bachelor weiterstudieren können, falle in die Autonomie der Hochschulen. Auch auf die besoldungsrechtliche Gleichstellung habe der Bund keinen Einfluss.
Die vorgesehenen Tätigkeiten für die drei Pflegeberufe sind im Entwurf der GuKG-Novelle als klare Kompetenzbereiche definiert. Ein Beispiel für einen neuen, geplanten Kompetenzbereich der Pflegefachassistenz (aber nicht der Pflegehilfe!) ist das Durchführen von EKGs. Dem Gehobenen Dienst soll etwa die Weiterverordnung von Medizinprodukten ermöglicht werden. Wobei Hausreither bewusst ist, dass sich insbesondere Vertreter der Pflege teilweise mehr Kompetenzen gewünscht hätten, als der aktuelle Entwurf vorsieht.
Dass in Zukunft die eine oder andere diplomierte Kraft im Krankenhaus durch eine Pflegefachassistenz abgelöst werden könnte, ist für Hausreither denkbar. Dass in einem Krankenhaus z.B. zu 100 Prozent diplomierte Kräfte arbeiten, sei weder notwendig noch zielführend. Zum Streitpunkt der Finanzierung meinte die Juristin deshalb: „Ich bin überzeugt, dass das neue dreistufige Modell für die Länder einen ökonomischeren Einsatz der Ressourcen ermöglichen wird.“ Die Gestaltungsoption liege bei den Ländern bzw. den Trägern selbst. Hausreither hofft auf eine Beschlussfassung der Reform im Ministerrat noch vor dem Sommer, damit die neuen Ausbildungslehrgänge so bald wie möglich starten können. Allfällige geringfügige Änderungen seien auch noch im parlamentarische Prozess möglich, betonte sie.
Zurückhaltung von Pflege und Ärzten
Sehr zurückhaltend steht der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband der Novelle des GuKG in der derzeitigen Form des Entwurfes gegenüber. „Die geforderte Verordnungsermächtigung für den gehobenen Dienst für Pflegeprodukte und pflegerelevante Heil- und Hilfsmittel sowie die Weiterverordnung von Medikamenten unter bestimmten Voraussetzungen ist nicht bzw. nicht in der nötigen Klarheit im Entwurf enthalten“, so Dr. Sanem Keser-Halper, verantwortlich für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, auf Anfrage der MT. Gerade für die Vereinfachung der Versorgung pflegebedürftiger Menschen durch die Hauskrankenpflege fordere der Berufsverband diese notwendige Kompetenzerweiterung für die Pflege weiterhin vehement ein.
Dr. Harald Mayer, Vizepräsident der ÖÄK und Kurienobmann der Spitalsärzte, hätte sich eine Bedarfserhebung gewünscht, die aufzeigt, wie akademisierte Pflegekräfte überhaupt eingesetzt werden können. „Die geplante dreistufige Pflegeausbildung ist schwierig, da einerseits die Tätigkeitsbereiche stark zersplittert werden“, argumentiert er. „Andererseits steht die Ärzteschaft vor der Frage, was an wen delegiert werden kann bzw. delegiert werden darf.“ Mayer sieht auch die Gefahr, dass durch die Akademisierung Lücken in den einzelnen Qualifikationsniveaus entstehen. Diese wiederum würden den Ruf nach weiteren neuen Berufsgruppen wie operationstechnischen Assistenten (OTAs) laut werden lassen. „Nicht zuletzt muss man bedenken, dass auch die Pflege unter Personalmangel leidet“, so der Ärztevertreter. Er bezweifle, dass eine Akademisierung den Mangel langfristig beheben wird können.
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https://medonline.at/2016/laender-wollen-zusatzmilliarde-2/
Bereits Ende Jänner wurden im Rahmen des „1. EU-Berufsanerkennungsgesetzes Gesundheitsberufe“ Anpassungen vorgenommen, die mit der Reform der Ausbildung der Pflegeberufe nur peripher zu tun haben. Gesetzlich abgesichert wurde etwa die Möglichkeit von Studierenden der Medizin, ein Pflegepraktikum an österreichischen Krankenanstalten zu absolvieren. Insbesondere für an einer deutschen Universität studierende Medizinstudenten aus Österreich ist diese Möglichkeit von Bedeutung, da das Curriculum in Deutschland im Unterschied zum österreichischen ein Pflegepraktikum vorsieht.
Die Medizinstudierenden können nun etwa während eines längeren Aufenthalts in der Heimat – z.B. in der vorlesungsfreien Zeit im Sommer – ihr Praktikum auch in Österreich absolvieren. Voraussetzung ist, dass sie zuvor eine pflegerische Basisqualifikation erworben haben. Ebenfalls interessant: Die Novelle der Berufsanerkennungsrichtlinie ermöglicht eine partielle Berufsanerkennung. Ein Beispiel für die Gesundheits- und Krankenpflege ist der Beruf des operationstechnischen Assistenten (OTA). Diesen Beruf gibt es in Österreich nicht, jedoch in Deutschland und in der Schweiz. OTAs könnten nunmehr eine partielle Anerkennung in der Spezialaufgabe Pflege im Operationsbereich beantragen. Ob eine Anerkennung möglich ist, muss in jedem Einzelfall geprüft werden.