ÖÄK: „Impfen ist Kernaufgabe der Ärztinnen und Ärzte“
Nachdem es zuletzt Diskussionen darüber gab, ob Österreich genügend Impfstoffe gegen die neue SARS-CoV-2-Variante XBB.1.5 hat und wo diese verimpft werden soll, beschwichtigt die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) nun. Die öffentliche Diskussion über Probleme bei den Lieferungen und Wartezeiten bei Covid-19-Impfungen verunsichere Patientinnen und Patienten nur.
Impfen ist Sache der Ärztinnen und Ärzte
Dr. Edgar Wutscher, Vizepräsident der ÖÄK und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, zeigt sich überzeugt, dass es ausreichend Impfdosen gibt. Impfen ist eine wichtige Säule der Präventionsmedizin. Er betonte in einem Pressegespräch am 2.10., dass es zu den Kernaufgaben von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten gehöre, die Patientinnen und Patienten bestmöglich vor Erkrankungen zu schützen.
Unglücklich ist er allerdings über den Informationsfluss aus dem Gesundheitsministerium in Richtung der Ärztekammer. So sei man im September „über das Radio“ darüber informiert worden, dass der neue Impfstoff angekommen ist. Die Aussagen von BM Johannes Rauch, dass künftig auch Apothekerinnen und Apotheker impfen sollen, wenn die Terminvergabe im niedergelassenen Bereich sich nicht verbessere, weist er zurück.
„Impfen ist mehr als ein Stich“, bringt es auch ÖÄK-Präsident Dr. Johannes Steinhart auf den Punkt. „Man muss informieren, aufklären, man muss Impfstatus beachten, auf Allergien aufpassen und die Impftauglichkeit überprüfen. Das sehe ich nicht als Aufgabe der Apothekerinnen und Apotheker.“ Einen Vergleich mit anderen Ländern wie Finnland, wo in Apotheken geimpft wird, hält er für unangebracht. „In Finnland ist der nächste Arzt teilweise mehrere 100 Kilometer entfernt. Dass man da andere Konzepte braucht, ist klar. Und auch, dass in anderen Staaten Apothekerinnen und Apotheker impfen, heißt noch lange nicht, dass das gut laufende System in Österreich ausgedünnt werden muss“, so Steinhart.
Ärztinnen und Ärzte bereit zum Impfen
Die Ärztinnen und Ärzte seien bereit zu impfen. In jedem Bundesland gibt es Listen, wo die Patientinnen und Patienten sich informieren können, wer impft.
Allerdings räumt Wutscher ein, dass es zu Wartezeiten kommen könne. „Wenn ich Impfstoff bestelle, dauert es zuerst ein paar Tage, bis er in meiner Ordination ist. Und da es nach wie vor keine Einzeldosen, sondern nur die Vials mit je 6 Dosen gibt, müssen wir Ärztinnen und Ärzte durch Terminvergaben sicherstellen, dass wir diese Dosen auch verimpfen können. Wenn wir spontan impfen würden, müssten wir im schlimmsten Fall viel Impfstoff einfach entsorgen“, so Wutscher. „In der Pandemiezeit haben doch auch Ärztinnen und Ärzte versucht, dieses Problem in den Griff zu kriegen, und jetzt sind wir plötzlich die Faulen? Das kann ich so nicht auf mir sitzen lassen“, zeigt sich der Ärztekammerfunktionär enttäuscht.
Auch MR Dr. Rudolf Schmitzberger, Leiter des Referats für Impfangelegenheiten der ÖÄK, kritisiert den Gesundheitsminister in dieser Sache: „Der Herbst ist Beginn der Infektionszeit. Wir haben heuer ein großartiges Portfolio von Impfungen, aber offensichtlich ist der Gesundheitsminister heillos überfordert, das der Bevölkerung auch mitzuteilen.“
Welche Impfungen stehen im Herbst an?
Schmitzberger glaubt, dass es in Sachen Covid keinen Grund zur Panik gebe. Einerseits, weil der neue Impfstoff an die vorherrschende Variante angepasst ist. Andererseits, weil bereits rund 95% der Bevölkerung Kontakt zum Virus hatten. Daher reiche eine einmalige Boosterimpfung. Nichtsdestotrotz mahnt er: „Respekt ist angebracht! Wichtig ist es, besonders der Bevölkerungsgruppe 60+ und der sehr breit gefassten Risikogruppe zur Impfung zu raten.“ Er ruft in Erinnerung, dass Menschen mit relevanter Hypertonie oder Adipositas sowie Schwangere genauso zu dieser Gruppe zählen, wie „der junge 30-jährige Arzt im Spital, der täglich Kontakt mit Erkrankten hat. Die große Herausforderung der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte ist es, jetzt aufzuklären.“ Dass es keinen einheitlichen Bestellprozess in allen Bundesländern gibt, bekrittelt der Impfexperte: „Der Föderalismus ist der Feind des Impfwesens.“
In Sachen Influenza-Impfstoff lobt Schmitzberger die Gesundheitskassa, die gemeinsam mit der Ärztekammer die Impfaktion diesen Herbst abwickelt. „Bei der Influenza-Impfung unterstützt uns auch das Ministerium mit Sujets und einer guten Kampagne. Das sollte man halt auch bei anderen impfpräventablen Erkrankungen machen, anstatt auf die hinzuhauen, die impfen“, so Schmitzberger. Lobende Worte für das Gesundheitsministerium findet er für die Ausweitung des Impfstoffangebots gegen Pneumokokken.
Letztendlich ruft er auch dazu auf, an die Impfung gegen das respiratorische Synzytial-Virus (RSV) zu denken. „Auch in den Köpfen vieler Ärztinnen und Ärzte ist eine RSV-Infektion als Erkrankung von Säuglingen und Kleinkindern verankert. Dabei ist auch die Generation 60+ gefährdet!“, erinnert Schmitzberger. Die heuer zur Verfügung stehende Impfung sei zwar teuer, aber auch wirksam und daher zu empfehlen.
Pressegespräch der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), 2.10.2023