1450 auch in Oberösterreich gestartet
Seit 18. März 2019 sollen auch die Oberösterreicher die telefonische Gesundheitsberatung 1450 wählen – trotz eher ernüchternder Bilanz in drei Pilotbundesländern. Der Spitalsärzte-Chef hofft auf den Hausverstand der Anrufer. (Medical Tribune 13/19)
Während die Steirer mit großem Trommelwirbel den Start der neuen Hotline 1450 für 1. April 2019 angekündigt hatten, schritten die Oberösterreicher bereits zu Werke – ganz leise. Am 18. März ging’s los. Wenn mitten in der Nacht ein Zahn pocht, am Sonntag der Bauch krampft oder am Nachmittag ein Insektenstich anschwillt, hilft die Hotline weiter, priesen hochrangige Vertreter des Landes, der OÖGKK sowie des Rotes Kreuzes (RK) „die neue Säule“ im Gesundheitssystem an. Die Ärztekammer war nicht dabei. Das habe nichts zu bedeuten, versichert Oberösterreichs Ärzte-Chef Dr. Peter Niedermoser.
Er finde die Hotline „sehr positiv“, da die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung verloren gegangen sei. Die telefonische Gesundheitsberatung durch DGKP, so seine Hoffnung, werde Ambulanzen entlasten. Die Angst seines Steirer Amtskollegen Dr. Herwig Lindner, es könne zu gewissen Zeiten erst recht zu einer verstärkten Ambulanz- Beanspruchung kommen, teile er nicht. Denn in Oberösterreich gebe es seit Jahren „flächendeckend“ den Hausärztlichen Notdienst (HÄND, 141). Die Evaluierung der Pilotphase – die Hotline 1450 wurde von April 2017 bis Ende 2018 in Wien, Niederösterreich und Vorarlberg getestet – stimmt zumindest die Betreiber zuversichtlich.
124.000 Anrufe gingen in diesem Zeitraum ein, in 92.000 Fällen wurden Beratungsgespräche geführt (der Rest waren Auskünfte zu Öffnungszeiten). Die häufigsten Symptome waren Erbrechen, abdominale Schmerzen, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen sowie Brustschmerz. Erfreulich laut Hauptverband: Ein Vergleich der durchgeführten Beratung mit den tatsächlichen Arztkontakten zeige eine hohe Bereitschaft, die Empfehlung einzuhalten. In Wien hielten sich 70 Prozent der Anrufer tatsächlich an die vorgeschlagene Versorgungsstufe, wie der Betreiber Fonds Soziales Wien berichtet.
Die Schwachstelle
Der am häufigsten empfohlene Versorgungsort war der niedergelassene Bereich: Zwei Drittel der Anrufer waren ein Fall für den Haus- oder Facharzt bzw. konnten in der Nacht oder am Wochenende vom Ärztefunkdienst (ÄFD) versorgt werden. Genau hier liegt freilich eine Schwachstelle im System. Denn weder der ÄFD in Wien noch der HÄND in Oberösterreich ist weisungsgebunden. Das heißt, der Patient muss dem Visitenarzt seine Symptome ein zweites Mal schildern und nur dieser entscheidet, ob er kommt oder nicht. Das wird in der Steiermark anders sein.
Wenn die Hotline (bzw. ein Arzt der RK-Zentrale) eine Visite für nötig hält, dann müsse der regionale Visitenarzt ausrücken, bestätigt die Ärztekammer Steiermark, damit brauche der steirische Patient nicht noch einmal alles erzählen. Ist kein Arzt da, übernimmt das Rote Kreuz. Es sind aber auch genug Ressourcen im Bereitschaftsdienst nötig, sonst bekommen die Patienten erst recht wieder den Schwarzen Peter zugeschoben, weil sie die Ambulanz aufsuchen müssen. In Oberösterreich kommt ein HÄND-Arzt mancherorts auf mehr als 60.000 Einwohner bzw. rund 1.200 km2. Die Euphorie der Ärztekammer für die Hotline hält sich insgesamt in Grenzen: „Natürlich wäre es uns lieber gewesen, wenn Ärzte am Telefon sitzen“, sagt ÖÄK-Präsident Dr. Thomas Szekeres: Man werde sich genau ansehen, wie sich diese „Kompromisslösung“ etwa in der Steiermark entwickelt.
Die Erfahrungen aus Wien würden zur Skepsis mahnen: „Die Zahl der Anrufer liegt unter den Erwartungen und das Projekt zeigt sich derzeit nicht gut aufgesetzt. Wir hoffen, dass die geplante Ausschreibung bald stattfindet – dann wird sich der Ärztefunkdienst ebenfalls bewerben.“ Die absoluten Zahlen sind in der Tat ernüchternd: So wurden in der Testphase in Wien nur etwa 3.500 Anrufe pro Monat verzeichnet. Dr. Harald Mayer gelobt, dem neuen Projekt offen gegenüberzutreten, erlaubt sich aber „eine gewisse Grundskepsis“. Der ÖÄK-Vizepräsident und Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte hofft, dass „es die Mitarbeiter an den Telefonen schaffen, den Hausverstand der Anrufer zu mobilisieren und so eine Entlastung der Ambulanzen zu erreichen“. Er fügt aber auch hinzu, die Zahlen genau beobachten zu wollen. Denn eines sei klar: „Unsere schon jetzt überfüllten Ambulanzen werden zusätzliche Frequenzerhöhungen nicht stemmen können.“
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