12. Feb. 2024Neue GOLD-Klassifikation

COPD aus hausärztlicher Sicht

Durch die neue GOLD-Klassifikation wird es Hausärztinnen und Hausärzten einfacher gemacht, die Therapie ihrer COPD-Patienten und -Patientinnen selbst in die Hand zu nehmen und zu optimieren. Wichtig ist, bei Bedarf eine frühzeitige Intensivierung der Therapie vorzunehmen.

„Gefühlt jede zweite Patientin und jeder zweite Patient kommt im Winter mit Husten in die Ordination“, sagt Dr. Sabrina Gries. „Wir als Hausärztinnen und Hausärzte haben den Vorteil, dass wir unsere Patientinnen und Patienten kennen und wissen, ob eine chronische Erkrankung vorliegt oder nicht“, so die Allgemeinmedizinerin von der Landarztpraxis Mureck, die den Status eines Primärversorgungszentrums hat. „Das erleichtert uns natürlich die Therapie.“

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Privat

Dr. Sabrina Gries, Landarztpraxis Mureck

Wichtige Fragen, die es bei der Diagnose COPD zunächst zu klären gilt, sind: raucht die betroffene Person? Hat sie sonstige Risikofaktoren, die eine chronische Lungenerkrankung begünstigen? Wie ist der Husten? Und handelt es sich um eine Exazerbation?

Hilfreich sind oftmals das Labor (Blutbild, Diff. BB, um Eosinophile zu bestimmen, CRP) und – wenn vorhanden – eine Spirometrie. Auch die Pulsoxymetrie ist ein nützliches Tool, das einen wichtigen Anhaltspunkt für das Befinden der Patientin bzw. des Patienten liefert.

Neue GOLD-Klassifikation: "E" steht für Exazerbation

Dass die Therapie der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung einfacher geworden ist, verdankt die Allgemeinmedizin der „Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease“ (GOLD). Sie hat 2023 eine neue Definition der COPD herausgegeben, die die Symptome der COPD (Dyspnoe, Husten, Auswurf und/oder Exazerbation) in den Vordergrund stellt.

Auch die GOLD-Klassifikation hat sich im Laufe der Jahre verändert. Zunächst wurden die Stadien ausschließlich nach dem Schweregrad der Obstruktion (I–IV) bestimmt. „Das hatte den Nachteil, dass jede Patientin und jeder Patient zu Lungenfachärztinnen/Lungenfachärzten musste, um den Grad der Obstruktion mittels Bodyplethysmographie zu bestimmen“, gab Gries zu bedenken. Im weiteren Verlauf rückten auch bei der Klassifikation die Symptome und das Risiko für Exazerbationen zunehmend in den Fokus (A–D), wobei A und B mit einem geringen, C und D mit einem hohen Exazerbationsrisiko verbunden waren. 2023 fasste man die Gruppen C und D unter dem neuen Label „E“ für Exazerbationen zusammen (2 oder mehr Exazerbationen bzw. eine schwere Exazerbation in den letzten 12 Monaten). Diese Patientinnen und Patienten haben eine wesentlich schlechtere Prognose und brauchen eine intensivierte Therapie.

„Um die Patientinnen und Patienten einzuordnen und ihnen zu helfen, brauchen wir Hausärztinnen und Hausärzte also nicht mehr zwingend Fachärztinnen oder Fachärzte“, so Gries. Natürlich sei es trotzdem wichtig, mit den Fachärztinnen und Fachärzten gemeinsam zu arbeiten, aber: „Wir können als Hausärztinnen und Hausärzte zumindest schon einmal sagen, in welche Richtung es geht und wie der Patient oder die Patientin sinnvoll weiterbehandelt werden kann.“

CAT hilft bei der Therapie-Auswahl

Die Therapie richtet sich in erster Linie nach den Symptomen, die immer eine Reaktion auf die pathophysiologischen Vorgänge in der Lunge sind (verengte Bronchien, vermehrte Schleimproduktion). Mit dem CAT-Score (COPD Assessment Test) kann man sich leicht ein Bild davon machen. Dabei wird neben den spezifischen Symptomen wie Husten, Verschleimung und Dyspnoe auch das allgemeine Befinden abgefragt (psychisches Befinden, Schlaf, Energie, Einschränkung der alltäglichen Tätigkeiten). Je höher die Punktezahl, desto ausgeprägter die COPD-Symptome, je niedriger die Punktezahl, desto geringer die Alltagsbeeinträchtigung.

Die Therapie wird anhand des CAT-Scores und danach, ob der/die Betroffene häufig exazerbiert oder nicht, gewählt. Bei einem CAT-Score <10 gehören die Patientinnen und Patienten der Gruppe A an. Sie bekommen einen langwirksamen Beta-2-Agonisten (LABA) oder ein langwirksames Anticholinergikum (LAMA). Patientinnen und Patienten mit einem CAT-Score ≥10 gehören der Gruppe B an und werden mit LABA und LAMA behandelt. Gruppe E sind jene, die häufig oder schwer exazerbieren. Sie brauchen zusätzlich zur Bronchodilatation ein inhalatives Kortikosteroid (ICS). Speziell jene mit Eosinophilenzahlen ≥300/µl profitieren davon, zusätzlich zur Kombination aus LABA und LAMA ein ICS zu bekommen. Bei allen anderen reicht die Gabe von LABA plus ICS.

Weitere Medikamente, die (bei Bedarf) zur Anwendung kommen, sind entzündungshemmende (Roflumilast) und schleimlösende (N-Acetylcysteine, Carbocysteine und Erdosteine) Mittel sowie Langzeit-Makrolide. Impfungen und allgemeine Schutzmaßnahmen (Maske tragen, Händehygiene, soziale Kontakte minimieren) gehören genauso zum Maßnahmenpaket bei COPD wie die Raucherentwöhnung und die Rehabilitation.

Bei Bedarf Fachärztin/Facharzt oder Klinik beiziehen

Was kann nun die Allgemeinmedizin konkret für ihre COPD-Patienten und -Patientinnen tun? „Viel“, wie Gries aus eigener Erfahrung weiß: Sie kann Symptome bzw. Exazerbationen erkennen, frühzeitig eine notwendige Therapieanpassung vornehmen (ICS, Antibiotika) und bei akuter Atemnot Notfallmaßnahmen einleiten. „Letztendlich geht es natürlich auch darum, als Hausärztin und Hausarzt zu erkennen, wann die Patientinnen und Patienten Unterstützung von Fachärztinnen und -ärzten bzw. der Klinik benötigt!“

Quelle: "COPD-Therapie - Luft nach oben?", Vortrag am 53. Kongress für Allgemeinmedizin der STAFAM, Graz, 25.11.2023

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune