23. Apr. 2024Virale Pneumonien

Seltene Erreger: von CMV-Infektion bis H5N1

Hantaviren der neuen Welt, Nipah-Virus, H5N1 und weitere Vogelgrippeviren: In sehr seltenen Fällen verursachen diese Erreger auch bei immunkompetenten Menschen eine Lungenentzündung. Verdachtsmomente liefern Reiseanamnese und virustypische Krankheitsverläufe.

Flughund hängt kopfüber und bedeckt sein Gesicht mit seinen Flügeln
rockket/AdobeStock

Virale Pneumonien bei Erwachsenen werden hierzulande meist durch Influenza- oder RS-Viren verursacht. Für Immunsupprimierte sind allerdings noch viele andere Viren relevant (s. Kasten). Dr. Michael Knappik von der Klinik Penzing in Wien erwähnte explizit das Zytomegalievirus. Eine Pneumonie durch diesen Erreger bedroht vor allem Patienten nach Organ- oder hämatologischer Stammzelltransplantation sowie HIV-Patienten mit sehr niedrigen CD4-Zellzahlen (<50/μl). In der CT zeigen sich dann häufig bilaterale, teilweise nicht-symmetrische Infiltrate und Milchglastrübungen. Diagnostischer Goldstandard ist zwar die Histopathologie mit Nachweis von Einschlusskörpern. Da sich die Betroffenen jedoch häufig in einem kritischen Zustand befinden, wird man sich mit invasiver Diagnostik, die auch ein Blutungsrisiko birgt, eher zurückhalten. Alternativ kommt die Bestimmung der quantitativen PCR aus dem Serum und der bronchoalveolären Lavageflüssigkeit in Betracht.

Bei hoher Viruslast und entsprechendem klinischem Bild erfolgt die Therapie beim instabilen Patienten initial mit Ganciclovir 5mg/kgKG i.v. alle 12 Stunden. In der Folge kann man auf das orale Valganciclovir (900mg alle 12 Stunden) umstellen. Behandelt wird mindestens 3 Wochen lang bzw. bis keine Virämie mehr nachweisbar ist.

Seltene Pneumonie-Erreger

Bei Immunsupprimierten können die folgenden Viren eine Pneumonie auslösen. Für immunkompetente Erwachsene hat eine Infektion mit diesen Erregern dagegen in der Regel eine Erkältung oder die Exazerbation eines Asthmas bzw. einer COPD zur Folge.

  • Zytomegalievirus
  • Herpes-simplex-Virus
  • Varizella-Zoster-Virus
  • Epstein-Barr-Virus
  • Bocavirus
  • Parainfluenzavirus
  • Rhinovirus
  • Adenovirus
  • Metapneumovirus

Maribavir bei Versagen der Standardmedikation

Stellt sich die CMV-Infektion als therapierefraktär heraus, bietet sich die Behandlung mit Maribavir an. Sie kann die Clearance-Rate deutlich steigern und für eine bessere Symptomkontrolle sorgen. (Zugelassen ist Maribavir zur Behandlung einer therapierefraktären CMV-Infektion bei erwachsenen Transplantationspatientinnen und -patienten, Anm. d. Red.)

Auch bei Patientinnen und Patienten mit Reiseanamnese, die eine Lungenentzündung entwickeln, muss man ggf. an seltene Erreger denken. So kann eine Infektion mit einem der 15 Hantaviren der Neuen Welt das hantavirusinduzierte pulmonale Syndrom (HPS) bzw. das hantavirusinduzierte kardiopulmonale Syndrom verursachen. In den USA werden jedes Jahr ca. 30 Fälle bekannt. Der Mensch steckt sich über Aerosole (Kot, Urin, Kadaver von Nagetieren) und Tierbisse an. Die Inkubationszeit beträgt im Mittel 14 Tage. Die Diagnose erfolgt via PCR/ELISA.

Die frühe Symptomatik des HPS ist mit Fieber, Myalgien und gastrointestinalen Symptomen eher unspezifisch. Später kommt es zu Husten, bilateralen Infiltranten, Lungenödem bis hin zum ARDS. Im Labor zeigen sich eine Leukozytose, eine Thrombozytopenie und ein erhöhtes Hämoglobin. Eine spezifische Therapie gibt es nicht. Die Mortalität liegt trotz frühzeitiger ECMO bei etwa 40%.

Das Nipah-Virus hat sein Reservoir in Flughunden. Sie ernähren sich u.a. von Früchten und können diese über Blut, Urin und Speichel kontaminieren. Menschen stecken sich durch den Verzehr dieser Früchte oder verunreinigter Produkte (z.B. Dattelpalmensaft), aber auch über Aerosole an. Möglich ist die Infektion zudem über Schweine, die kontaminierte Früchte gefressen haben und den sogenannten Brüllhusten entwickeln. In seltenen Fällen kommt es zur Mensch-zu-Mensch-Übertragung. Pro Jahr werden ca. 200 Nipah-Infektionen bekannt, vor allem in Indien und Bangladesch. In Malaysia kam es 1998/99 zu einem Ausbruch.

Das Nipah-Virus verursacht zunächst Fieber und Kopfschmerzen, dann kommt es zu respiratorischen und nach 314 Tagen zu enzephalitischen Symptomen, d.h. zu Schwindel, Krampfanfällen und sogar Koma. Bis zu 70 % der Betroffenen sterben. Eine etablierte Therapie gibt es nicht. In vitro und im Tierversuch hat Remdesivir eine gewisse Aktivität gezeigt.

Das Middle Eastern Respiratory Syndrom, ausgelöst durch das MERS-CoV, war im letzten Jahrzehnt ein großes Thema. Mittlerweile kommt es kaum noch vor. Weltweit gab es im vorigen Jahr gerade einmal 2 Fälle, berichtete Knappik.

Ein Problem ist dagegen weiterhin die Vogelgrippe. Sie wird zumeist mit dem Influenzavirus H5N1 assoziiert. In den letzten 10 Jahren konnte man jedoch weitere 9 Vogelgrippeviren nachweisen, die zu einer Infektion beim Menschen führten. Allerdings gab es durch sie bislang keine Mensch-zu-Mensch-Übertragung. 8 der 9 Ausbrüche fanden in China statt.

Mutierende Vogelgrippeviren sind nach wie vor aktiv

2020 entdeckte man ein Vogelgrippevirus, das aus H5N1 und H5N8 entstanden ist: die H5N1-Variante 2.3.4.4b. Sie hat sich rasant unter Geflügel ausgebreitet. 2022 wurde das Virus auch bei Säugetieren nachgewiesen. Betroffen war eine Nerzfarm in Spanien, in der es zur Übertragung von Säugetier zu Säugetier kam. Gestorben sind die Tiere häufig an respiratorischen Infektionen mit Hämoptysen. Auch aus finnischen Pelztierfarmen wurden mittlerweile größere Ausbrüche gemeldet. In der Antarktis und in Lateinamerika kam es zu einem Massensterben von Seehunden, nachdem diese wahrscheinlich infizierte Wildvögel gefressen hatten. In Polen gab es 2023 einen Ausbruch der Vogelgrippe unter Hauskatzen.

Seit etwa 20 Jahren hat man Erfahrungen mit H5N1-Infektionen beim Menschen. 880 Fälle wurden bis Oktober 2023 registriert. Die Sterblichkeit lag bei 50%. Die neue Variante scheint für den Menschen nicht so pathogen zu sein. Wie Knappik erklärte, schreibt ihr die WHO derzeit noch ein geringes pandemisches Potenzial zu.

Quelle: 8. Kongress der WATL* – Webinar