Serie Mikronährstoffe: Tinnitus – Was hilft gegen das Rauschen im Ohr?

Evidenzbasierte Prophylaxe & Therapie mit Mikronährstoffen

Egal, ob der Tinnitus objektiv, also auch mit dem Stethoskop hörbar, oder subjektiv nur für den Patienten wahrnehmbar ist, in jedem Fall ist er für den Betroffenen unangenehm. Viele empfinden ihr Leiden als Plage und berichten über Schlafstörungen, einige beschreiben ihre Ohrgeräusche sogar als eine schwerwiegende Beeinträchtigung ihrer Fähigkeit zur Führung eines normalen Lebens. Auslöser gibt es viele, unter anderem den Alterungsprozess, Infektionen oder die Ototoxizität bestimmter Arzneimittel wie zum Beispiel mancher Antibiotika.

Die Therapieansätze sind entsprechend unterschiedlich und reichen von medikamentöser Therapie über eine hyperbare Sauerstoffbehandlung und modifizierte Laser-Ginkgo-Therapie bis zu alternativmedizinischen Ansätzen wie Magnetfeldtherapie. In der orthomolekularen Medizin wird die Wirkweise über die Beeinflussung der freien Radikale im Innenohr beschrieben. Letztere führen zunächst zum Zelltod und später zum Hörverlust, worüber 80 Prozent der Tinnituspatienten klagen.1

Zum Thema Tinnitus und Mikronährstoffe liegen einige interessante Arbeiten vor, die unter anderem besagen, dass …

… 31 Prozent der Studienteilnehmer vor der Behandlung erniedrigte Zinkspiegel im Blut aufwiesen.

In dieser randomisierten, prospektiven, placebokontrollierten Studie erhielten 28 Personen im Alter von durchschnittlich 51,2 Jahren 50 mg Zink pro Tag über einen Zeitraum von zwölf Wochen und 13 Personen, die etwa 55 Jahre alt waren, bekamen ein Placebo. Obwohl die Schwere des Tinnitus – eine Besserung war als Reduktion der Geräusche um 10 dB und mehr definiert – nicht signifikant abnahm, war bei 82 Prozent der Patienten, die Zink erhielten, eine beachtliche Verbesserung der Geräuschsymptomatik zu beobachten.2

… auf molekularer Ebene eine Störung im Zusammenhang mit Glutamatrezeptoren assoziiert ist und Magnesium als Glutamatantagonist agiert.

Interessanterweise zeigten retrospektive Untersuchungen der Autoren bei 64 Prozent ihrer Patienten mit plötzlichem Hörverlust einen Magnesiummangel. In vorliegender Arbeit wird weiters eine kontrollierte Studie beschrieben, in der die Studienteilnehmer über sechs Tage eine Infusionstherapie mit 4 g Magnesium in 1000 ml einer physiologischen Kochsalzlösung erhielten. In dieser Untersuchung profitierten 66,2 Prozent der Probanden, die Magnesium erhielten.3

… ein Vitamin-B12-Mangel das Risiko für die Entwicklung eines Tinnitus erhöht und die Therapie mit parenteral verabreichtem Vitamin B12 einen Hörverlust bei Patienten, die starken Lärmquellen ausgesetzt waren, verbessert.

Diese Untersuchung wurde bei Soldaten durchgeführt, die durchschnittlich 39 Jahre alt waren. 47 Prozent zeigten einen Vitamin-B12-Mangel – dieser war bei jenen, die unter Tinnitus infolge von Lärm litten, signifikant höher als bei denjenigen, die zwar starkem Lärm ausgesetzt waren, aber noch keinen Tinnitus entwickelt hatten. Ungeklärt bleibt, ob tatsächlich nur jene Patienten von der Therapie profitieren, die erniedrigte Vitamin-B12-Spiegel aufweisen, da in der Studie nur dieses Patientenkollektiv behandelt wurde.4

… bei Patienten mit chronischem Tinnitus die Gabe von Coenzym Q10 die Symptomatik verbessert.

In vorliegender Arbeit bekamen 20 Patienten mit chronischem Tinnitus 16 Wochen lang Coenzym Q10. Am Ende der Studie wurde der Anstieg des Coenzym-Q10- Spiegels gemessen, er war bei einer kleinen Subgruppe von sieben Patienten signifikant. Diese Personen profitierten besonders, da es bei ihnen auch zu einer klaren Verbesserung der Tinnitussymptomatik kam.5

… die Behandlung mit 3 mg Melatonin zu einer Verbesserung von Tinnitus führen kann.

Diese Untersuchung ist deshalb von besonderem Interesse, da es sich beim Patientenkollektiv um Männer im Alter von 61 Jahren handelte, die bereits seit durchschnittlich elf Jahren an Tinnitus litten. Solche Patienten sind häufig therapierefraktär, und umso erfreulicher war das Studienergebnis. Die Betroffenen erhielten über acht Wochen Melatonin zwei Stunden vor dem Zubettgehen, und es wurde sowohl die Schlafqualität als auch die Tinnitussymptomatik erhoben. Mit der Verbesserung der Schlafqualität verbesserte sich auch der Tinnitus. Interessant ist, dass nach Absetzen der Therapie mit Melatonin der Schlaf kontinuierlich schlechter wurde, während die positive Wirkung auf die Geräusche im Ohr erhalten blieb.6

… der Ginkgo-Spezialextrakt EGb 761 zu einer Verbesserung der Symptomatik bei Tinnitus führt.

Ginkgo wird an dieser Stelle erwähnt, da Pflanzenextrakte in der Mikronährstofftherapie als Antioxidanzien eingestuft werden und als solche vor allem bei Betrachtung mitochondrialer Erkrankungen große Bedeutung haben. An dieser Studie nahmen 60 Patienten mit chronischem Tinnitus teil, wobei alle anfangs eine Infusionstherapie mit 200 mg Ginkgo-Extrakt über zehn Tage erhielten. Es folgten zwölf Wochen einer Therapie mit zweimal 80 mg Ginkgo-Extrakt versus Placebo. Die Verumgruppe war der Placebogruppe hinsichtlich der Tinnitussymptomatik signifikant überlegen, wobei der positive Effekt bereits nach vier Wochen beschrieben wurde.7

Allgemein wichtig: Verschiedenen Untersuchungen zufolge weist eine Vielzahl von Patienten mit Tinnitus einen Vitamin- und Spurenelementmangel auf. Davon betroffen sind vor allem Vitamin B12 und Zink, aber auch eine Unterversorgung mit Antioxidanzien wird beschrieben. Es muss allerdings bedacht werden, dass eine Schädigung der Sinneszellen langfristig zum Tod der Zelle führt, welcher irreversibel ist und dann auf eine Supplementierung mit Vitaminen oder Spurenelementen nicht mehr anspricht.1

1 Szczepek AJ: Tinnitus – eine mitochondriale Erkrankung? OM-Zs. f. Orthomol. Med 2013; 2: 6–9.
2 Arda HN et al.: The role of zinc in the treatment of tinnitus. Otol. Neurotol. 2003; 24(1): 26–9.
3 Ehrlich B, Vormann J: Tinnitus, sudden hearing loss and magnesium – state of the art and concept of a field survey study. Trace Elements and electrolytes 2004, Vol. 21.
4 Shemeah Z et al.: Vitamin B12 deficiency in patients with chronic tinnitus and noise induces hearing loss. Am J Otolaryngol 1993, 14: 94–9.
5 Khan M et al.: A pilot clinical trial of the effects of coenzym Q10 in patients with chronic tinnitus aurium. Otolaryngol Head Neck Surg 2007; 136(1): 7.
6 Megwalu UC et al.: The effects of melatonin on tinnitus and sleep. Otolaryngol Head Neck Surg 2006; 134: 210–3.
7 Morgenstern C, Biermann E: The efficacy of Ginkgo special extract EGb 761 in patients with tinnitus. International Journal of Clinical Pharmacology and Therapeutics 2002; Vol 40: 188–97.