Apotheke ums Eck als „idealer Impfort“
Anlässlich der Europäischen Impfwoche fordert die Apothekerkammer erneut von der Politik, Impfungen in Apotheken „als idealen Impfort“ zu ermöglichen. Mittlerweile absolvierten bereits rund 2.000 Apotheker:innen die Impf-Fortbildung. Was das Gesundheitsministerium dazu sagt, lesen Sie hier.
Die Bevölkerung sollte einen Blick in den Impfpass werfen, appelliert die Österreichische Apothekerkammer zunächst, um eventuelle Impflücken zu entdecken – insbesondere solche aus der Pandemiezeit. Als gute Gelegenheit dafür sieht die Standesvertretung die Europäische Impfwoche der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vom 23. bis 29. April 2023.
„Die Apothekerschaft unterstützt hier sehr gern durch wohnortnahe, kompetente und persönliche Beratung“, betont Mag. pharm. Dr. Gerhard Kobinger, Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer, in einer Aussendung. Entdeckte Impflücken gelte es möglichst rasch und unter fachkundiger Beratung zu schließen. Als Beispiele nennt Kobinger die FSME- und die Masern-Mumps-Röteln-Impfung sowie die Immunisierung gegen HPV.
Impfungen sind einfache und wirksame Maßnahme
Das Impfen sei eine einfache und vor allem überaus wirksame Vorsorgemaßnahme, um sich gegen schwere Krankheiten und all ihre negativen Auswirkungen zu schützen. Das habe nicht zuletzt die Covid-19-Pandemie eindrucksvoll gezeigt. Laut einem kürzlich veröffentlichten WHO-Bericht haben die Corona-Impfstoffe allein in Europa und den Ländern der ehemaligen Sowjetunion mehr als eine Million Menschenleben gerettet.
Es gehöre zu den Aufgaben und zum „Selbstverständnis“ der Apothekerinnen und Apotheker, durch fundierte Aufklärung und seriöse Information in der Apotheke das Impfbewusstsein der Bevölkerung zu stärken, unterstreicht auch Mag. pharm. Susanne Ergott-Badawi, Präsidiumsmitglied der Apothekerkammer: „Je besser das Wissen über Impfungen, desto höher ist die Impfbereitschaft und damit die Durchimpfungsrate in der Gesellschaft.“
Ergott-Badawi erneuert anlässlich der Impfwoche aber auch die Forderung an die Politik, den österreichischen Apothekerinnen und Apotheker das Impfen in den Apotheken rechtlich zu ermöglichen. Mit diesem zusätzlichen niederschwelligen Angebot könnten die Apothekerinnen und Apotheker die Ärztinnen und Ärzte beim Impfen gezielt unterstützen. Nachsatz: „Das Beispiel dutzender Länder in Europa zeigt, dass der wohnortnahe Zugang zu Impfungen in der Apotheke die Durchimpfungsraten signifikant erhöhen kann.“
Wo Apotheker:innen bereits impfen
Eine Karte* der Apothekerkammer zeigt, in welchen Ländern bereits in Apotheken geimpft wird – aufgeteilt nach Impfstoffen: So können Apothekerinnen und Apotheker in Norwegen, Dänemark und Polen die Corona-Schutzimpfung verabreichen. Dagegen sind es in fünf Ländern (Finnland, Niederlande, Portugal, Libanon und Israel) andere Impfungen wie u.a. Grippeimpfung, Impfung gegen Herpes, Pneumokokken, HPV, Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Masern, Mumps, Hep A, Hep B, Polio, Rotaviren und Haemophilus influenzae b.
In sechs weiteren Ländern (Irland, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Schweiz und Italien) ist für Apothekerinnen und Apotheker beides möglich, also Impfungen gegen Corona und andere Erkrankungen. Weltweit kommen noch rund zehn Länder hinzu, wie eine globale Karte der Apothekerkammer aus dem Jahr 2021 anlässlich der 1.000er-Marke an Impf-Fortbildungen zeigt.
* aktuelle Europa-Karte unter: https://www.apothekerkammer.at/aktuelles/news/europaeische-impfwoche-2023
Rund 2.000 Apotheker:innen zum Impfen bereit
Mittlerweile seien es schon rund 2.000 Apothekerinnen und Apotheker, die die Impf-Fortbildung absolviert hätten, informiert die Apothekerkammer auf Nachfrage von medonline. Das Interesse sei nach wie vor ungebrochen. Das Ziel sei, „dass wir möglichst viele Apothekerinnen und Apotheker im Bereich des Impfens fortbilden wollen“, erklärt Mag. pharm. Dr. Stefan Deibl, Leiter der Abteilung Fort- und Weiterbildung, in einem Kurzvideo. Die Absolvent:innen sollen bereit sein, in der Apotheke impfen zu können, „wenn sie gebraucht werden“.
Die Impf-Fortbildung besteht aus einem theoretischen Teil, in dem Grundlagenwissen und Impf-Indikationen vermittelt werden. Die Themen sind u.a.: Wie stelle ich die Impfeignung fest? Was muss ich über die Impfstoffe wissen? Wie führe ich Injektionen durch? „Wir haben unsere Fortbildung nach internationalen Best-Practice-Beispielen organisiert und konzipiert“, hebt Deibl hervor.
Der Praxisteil sei gemeinsam mit dem Roten Kreuz entwickelt worden, berichtet Deibl. So konnte man auch hier sicherstellen, dass alle Inhalte qualitätsgeprüft sind und „wir hier wirklich eine hieb- und stichfeste Fortbildung bieten können“.
Ärztekammer: Praxis als „richtiger Ort für das Impfen“
Nichts von impfenden Apothekerinnen und Apotheker hält bekanntlich die Österreichische Ärztekammer, zuletzt in einer Aussendung Anfang April. „Der richtige Ort für das Impfen bleibt die Praxis mit dem Arzt des Vertrauens“, betont Dr. Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer (derzeit aus gesundheitlichen Gründen vertreten durch die Vizepräsidenten Dr. Harald Schlögel und Dr. Stefan Ferenci, Anm.d.Red.).
Anders als in Apotheken würden die Vertrauensärztinnen und -ärzte die medizinischen Hintergründe kennen, die Risiken entsprechend einschätzen können, ihre Patientinnen und Patienten individuell aufklären, auf Notfälle rasch reagieren und obendrein auch die notwendigen Räumlichkeiten zur Verfügung haben.
Dadurch, dass die Vorsorgemedizin leider noch viel zu wenig im Fokus der Gesundheitsversorgung sei, hält es Steinhart für umso wichtiger, den Patientinnen und Patienten beim Impfen „unnötige Wege“ zu ersparen. Bei Vorsorgeuntersuchungen könne der Impfstoff – nach Prüfung des Impfstatus und entsprechender Aufklärung – direkt verimpft werden, „das ist sicher, effizient und höchst niederschwellig“.
Ministerium lädt die Kammern dazu ein, Gespräche aufzunehmen
Was hält das Sozial- und Gesundheitsministerium (BMSGPK) von der Forderung der Apothekerkammer? Im Sommer 2021 informierte das BMSGPK (noch unter dem Arzt BM Dr. Wolfgang Mückstein) darüber, dass unter bestimmten Voraussetzungen zwar DGKP, Sanitäter:innen und Medizinstudierende zum Impfen berechtigt sind, Apothekerinnen und Apotheker wurden jedoch nicht genannt (siehe Bericht hier). Das bleibt vorerst auch so. „Derzeit sind von Seiten des Gesundheitsministeriums keine gesetzlichen Änderungen bezüglich Impfen in Apotheken geplant“, heißt es auf unsere Anfrage. Etwaige Maßnahmen „in dieser Angelegenheit“ müssten zwischen den relevanten Stakeholdern – Ärztekammer und Apothekerkammer – abgestimmt werden. Nachsatz: „Das BMSGPK lädt jedoch die betroffenen Stakeholder ein, diesbezüglich Gespräche aufzunehmen.“