Nicht lieferbar
Geht es Ihnen auch manchmal so, dass einen gefühlten ganzen Vormittag lang kein einziger Kunde mit den Medikamenten aus der Apotheke rausgeht, die er verordnet bekommen hat?
Oft finde ich es wirklich absolut nervtötend, dauernd in leere Fächer zu greifen, die mit dem Farbcode für „nicht lieferbar“ gekennzeichnet sind, und mir graut schon vor der Vorahnung, welche Unsicherheiten, Zweifel und Argumente fürs Warten dieses Mal vom mündigen Kunden auftauchen. Da gibt es die, die ohnehin einen 2-Monats-Bedarf auf Vorrat zu Hause haben – okay, hier können wir tatsächlich warten. Dann gibt es die, die eigentlich vom Arzt etwas anderes aufgeschrieben haben wollten – hier folgt eine längere Recherche in der Kundengeschichte, was denn wohl telefonisch „bestellt wurde“ und schlussendlich finden wir heraus, dass das Medikament vor zwei Monaten abgesetzt wurde oder schon seit Monaten ein anderes Generikum zur Anwendung kommt, weil das beispielsweise teilbar ist – auch gut, weil gelöst.
Und dann gibt es noch die Sorte Kund:innen, die sich daran erinnern, dass damals vor zwölf Jahren der Herr Primar gesagt hat, dass sie niemals ein anderes Medikament als dieses nehmen dürfen – das war aber noch lange, bevor es ein Generikum von diesem „Super-Medikament“ gab, und natürlich gibt der dauerhafte Therapieerfolg der mit dem Fingerzeig ausgesprochenen Warnung unbedingt recht. Was jetzt kommt, überlasse ich Ihrer Phantasie … Aber manches Mal gelingt es mir auch, den vielen Kundenberatungen zu diesem Thema etwas Positives abzugewinnen. Und das passiert immer dann, wenn ich entscheidungsfähige Menschen vor mir habe, die mir so viel Vertrauen entgegenbringen, dass sie es auch verbalisieren, und dann einfach sagen: „Wenn Sie mir das so erklären, versteh ich das und bin froh, überhaupt das passende Medikament zu kriegen – überall anders ist es ja auch so, dass Lieferengpässe herrschen und wir halt ein wenig improvisieren müssen.“ Welch Balsam für die akademisch ausgebildete Mängelverwalterin ... ?
… und wenn wieder einmal so ein seltenes Exemplar von Kundschaft den Weg zu mir an die Tara findet, dann weiß ich wieder, wieso ich diesen Beruf so sehr liebe und vor allem, wieso wir ihn auf gar keinen Fall ersatzlos streichen können – wie das von den Vertretern eines anderen Gesundheitdienstleisters immer lauter gefordert wird. Man stelle sich nur vor, derartige Gespräche fänden dort statt, wo die Rezepte geschrieben/ausgedruckt/auf die e-card gespeichert werden?!?
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