Die Kunst, den Schmerz zu verstehen
Das Thema Schmerz in seiner gigantischen Komplexität zu erfassen, gleicht dem Versuch, den Sinn des Lebens mit wenigen Worten zu beschreiben. Die erste Assoziation von uns Menschen mit dem Wort Schmerz ist naturgemäß negativ. Kein Wunder, Schmerzen sind nun einmal unangenehm. Und doch hat der Schmerz auch eine positive Seite: Er fungiert als wichtiges Signal unseres Körpers, einen etwaigen Schaden, einen noch größeren Schmerz, von uns abzuhalten. Diese Zwitterfunktion, dieser oft nur schwer begreifbare Funktionswechsel zwischen Gut und Böse, ist aber nur die eine Facette seines Wesens. „Herr Schmerz“ besitzt eine tiefgründige Persönlichkeit. Er pflegt nicht nur seinen Charakter, sondern auch Zeitpunkt und Dauer seines Auftrittes zu variieren.
Der akute Schmerz tritt plötzlich auf und ist zeitlich begrenzt, etwa als Folge einer Verletzung, während der chronische Schmerz kommt, um zu bleiben. In diesem Falle ist er kein Warnzeichen, vielmehr nimmt er direkten Einfluss auf unsere Lebensqualität – und kann damit zu einem großen Problem werden. Trotz seiner immensen Variabilität weist „Herr Schmerz“ eine Konstante auf: Er möchte immer im Mittelpunkt stehen – und das, seitdem es Menschen auf der Erde gibt, also seit mehr als drei Millionen Jahren. Geändert haben sich seither Diagnose und Behandlung. Und das ist gut so – denken wir daran, dass in der Steinzeit Löcher in die Schädel der Menschen gebohrt wurden, um simple Kopfschmerzen zu behandeln.