Reform mit Hindernissen
Am Ende wurde die AUVA dann doch gerettet. Aus den vielfach angekündigten 500 Millionen Euro, die die Versicherung einsparen hätte sollen, wurden 430, von denen die AUVA selbst allerdings nur 135 Millionen Euro einsparen muss. Die restlichen rund 294 Millionen sollen mittels Querfinanzierung sogenannter versicherungsfremder Leistungen, die die AUVA derzeit erbringt, erzielt werden. „Spitäler, Leistungen und medizinisches System bleiben. Die Verwaltung wird ohne Kündigungen abgespeckt und ich gebe noch einmal eine Leistungsgarantie ab“, kommentierte Bundesministerin Mag. Beate Hartinger-Klein die erzielte Lösung bei einer Pressekonferenz. Sie betonte, dass es keine Gesundheits-, sondern eine Strukturreform sei.
Maßnahmen gesetzt
Konkret soll die AUVA 74,8 Millionen in der Verwaltung einsparen. So soll die Zahl der Organisationseinheiten reduziert werden und freiwerdende Stellen nicht nachbesetzt werden. Das soll 25,5 Millionen Euro Einsparung bringen. Weiters will man die operative Betriebsführung der Krankenanstalten an eine 100-prozentige AUVA-Tochter auslagern. Das soll bis 2029 realisiert werden und 33 Millionen Euro einsparen. Weitere Punkte betreffen den Ausbau der Hautprävention (9,8 Mio. Euro bis 2029), eine Effizienzsteigerung beim Facility Management und bei Beschaffungen (3 Mio. Euro bis 2020), die Reduktion von IT-Aufwänden (2,5 Mio. Euro bis 2020) sowie Subventionsreduktionen
(1 Mio. Euro bis 2019). Durch verstärkte Kooperationen mit anderen Trägern (z.B. AKH Wien, Landeskrankenanstalten etc.) sollen weitere 60 Millionen Euro eingespart werden.
Bei einem Jahresbudget von 1,4 Milliarden Euro, muss die AUVA also in sechs Jahren rund zehn Prozent ihres Budgets einsparen.
Bei dem weit größeren Brocken, den genannten 294 Millionen Euro, handelt es sich einerseits um Entgeltfortzahlungen für Arbeitnehmer in Klein- und Mittelbetrieben (KMU) (Einsparpotenzial 111 Mio. Euro) und andererseits um die zu hohen Zahlungen für in anderen Spitälern behandelte Arbeitsunfälle (Einsparpotenzial 156 Mio. Euro) sowie die Vergütung oder Abtretung der Präventionsleistungen für KMU (Einsparpotenzial 27 Mio. Euro). Diese sollen mittels gesetzlicher Maßnahmen von der AUVA hin zu einem anderen Träger – vermutlich der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) – verschoben werden.
Kritik von Opposition
Hierfür hagelte es auch die meiste Kritik. Denn während sich die AUVA ausschließlich aus Arbeitgeberbeiträgen finanziert – und diese ja bekanntlich von 1,3 zunächst einmal auf 1,2 und dann langfristig auf 0,8 Prozent gesenkt werden sollen –, finanzieren sich die Gebietskrankenkassen sowohl durch Arbeitgeber- als auch durch Arbeitnehmerbeiträge. SP-Bundesgeschäftsführer Max Lercher sprach von einem „waghalsigen AUVA-Finanzierungsgebäude für die Abgabensenkung der Wirtschaft“ und sah ein „unwürdiges Hütchenspiel“ auf dem Rücken der Patienten, während NEOS eine „mutlose Nullnummer“ kritisierte und die Liste Pilz eine „AUVA-Reform-Maus“. Lob kam vom ÖVP-Wirtschaftsbund. So sei die AUVA nun „auf einem guten Weg“. Das Bekenntnis der Regierung, die Lohnnebenkosten für Österreichs Betriebe zu senken, sei sehr zu begrüßen.
Die Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse, Mag. Ingrid Reischl, ließ hingegen kein gutes Haar an der Reform. Sie meinte in einer Aussendung, hinter den Einsparungen verberge sich eine „astreine Entlastung der Unternehmen auf Kosten der Arbeitnehmer: Denn den Gebietskrankenkassen werden nach den (heute) genannten Zahlungen jährlich zumindest rund 150 Millionen Euro zusätzlich aufgebürdet.“ Statt das System auszuhungern, sei eine Modernisierung des Leistungsspektrums der AUVA nötig.
Auch die Belegschaft der AUVA zeigte sich nicht erfreut. Noch vor der Präsentation des Konzepts taten Gewerkschaft und Betriebsrat bei Betriebsversammlungen an fast allen AUVA-Standorten ihren Unmut darüber kund. Die geschäftsführende GPA-Vorsitzende Barbara Treiber, MA, sprach von einer „brutalen Umverteilung von unten nach oben“. Hartinger-Klein und Wöginger apellierten hingegen an die SPÖ und die Gewerkschaft, ihre „Angstmache“ zu beenden.
Zurückhaltend reagierte Hauptverbandschef Dr. Alexander Biach. Bei den Verwaltungseinsparung könnte im ersten Jahr ein Zugriff auf Rücklagen notwendig sein. Er betonte in einer Aussendung, dass die gesetzlichen Maßnahmen für eine weitere Beitragssenkung (also von den angepeilten 1,2 auf 0,8 Prozent) nicht zulasten anderer Systempartner erfolgen können.
AUVA in Zahlen*:
- Die Unfallkrankenhäuser der AUVA behandeln jährlich 370.000 Spitalspatienten, von denen 88,1 Prozent keine Arbeitsunfälle erlitten haben. „Nur“ bei 11,9 Prozent der Patienten handelt es sich um einen Arbeitsunfall.
- In den Rehabilitationszentren der AUVA werden 69,9 Prozent von 5.000 Patienten nach Arbeitsunfällen behandelt, Freizeitunfälle machen 30,2 Prozent der Aufenthalte aus.
*2017