Wund- und Hygienemanagement: Infizierte Wunde versorgen

Solange eine chronische Wunde besteht, ist neben korrekter Diagnostik und Therapie die richtige Durchführung von Hygienemaßnahmen sowie die effiziente Anwendung von Verbandstechniken essenziell.

Die infizierte Wunde ist eine komplexe Wunde. Ihr Management kann sich daher nicht nur auf mikrobiologische Diagnostik und antiinfektive Therapie beschränken. Wesentliche Aspekte, die häufig zu unbefriedigenden Ergebnissen bei der Behandlung chronischer Wunden führen, liegen in mangelnder Anamnese und Ursachenforschung der Wundgenese. Ohne Behebung oder Verbesserung der ursächlichen Faktoren einer Wundheilungsstörung ist keine suffiziente Wundheilung zu erwarten. Dabei ist es dann unwesentlich, welches Antiinfektivum bzw. Verbandmaterial zum Einsatz kommt.

Asepsis

Solange eine chronische Wunde besteht, ist neben korrekter Diagnostik und Therapie die richtige Durchführung von Hygienemaßnahmen sowie der Einsatz effizienter Verbandstechniken essenziell. Wesentlicher Faktor in diesem Zusammenhang ist die Asepsis – die Vermeidung des Einoder Aufbringens von Mikroorganismen in oder aus einer Wunde. Die von vornherein höchstmögliche kontaminationsfreie Arbeitsweise ist die naheliegendste, billigste und wirkungsvollste Option, Patienten vor Infektionen zu schützen. Sie erfordert allerdings einen gewissen Zeit- und Materialaufwand, Können und Selbstdisziplin.

Mikrobiologische Befundung

Obwohl fast alle Wunden polymikrobiell kolonisiert bzw. infiziert sind, wurden in Untersuchungen am häufigsten Staphylococcus aureus, Pseudomonas aeruginosa, Escherichia coli und beta-hämolysierende Streptokokken als Ursache von Wundinfektionen angeführt. Eine strikte Korrelation zwischen nachgewiesenem Erreger und Wundinfektion fehlt. Mikrobiologische Faktoren wie Erregerdichte, Art und Virulenz der Erreger, Interaktion zwischen Erreger und wirtsspezifischen Faktoren, Effektivität der Immunantwort, aber auch Kondition und Zustand des Gewebes sind kritische Größen und kollektiv als prädisponierende Faktoren zu bewerten.
Grundbedingung eines zielführenden mikrobiologischen Befundes ist neben der Indikationsstellung die kontaminationsfreie Abnahmetechnik, die Verwendung geeigneter Instrumente und Materialien, der richtige Zeitpunkt der Abnahme, der rasche Versand der Probe und die ausführliche Angabe des klinischen Zustands des Patienten sowie weiterer diagnostisch relevanter Informationen wie Abnahmestelle, klinischer Verdacht, relevante Grunderkrankungen, bisherige antibiotische Therapie und Art der Wunde. Die Beurteilung der Relevanz eines nachgewiesenen Erregers auf oder in einer Wunde ist nur in Zusammenschau sämtlicher Aspekte sinnvoll.

Abbildungen

Débridement

Wird eine Wunde während des Verbandwechsels gereinigt, kann dies je nach Zustand der Wunde und Schmerzempfinden des Patienten durch vorsichtiges Abtupfen oder Spülen mit nicht antimikrobiellen (Ringeroder physiologische Kochsalzlösung) oder mit antimikrobiellen Lösungen (z.B. 10% PVP-Jod-Lösung bei akut infizierten Wunden oder Bissverletzungen, Octenidindihydrochlorid oder Polyhexanid bei kritisch kolonisierten Wunden) gespült werden. Bei sauber granulierenden Wunden ohne Infektionszeichen sind Spülungen nicht nötig, da dadurch positive Wundmediatoren entfernt werden könnten.
Die wesentlichste Maßnahme zur Vorbereitung und Konditionierung einer Wunde ist das Débridement. Dieses kann chirurgisch, autolytisch oder enzymatisch erfolgen.
Das chirurgische Débridement stellt dabei die effektivste Methode zur Entfernung von Fremdkörpern, nekrotischem Material oder infizierten Gewebsanteilen dar und gilt als Mittel der Wahl. Durch das chirurgische Débridement, das mit Skalpell, Schere, scharfem Löffel oder Ring-Kürette durchgeführt wird, können gleichzeitig Wundtaschen eröffnet, für einen sauberen und glatten Wundrand gesorgt und bei entsprechender Übung der Heilungsverlauf in eine bestimmte Richtung dirigiert werden. Im Bereich von Periost, Sehnenscheiden oder Arterien muss dies allerdings mit äußerster Vorsicht durchgeführt werden.
Débridement durch Autolyse erfolgt durch Verdauung und Auflösung nekrotischen Gewebes sowie Abtransport durch Makrophagen und körpereigene proteolytische Mediatoren. Für diese Methode, die sich z.B. in der mobilen Versorgung etabliert hat, müssen geeignete Wundauflagen verwendet werden, die eine feuchte Wundbehandlung ermöglichen, gleichzeitig aber Exsudat aufnehmen, die Wunde aber nicht austrocknen oder übermäßig nass bleiben lassen. Dies kann z.B. mit Alginaten oder Hydrokolloidauflagen erreicht werden.
Das enzymatische Débridement erfolgt mit Salben oder Gelen, die proteolytische Enzyme enthalten (z.B. Streptokinasen oder Kollagenasen wie Clostridiopeptidase A aus Clostridium histolyticum gewonnen). Cave: Die Präparate können durch gleichzeitige Anwendung von Wundantiseptika inaktiviert werden. Sofern festanhaftende oder massive nekrotische Gewebeanteile vorliegen, sind genannte Methoden einem chirurgischen Débridement deutlich unterlegen.

Verbandstechniken

Neben der Auswahl geeigneter Wundauflagen, die im Wesentlichen von der Wundheilungsphase und dem klinischen Zustand der Wunde abhängen, sind aus hygienisch-infektiologischer Sicht zwei Prinzipien zu beachten: Prinzip 1: Verhinderung der direkten oder indirekten Übertragung von Mikroorganismen aus der Wunde zu anderen Patienten. Die Erreger gehören in den Abfall. Prinzip 2: Verhinderung der direkten oder indirekten Einbringung von Mikroorganismen in die Wunde des Patienten. Beide Forderungen passieren im Rahmen der Wundversorgung neben- und/oder nacheinander (siehe Kasten).

Zusammenfassung

Die Behandlung chronischer Wunden ist nicht nur eine medizinische Herausforderung, sondern wegen ihres Ressourcenverbrauchs einschließlich der erhöhten Liegedauer auch in den Fokus der Diskussion um ihre gesundheitsökonomische Evaluation geraten. Bei durchschnittlich langen Heilungszeiten ist der notwendige Pflegeaufwand für die Patienten enorm. Eine der wesentlichsten zukünftigen Herausforderungen ist daher die Erweiterung und Vertiefung der Kenntnisse um die Mechanismen der Wundheilung, die Wirkungsweise moderner Wundauflagen und deren fachgerechte Anwendung.

Tabelle

Univ.-Prof. Dr. Ojan Assadian
Universitätsklinik für Krankenhaushygiene und Infektionskontrolle, Wien

DGKP Zoltán Vass
Klinische Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin, Universitätsklinik für Innere Medizin I, Wien