Rare Diseases: Lichtblick bei Morbus Darier
Betroffenen der seltenen Erkrankung Morbus Darier kann derzeit nur unzureichend mit Salben und Vitamin A geholfen werden. Eine Therapie mit IL-17- und IL-23-Inhibitoren scheint erfolgreich zu sein, bestätigt eine hochrangig publizierte Studie, die letzte Woche in Wien bei einer Pressekonferenz vorgestellt wurde. Guselkumab oder Secukinumab führten zu einer schnellen und deutlichen Verbesserung der Hautsymptome, mit Reduktion der Entzündung und Abflachung der Hautläsionen.1,2
Rare Diseases haben oft massive Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen. Seltene Hauterkrankungen im Speziellen manifestieren sich häufig durch ungewöhnliche Hautsymptome. Ein Beispiel ist der Morbus Darier (Darier Disease, DD), auch bekannt als Dyskeratosis follicularis, bei dem sich kutane keratotische Papeln und übelriechende Plaques bilden, oft begleitet von Nagelveränderungen. Neben einem erhöhten Risiko für neuropsychiatrische Störungen, Typ-1-Diabetes und Herzinsuffizienz ist die Haut das am häufigsten betroffene Organ bei DD-Patientinnen und -Patienten.
Die Krankheit manifestiert sich meist rund um die Pubertät und verläuft chronisch mit möglichen Exazerbationen, die durch Sonneneinstrahlung, Hitze, Reibung oder Infektionen ausgelöst werden und oft eine Hospitalisierung mit intravenöser Behandlung (z.B. Antibiotika und/oder antivirale Medikamente) erfordern. „Die Symptome variieren jedoch stark“, erläuterte Univ.-Prof. DDr. Wolfram Hötzenecker, MBA, Vorstand der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie der Johannes Kepler Universität Linz (JKU) Linz und Letztautor der Studie.
Die genetisch bedingte Hautkrankheit mit einer Prävalenz von 1–3 Fällen von 100.000 Personen wird autosomal-dominant vererbt und ist durch heterozygote Mutationen im ATP2A2-Gen charakterisiert. Die Mutationen in diesem Gen führen zu einer Fehlfunktion in der Kalziumregulation, was den Verlust von Zelladhäsionen, Akantholyse und Apoptose von Keratinozyten zur Folge hat. Die Diagnose erfolgt meist klinisch und genetisch.
Therapeutische Optionen
Die therapeutischen Optionen für DD waren bisher begrenzt und zielten hauptsächlich auf Symptomlinderung ab. Die konventionelle Behandlung umfasst die Anwendung von topischen Kortikosteroiden, Antiseptika, systemischen Antibiotika und Retinoiden, die jedoch aufgrund von Nebenwirkungen oft nicht für eine langfristige Anwendung geeignet sind, unterstrich Hötzenecker. „Die Darier-Krankheit beeinträchtigt die Lebensqualität der Betroffenen erheblich und topische Behandlungen und Medikamente können die Symptome oft nur teilweise lindern.“
Umso erfreulicher sind die Ergebnisse einer rezent in Nature Communications veröffentlichten Studie des Linzer Teams.1 Die Forschenden konnten erstmalig spezielle Abwehrzellen des Immunsystems in entzündeter Haut bei Patientinnen und Patienten mit Morbus Darier identifizieren und diese im Rahmen eines personalisierten Therapieansatzes gezielt behandeln.
Studiendesign und Ergebnisse
Mittels Einzelzell-RNA-Sequenzierung (scRNA-seq) und weiterer molekularer Techniken wurde bei sechs DD-Patientinnen und -Patienten eine signifikante Erhöhung der Th17-verwandten Gene und Zytokine festgestellt. Diese Ergebnisse deuten auf eine erhöhte Aktivität der IL-17/IL-23-Achse in den Hautläsionen von DD-Betroffenen hin, ähnlich der bei Psoriasis beobachteten Immunpathologie.
Basierend auf diesen Erkenntnissen wurden drei DD-Patientinnen und -Patienten, die zuvor nicht auf Standardtherapien angesprochen hatten, mit monoklonalen Antikörpern behandelt, die spezifisch die IL-17/IL-23-Achse blockieren. Zwei Betroffene erhielten einen IL-17A-blockierenden Antikörper (Secukinumab) und eine/einer wurde mit einem IL-23A-blockierenden Antikörper (Guselkumab) behandelt.
Bei allen konnte eine deutliche klinische Verbesserung festgestellt werden, die sich in einer Abnahme der Entzündung zeigte und in Folge zur einer Reduktion und Abflachung der hyperkeratotischen Papeln und Plaques führte, insbesondere in den am stärksten betroffenen Körperbereichen (Thorax). Die Bewertung der klinischen Scores zeigte eine 50%ige Reduktion des Investigator’s Global Assessment (IGA) von vier Punkten (schwere Krankheit) zu Beginn auf zwei Punkte (milde Krankheit) während der Behandlung. Zusätzlich wurde eine Reduktion des Juckreizes und eine Verbesserung der Lebensqualität beobachtet. Die Therapie war gut verträglich.
Fazit
Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass die gezielte Modulation der IL-17/IL-23-Achse eine vielversprechende Therapieoption ist, insbesondere wenn eine konventionelle Behandlung nicht anspricht. „Wir konnten zeigen, dass die Zielrichtung auf die IL-17/IL-23-Achse in einer Fallserie von drei DD-Betroffenen eine effektive und sichere Therapie ist“, so Hötzenecker. Eine Einschränkung der Studie ist die kleine Fallzahl mit nur drei Betroffenen. Allerdings sei es aufgrund der kleinen Patientenpopulation nahezu unmöglich, klinische Studien durchzuführen und somit Medikamente zugelassen zu bekommen, erklärte Hötzenecker abschließend bei der Pressekonferenz.2 „Unser Ziel muss es dennoch sein, durch eine individuelle Analyse der Haut von Patientinnen und Patienten mit seltenen Hauterkrankungen personalisierte und passgenaue Behandlungsmöglichkeiten zu finden.“
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2 „Neues aus der Dermatologischen Forschung in Österreich“, Pressekonferenz der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Venerologie (ÖGDV), Wien, 1.2.24