Österreich als Pionier bei der HPV-Impfung
Die Zahlen sprechen für sich: Bei frühzeitig geimpften Frauen geht die Rate der invasiven Zervixkarzinome gegen null. Österreich hat bereits 2007 – als erstes Land weltweit – eine geschlechtsneutrale Empfehlung für die HPV-Impfung ausgesprochen. Ziel ist es, alle Mädchen und Buben bereits in der 4. Schulstufe zu impfen.
„Ich freue mich, heuer einen durchaus optimistischen Vortrag zum Thema HPV halten zu dürfen“, erklärte Univ.-Prof. Dr. Elmar A. Joura, Universitätsklinik für Frauenheilkunde, Abteilung für Gynäkologie und gynäkologische Onkologie, beim Österreichischen Impftag 2024.
Der erste „Riesen“Erfolg der Impfung konnte in Australien verzeichnet werden, wo das Impfprogramm von Anfang an sehr breit ausgerollt worden war: Dort kam es innerhalb kurzer Zeit nach Einführung des Impfprogramms zu einer nahezu vollständigen Eliminierung der Genitalwarzen. „Genitalwarzen sind ein guter Marker für die Wirkung der Impfung, da zwischen Infektion und Ausbruch der Erkrankung nur wenige Monate liegen“, erklärte Joura. Im Gegensatz dazu dauert es bei Krebserkrankungen viele Jahre bis Jahrzehnte, bis der Effekt einer Impfung zu sehen ist. Nach über 20 Jahren Erfahrung mit der HPV-Impfung könne man heute aber auch dazu Daten liefern: Invasive Fälle von Gebärmutterhalskrebs bei jungen Frauen werden zu 90% durch die HPV-Impfung verhindert, wie eine große Register-Studie aus Schweden* gezeigt hat. Dabei kristallisierte sich heraus: Bei jungen ungeimpften Frauen steigt die Rate an invasiven Karzinomen ab dem 25. Lebensjahr deutlich an. Bei frühzeitig – das heißt vor dem 17. Lebensjahr – geimpften Frauen liegt die Kurve nahezu bei null. Impft man später, liegt die Wirksamkeit immer noch bei 50%. „Das heißt, es macht auch Sinn zu impfen, wenn man den optimalen Zeitpunkt verpasst hat“, so der Experte, der im Rahmen des Comprehensive Cancer Center Wien in der Subunit Gynäkoonkologie tätig ist. „Aber man kann es nicht oft genug betonen: Der optimale Zeitpunkt für die HPV-Impfung ist so früh möglich!“
Mit 2 Stichen 6 Karzinome verhindern
Ähnliche Ergebnisse zur Verhinderung von invasiven Zervixkarzinomen durch die Impfung kamen aus Dänemark und England. Das ist aber nicht alles: Insgesamt habe die HPV-Impfung das Potenzial, sechs verschiedene Karzinome zu verhindern, betonte Joura. Man denke an Vulva-, Vagina-, Anal- und Peniskarzinome sowie die vor allem in den USA stark zunehmenden oropharyngealen Karzinome bei Männern. Dass sich auch dieser Trend durch die HPV-Impfung umkehren werde, sei die große Hoffnung.
Angesichts dieser Daten ist es Ziel der Europäischen Union (Europe’s Beating Cancer Plan), die Durchimpfungsrate deutlich zu erhöhen – bei Mädchen wie bei Buben. Österreich gilt auch diesbezüglich als Pionierland, denn es hat bereits 2007 – als erstes Land weltweit – eine geschlechtsneutrale Empfehlung für die HPV-Impfung ausgesprochen. Seit 2014 sieht der Österreichische Impfplan vor, dass in der 4. Schulstufe alle Mädchen und Buben geimpft werden. Als „Meilenstein“ bezeichnet Joura, dass seit Februar 2023 die Impfung für alle vom 9. bis zum 21. Geburtstag kostenlos ist. Es gilt das Datum der ersten Impfung. „Idealerweise sollte die HPV-Impfung in der Schule stattfinden“, präzisiert Joura und appelliert sogleich an die Pädiater, den Impfstatus der kleinen Patientinnen und Patienten im Auge zu behalten, da die Umsetzung aufgrund des Föderalismus und anderer struktureller Umstände nicht ganz so einfach sei.
Catch-up-Programm bis 21
Weiters wies der ausgewiesene HPV-Experte auf das Catch-up-Impfprogramm hin, dessen Umsetzung den öffentlichen Gesundheitsämtern und den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten obliegt. Auch das Verteidigungsministerium habe Verantwortung übernommen und informiert Wehrpflichtige zwischen 17 und 18 Jahren im Rahmen der Musterung. „Das ist die letzte Möglichkeit, wo wir diese jungen Männer erreichen.“
Wichtig ist die Information, dass bis zum 21. Geburtstag nur noch 2 Dosen im Abstand von 6– 12 Monaten notwendig sind, ab dem 21. Geburtstag sind es 3 Dosen. Neu ist auch, dass die Kassen die Kosten für die Impfung bei Frauen bis 45 übernehmen, wenn sie sich einer Konisation unterziehen mussten. „Damit reduzieren wir das Risiko für ein Rezidiv um 60%“, nennt Joura ein schlagendes Argument.
Im Westen viel Neues
Interessant ist die Tatsache, dass die Durchimpfungsrate im Westen Österreichs deutlich besser ist als im Osten. Wien liegt in Sachen HPV-Impfung in der Mitte. Bundesweit wurde eine Durchimpfungsrate von 50% erreicht, im Westen erreicht sie zum Teil bis zu 70%. Am besten sind die Zahlen bei den 14-Jährigen, was Jouras Empfinden nach relativ spät ist. „Hier ist zu hoffen, dass wir uns in Zukunft – wie vom Impfplan vorgesehen – noch mehr in Richtung 4. Klasse Volkschule bewegen.“ Dennoch zeigt sich der Gynäkologe optimistisch: „Es geht bergauf. In allen Bundesländern sind Steigerungen der Durchimpfungsrate zu sehen. Wir sind auf einem guten Weg!“
*Lei J et al. N Engl J Med 2020; 383: 1340-1348; doi: 10.1056/NEJMoa1917338
Österreichischer Impftag 2024, Wien, 20.1.2024