22. Okt. 2025Österreichische Gesellschaft für Pneumologie

COPD: Krankheitsschübe gefährlicher als Herzinfarkt

Neue Therapieoptionen mit Biologika eröffnen Chancen zur Reduktion akuter Krankheitsschübe – Betroffene profitieren von zunehmend maßgeschneiderter Behandlung.

Erwachsene und Kinder Hände halten Lunge, Welt-Tuberkulose-TB-Tag, w
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Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) zählt weltweit zu den häufigsten und auch folgenschwersten Erkrankungen. Auch in Österreich sind etwa 400.000 Menschen betroffen, viele von ihnen ohne gesicherte Diagnose, wissen also gar nicht, dass sie an COPD leiden.
Besonders problematisch sind bei dieser chronischen Lungenerkrankung akute, schubweise und oft dramatisch verlaufende Verschlechterungen, sogenannte Exazerbationen. Sie beschleunigen das Fortschreiten der Erkrankung, führen zu bleibenden Schäden an der Lunge und bedeuten für Betroffene eine drastische Einbuße an Lebensqualität. Häufig sind Krankenhausaufenthalte erforderlich. Zudem zeigen Studiendaten, dass eine COPD-Exazerbation sich auf die Überlebenswahrscheinlichkeit negativer auswirkt als ein Herzinfarkt.
Behandlung und Management von Exazerbationen bedeuten aber nicht nur für Betroffene, sondern auch für das Gesundheitssystem eine große Belastung. „Die Prävention von Exazerbationen ist daher eines der zentralen Ziele in der COPD-Behandlung, jede Reduktion ist hier bedeutsam“, betont Prim. Univ.-Prof. Dr. Bernd Lamprecht, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, ÖGP, im Rahmen des Jahreskongresses der Gesellschaft. Nun halten neue Therapieoptionen mit Biologika Einzug in die Behandlung der COPD und eröffnen Chancen auf eine günstige Beeinflussung der Exazerbationsfrequenz.

Exazerbationen: Wendepunkte im Krankheitsverlauf

Eine Exazerbation kann durch Infekte, Luftschadstoffe oder auch durch mangelnde Therapietreue ausgelöst werden. Sie geht mit verstärkter Atemnot, schwerem Husten und vermehrtem Auswurf einher. „Jede Exazerbation kann einen dauerhaften Verlust an Lungenfunktion nach sich ziehen“, erklärt Prof. Lamprecht, Vorstand der Universitätsklinik für Innere Medizin mit Schwerpunkt Pneumologie am Kepler Universitätsklinikum. „Zudem steigt das Risiko für weitere Schübe und für akute Herz- und Kreislauferkrankungen – es entsteht ein Teufelskreis, der das Leben der Patientinnen und Patienten zunehmend einschränkt.“
Neben dem persönlichen Leid bedeuten Exazerbationen auch eine erhebliche Belastung für das Gesundheitssystem: Krankenhausaufenthalte, medikamentöse Intensivtherapien und Rehabilitationsmaßnahmen führen zu hohen Kosten. Umso wichtiger ist es, frühzeitig gegenzusteuern.

Neue Perspektiven: Biologika bei COPD

Ein wichtiger Fortschritt zeichnet sich derzeit durch die Einführung von Biologika in der COPD-Therapie ab. Diese gezielt wirkenden Antikörpertherapien, die sich bereits bei schwerem Asthma bewährt haben, greifen in spezifische Entzündungsmechanismen der COPD ein, die zu einer unumkehrbaren Schädigung von Lungengewebe und Symptomen wie Atemnot führen.
„Biologika eröffnen neue Möglichkeiten, insbesondere bei Patienten und Patientinnen mit häufigen Exazerbationen und eosinophiler Entzündungsaktivität“, zeigt sich Lamprecht erfreut. „Erste Studien zeigen, dass diese Medikamente die Exazerbationsfrequenz deutlich senken können – und damit die Stabilität und Lebensqualität der Betroffenen verbessern.“ Und das Arsenal an Biologika wird stetig erweitert und erlaubt zunehmend die präzise Blockade einzelner Entzündungspfade, wie beispielsweise die monoklonalen Antikörper Anti-IL-5, Anti-TSLP, Anti-IL-33 oder Anti-ST2.
„Die Zukunft der COPD-Behandlung liegt in der präzisen Zuordnung von Therapieformen zu Patientenprofilen – mit dem klaren Ziel, Exazerbationen und mit ihnen verbundene Komplikationen zu vermeiden sowie die Krankheitsprogression zu bremsen“, unterstreicht Lamprecht.

Patientinnen und Patienten-Profiling

Lamprecht: „Menschen, die an COPD leiden, haben zwar dieselben Symptome, aber unterschiedliche Ausprägungsformen der Erkrankung. Und genau diese gilt es zu erkennen, damit die ‚richtige Therapie‘ bei der ‚richtigen Ausprägung‘ zum Einsatz kommt. Dazu kann auch die Beurteilung von Biomarkern einen Beitrag leisten: Eosinophilenkonzentration, exhaliertes Stickoxid (FENO) oder das Verhältnis von Neutrophilen zu Lymphozyten spielen eine bedeutsame Rolle. Dank einer besseren Kenntnis der verschiedenen Ausprägungsformen der COPD, neuer Erkenntnisse und eines tieferen Verständnisses der komplexen Zusammenhänge dieser Erkrankung sowie moderner diagnostischer Möglichkeiten gelingt dieses ‚Patienten-Profiling‘ also immer besser.“

Prävention als Schlüssel zur Stabilität

Moderne COPD-Therapie zielt also nicht nur auf Symptomkontrolle ab, sondern auch auf die Vermeidung von Exazerbationen. Und dabei spielen, neben individuellen medikamentösen Kombinationstherapien mit inhalativen Bronchodilatatoren (LABA/LAMA) und gegebenenfalls inhalativen Kortikosteroiden (ICS) und der Gabe von Biologika noch weitere Faktoren eine entscheidende Rolle: ein Rauchstopp, körperliche Aktivität, die Behandlung von Begleiterkrankungen und Patientinnen- und Patientenschulungen. „Je besser Betroffene ihre Erkrankung verstehen und aktiv mitwirken, desto geringer ist das Risiko für Exazerbationen“, führt Lamprecht aus.

Früherkennung und kontinuierliche Betreuung

Neben der medikamentösen Therapie bleibt die Früherkennung von COPD essenziell. Viele Menschen bemerken die Symptome erst, wenn die Erkrankung bereits fortgeschritten ist. Regelmäßige Lungenfunktionsmessungen bei Risikopersonen – insbesondere aktive Raucherinnen wie Raucher und ehemalige Raucherinnen wie Raucher über 40 Jahre – können helfen, COPD frühzeitig zu erkennen.
Ebenso wichtig ist eine strukturierte Langzeitbetreuung: Hausärztinnen und Hausärzte, Pneumologinnen und Pneumologen, wie spezialisierte COPD-Ambulanzen arbeiten Hand in Hand, um Exazerbationen vorzubeugen und rechtzeitig gegenzusteuern.
„Jede verhinderte Exazerbation ist ein Erfolg – für den einzelnen Betroffenen ebenso wie für die Gesellschaft“, fasst Lamprecht zusammen. „COPD ist behandelbar – wenn wir rechtzeitig handeln und alle verfügbaren Möglichkeiten ausschöpfen.“
Abschließend betonte Lamprecht nochmals die Wichtigkeit der Prävention: „An erster Stelle steht natürlich der Rauchstopp, denn die Mehrzahl aller COPD-Patienten sind aktive oder ehemalige Raucher. An zweiter Stelle aber stehen weitere Maßnahmen wie Schutzimpfungen – und jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, sich gegen Covid, Influenza und Pneumokokken impfen zu lassen.“

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