PTBS: Psychotherapie ist wirksamer als Medikamente
Psychotherapie zeigt bei posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) bemerkenswerte Erfolge und übertrifft die Pharmakotherapie deutlich. Besonders traumafokussierte Ansätze erweisen sich in Metaanalysen als hochwirksam.

"Es gibt eine große Auswahl an effektiven Interventionen, aus denen Therapeuten die für sie passenden wählen können", erklärte Prof. Dr. Regina Steil vom Institut für Psychologie und Zentrum für Psychotherapie der Goethe-Universität Frankfurt.
Die Behandlung von PTBS lohnt sich besonders, da sie meist deutliche Verbesserungen der Lebensqualität bewirkt – nicht nur bis zum Therapieende, sondern oft darüber hinaus. Metaanalysen zeigen, dass Psychotherapie bei PTBS größere Effekte erzielt als bei anderen psychiatrischen Störungen. Auch im Vergleich zur Pharmakotherapie schneidet sie signifikant besser ab, obwohl direkte Vergleichsstudien noch selten sind.
Langfristige Wirksamkeit der Psychotherapie bei PTBS noch wenig erforscht
Prof. Steil stellte drei besonders wirksame Therapieansätze vor:
Forschungslücke bei Langzeitwirkung der Psychotherapie bei PTBS
Prof. Steil stellte drei besonders wirksame Therapieansätze vor:
- Traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie (TF-KVT): Ein Sammelbegriff für evidenzbasierte Methoden mit hoher Effektstärke.
- EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing): Diese international verbreitete Methode verarbeitet traumatische Erinnerungen durch bilaterale Stimulation, etwa Augenbewegungen, und zeigt ähnlich hohe Effektstärken wie TF-KVT.
- Nicht-traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie (Non-TF-KVT): Zwar weniger wirksam als die beiden anderen Ansätze, aber in klinischen Settings oder bei Zeitdruck eine sinnvolle Alternative.
Eine Netzwerk-Metaanalyse (1) von 98 randomisierten Studien mit 5.567 Patienten verglich verschiedene Therapieformen mit keiner Behandlung. Die PTBS-Symptome reduzierten sich signifikant, wobei folgende Ansätze (nach Effektivität geordnet) am besten abschnitten:
- Cognitive Processing Therapy (CPT),
- EMDR,
- kognitive Therapie,
- narrative Expositionstherapie,
- prolongierte Exposition,
- kognitive Verhaltenstherapie und
- Present Centered Therapy.
CPT, EMDR und kognitive Therapie erzielten die besten Ergebnisse. Auch die narrative Expositionstherapie zeigte gute Resultate, so Prof. Steil.
Langzeitdaten fehlen jedoch oft: Nur sieben von 89 Studien untersuchten Effekte über fünf Monate hinaus, und diese fielen schwächer aus als die kurzfristigen Ergebnisse.
Laut der Netzwerk-Metaanalyse bewirkten CPT und EMDR dennoch signifikante Langzeiteffekte. Studien zur komplexen PTBS (kPTBS) sind bisher rar. «Hier ist das Feld noch ungeordnet, wir warten auf neue Erkenntnisse», ergänzte Prof. Steil.
Einzeltherapie schneidet besser ab
Ein systematisches Review (2) zeigt: Einzeltherapie ist Gruppentherapie deutlich überlegen. Dennoch erzielt Gruppentherapie, vor allem bei CPT, gute Ergebnisse. Traumafokussierung sollte, wenn möglich, im Zentrum der Behandlung stehen, da sie in allen bisherigen Metaanalysen effektiver ist als nicht-traumafokussierte Ansätze. «Alle Leitlinien empfehlen traumafokussierte Psychotherapie als Methode der Wahl», betonte Prof. Steil. Der Fokus liegt dabei auf der Verarbeitung traumatischer Erinnerungen und ihrer Bedeutung.
In weiteren Metaanalysen konnten verschiedene Faktoren identifiziert werden, die ein schlechteres Ansprechen auf eine psychotherapeutische Intervention voraussagen: Mehr Traumata und Lebensjahre, dysfunktionale Kognition, Ärger, weniger soziale Unterstützung und eine geringere Lebensqualität. Diese Faktoren prädizieren für schlechtere Therapieergebnisse, wie Prof. Steil erklärt.
Weitere Faktoren sind männliches Geschlecht und komorbide Störungen wie Schlafprobleme, Depression, Schmerzstörungen, Alkoholabusus. Aber auch Personen nicht europäischer Herkunft haben tendenziell schlechtere Therapieergebnisse.
Abschließend betonte die Expertin, dass die Chance für den frühen Beginn einer traumafokussierten Psychotherapie bereits im stationären Setting genutzt werden sollte.
- Yunitri N et al. Comparative effectiveness of psychotherapies in adults with posttraumatic stress disorder: a network meta-analysis of randomised controlled trials. Psychol Med. 2023 Oct;53(13):6376-6388. doi: 10.1017/S0033291722003737.
- Lewis C et al. Dropout from psychological therapies for post-traumatic stress disorder (PTSD) in adults: systematic review and meta-analysis. Eur J Psychotraumatol. 2020 Mar 9;11(1):1709709. doi: 10.1080/20008198.2019.1709709.