28. Apr. 2025Serie: Evidenz in der Allgemeinmedizin

Antidepressiva bei generalisierter Angststörung

Ein aktueller Cochrane-Review bestätigt die Wirksamkeit von Antidepressiva bei generalisierter Angststörung. Doch Nebenwirkungen bleiben ein Faktor.

Medizinisches Fachpersonal, das Antidepressiva einnimmt und pharmazeutische Interventionen zur Behandlung von Depressionen
Abbildung: Newleks/stock.adobe.com

Die generalisierte Angststörung (GAD) ist eine weit verbreitete psychische Erkrankung. Es stehen verschiedene psychotherapeutische Ansätze zur Verfügung, aber auch pharmakologische Therapien.

Dazu zählt der Einsatz von Antidepressiva, zum Beispiel selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI).

Minderung der Angstsymptome

Ein breit angelegter Cochrane-Review lieferte kürzlich fundierte Einschätzungen zur Wirksamkeit von Antidepressiva und hat deren Effekte mit Placebo-Mitteln verglichen: Demnach ist laut aktueller Studienlage gut belegt, dass viele Patientinnen und Patienten mit einer generalisierten Angststörung von einer solchen medikamentösen Behandlung profitieren.

Mit einem Antidepressivum erleben rund 559 von 1.000 Personen eine Reduktion um mindestens 50 Prozent auf der Hamilton-Angst-Skala (HAM-A). Mit Placebo sind es ungefähr 396 von 1.000 Personen (relatives Risiko RR 1,41; 95 %-Konfidenzintervall KI 1,29–1,55; hohe Vertrauenswürdigkeit der Evidenz).

Diese Einschätzung beruht auf 20 randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) mit 7 267 Teilnehmenden und gilt als gut abgesichert. Die Nachbeobachtungszeit lag zwischen sechs und 24 Wochen.

Nebenwirkungen führen zu Abbruch der Therapie

In Bezug auf die Akzeptanz sind Antidepressiva mit Placebo insgesamt etwa gleich auf – bei beiden ist das Risiko eines vorzeitigen Abbruchs der Einnahme ähnlich hoch (RR 1,03; 95 %-KI 0,93–1,14; 33 RCTs mit 11 294 Teilnehmenden; hohe Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Allerdings führen Antidepressiva seltener zu Abbrüchen aufgrund mangelnder Wirksamkeit (RR 0,41; 95 %-KI 0,33–0,50, 29 RCTs mit 11 007 Teilnehmenden; hohe Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Weil Antidepressiva weniger gut verträglich als Placebos sind, kommt es häufiger zu Abbrüchen aufgrund von Nebenwirkungen (RR 2,18; 95 %-KI 1,81– 2,61, 32 RCTs mit 11 793 Teilnehmenden; hohe Vertrauenswürdigkeit der Evidenz).

Die systematische Übersichtsarbeit ist Ende Jänner 2025 erschienen. Sie wurde von einem achtköpfigen interdisziplinären Team an kanadischen und italienischen Universitäten durchgeführt. Die Analyse umfasst 37 randomisiert-kontrollierte und doppelt verblindete Studien mit insgesamt 12 226 erwachsenen Teilnehmenden. Sie alle hatten eine mittelschwer bis schwer ausgeprägte GAD als primäre Diagnose, aber keine schwerwiegenden Komorbiditäten.

In den eingeschlossenen Studien kamen neun Antidepressiva zum Einsatz, beispielsweise Venlafaxin, Duloxetin, Escitalopram oder Paroxetin. Immer gab es den Vergleich zu einer Placebogruppe. Die Studiendauer reichte von vier bis 28 Wochen; Durchführungsländer waren u.a. China, Japan, Griechenland, Großbritannien und die USA. Künftige Übersichtsarbeiten, so das Autorenteam, sollten auch Personen mit Komorbiditäten einbeziehen, um Aussagen über weitere Bevölkerungsgruppen treffen zu können.

Zahlreiche Analysen mit einzelnen Antidepressiva oder zu separaten Nebenwirkungen etc. finden Sie hier: Kopcalic K et al. Antidepressants versus placebo for generalised anxiety disorder (GAD). Cochrane Database of Systematic Reviews 2025, Issue 1. Art. No.: CD012942. doi: 10.1002/14651858.CD012942.pub2

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