25. März 2025Interstitielle Lungenerkrankungen

ILD: Der Weg zur personalisierten Therapie

Interstitielle Lungenerkrankungen (ILD) sind für Pneumologinnen und Pneumologen weiterhin eine diagnostische und therapeutische Herausforderung. Biomarker und Phänotypisierung gewinnen zunehmend an Bedeutung und könnten in Zukunft personalisierte Therapien ermöglichen.

OA Priv.-Doz. Dr. David Lang, Kepler Universitätsklinikum Linz
Foto: Kepler Universitätsklinikum Linz

OA Priv.-Doz. Dr. David Lang, Kepler Universitätsklinikum Linz

Obwohl viele der Erkrankungen aus der Gruppe der ILD als selten gelten, ergeben aktuelle Daten, dass sie in der klinischen Praxis häufiger auftreten als bisher angenommen, berichtet OA Priv.-Doz. Dr. David Lang von der Universitätsklinik für Innere Medizin 4 – Pneumologie, Kepler Universitätsklinikum Linz: „Die Zebra-Safari der interstitiellen Lungenerkrankungen zeigt uns, dass diese Erkrankungen gar nicht so selten sind, wie wir oft denken.“

Früherkennung wesentlich für die Prognose

Besonders die idiopathische pulmonale Fibrose (IPF) und die progressive pulmonale Fibrose (PPF) stehen im Fokus der aktuellen Forschung, da sie mit einer schlechten Prognose einhergehen.

Wichtig ist die Früherkennung mittels Screening und Biomarker-Analysen. Dabei, so Doz. Lang, sind die radiologischen „hallmarks of fibrosis“ zu beachten:

  • Retikuläre Veränderungen: Netzartige, meist subpleurale Verdichtungen.
  • Traktionsbronchiektasen: Erweiterte Bronchien infolge der Lungenretraktion.
  • Honeycombing: Honigwaben-artige Zysten.
  • Volumsreduktion
  • Das UIP-Muster (Usual Interstitial Pneumonia) ist selbst keine Diagnose, sondern ein prognostisch ungünstiges Muster, das bei verschiedenen Erkrankungen auftreten kann.

Phänotypisierung mit Hilfe von KI

Die Phänotypisierung gewinnt auch bei den ILD zunehmend an Bedeutung. KI-gestützte Proteinanalysen haben bereits zwei Endotypen der IPF identifiziert – dies könnte den Weg zu einer individuelleren Therapie ebnen, ist Doz. Lang überzeugt.

Anhand eines Fallbeispiels verdeutlicht der Linzer Pneumologe die diagnostischen Herausforderungen: Eine 69-jährige sportlich aktive Patientin klagte über zunehmende Belastungsdyspnoe. Die Symptome würden bereits seit fünf Jahren bestehen. Zusätzlich leide sie unter trockenen Reizhusten. Beim Bergsteigen bemerkte sie zunächst nur leichte Einschränkungen, doch in den letzten sechs Monaten habe sich ihr Zustand deutlich verschlechtert.
Weiters traten diffuse Gelenkschmerzen auf, insbesondere in den großen Gelenken. Ihr Hausarzt verordnete ihr wiederholt Kortison, woraufhin sich die Symptome jeweils besserten. Hinzu komme Nachtschweiß und in den letzten zwei Monaten Gewichtsverlust.

Der initiale Lungenfunktionstest war weitgehend normal, mit einer leichten Restriktion (FVC: 78%, TLC: 81%, KCO: 84%). Unter Belastung zeigte sich jedoch eine suboptimale Sauerstoffsättigung von 82%.

Ein hochauflösendes CT ergab retikuläre Veränderungen mit Honeycombing in den basalen Lungenabschnitten sowie das sogenannte Straight-Edge-Zeichen: Die interstitiellen Veränderungen waren auf die unteren Lungenbereiche beschränkt, während der restliche Lungenanteil unauffällig blieb. „Dieser Befund veranlasste uns, gezielt nach einer rheumatoiden Arthritis zu suchen“, berichtet Doz. Lang.

Zur strukturierten Abklärung wurde ein Standardlabor durchgeführt, das bis auf ein leicht erhöhtes CRP unauffällig war. Allerdings zeigte die Autoantikörperdiagnostik einen erhöhten Rheumafaktor und stark erhöhte CCP-Antikörper. Zudem wurde ein leicht erhöhter ANCA-Titer festgestellt, jedoch ohne spezifische Relevanz.

Rheumatoide-Arthritis-assoziierte ILD mit UIP-Muster (RA-UIP)

Nach interdisziplinärer Diskussion wurde die Verdachtsdiagnose einer rheumatoide-Arthritis-assoziierten ILD mit UIP-Muster (RA-UIP) bestätigt. „Die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen den Fachdisziplinen war für die korrekte Diagnosestellung essenziell “, unterstreicht Doz. Lang.

Die RA-UIP hat eine schlechte Prognose. Bisherige Behandlungsansätze umfassen eine Kombination aus Immunsuppression und antifibrotischen Therapien. Patientinnen und Patienten mit progredienter Erkrankung benötigen oft eine Eskalation der Therapie. „Das Beispiel aus unserer Klinik verdeutlicht, dass ein Teil der RA-ILD-Betroffenen trotz aller verfügbaren Therapien eine fortschreitende Fibrose erleidet und teils sogar eine Lungentransplantation benötigt. Die Kaplan-Meier-Kurven zeigen uns, dass progredient vernarbend verlaufende nicht-idiopathische progrediente ILDs eine ähnlich schlechte Prognose wie die idiopathische Lungenfibrose (IPF) haben. Das 5-Jahres-Überleben in einem deutschen Register entsprach in etwa dem eines Stadium-IV-Bronchialkarzinoms“, so Doz. Lang. Das mediane Überleben beträgt lediglich ca. 3–4 Jahre. (1, 2)

Bewährtes und neue Ansätze

Seit über einem Jahrzehnt sind zwei antifibrotische Medikamente zur Behandlung der IPF zugelassen: Pirfenidon und Nintedanib. „Beide reduzieren die Progression um etwa 50%, können die Erkrankung jedoch nicht aufhalten oder heilen“, erinnert Doz. Lang. Nebenwirkungen und mangelnde Alternativen stellen nach wie vor eine Herausforderung dar.

ILD-Klassifikation

Die Guideline (3) sieht für die ILD neben der idiopathischen Lungenfibrose (IPF) fünf Subgruppen vor:

  • Idiopathische interstitielle
  • Pneumonien (IIP)
  • Autoimmunassoziierte ILD
  • Expositionsassoziierte ILD
  • (z. B. Asbestose, Silikose,
  • exogen allergische Alveolitis etc.)
  • Seltene ILD
  • (z. B. zystische Lungenerkrankungen, genetisch bedingte ILD etc.)
  • Sarkoidose (mittlerweile eigene
  • Entität innerhalb der ILD)

Dennoch gibt es neue Ansätze: Mehrere vielversprechende Phase-III-Studien laufen, darunter mit Nerandomilast (PDE4B-Inhibitor) und Admilparant (LPA1-Antagonist). Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass 2025 neue Therapieoptionen verfügbar sein könnten, meint Doz. Lang.

Begleitmaßnahmen immer in Betracht ziehen!

Da eine kausale Heilung bislang nicht möglich ist, spielen unterstützende Maßnahmen eine wichtige Rolle, betont Doz. Lang. „Wir dürfen nicht vergessen, dass auch symptomatische Behandlungen wie niedrig dosiertes Morphin zur Hustenlinderung oder diätologische Betreuung die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten erheblich verbessern können.“

Darüber hinaus sind Impfungen gegen Influenza und RSV wichtige präventive Maßnahmen, um Exazerbationen zu vermeiden.

Studien zeigen, dass auch strukturierte Bewegungstherapie und psychosoziale Unterstützung essenziell für das Management von ILD-Betroffenen sind.

Fazit

  • ILD bleiben eine diagnostische und therapeutische Herausforderung.
  • Die derzeit zugelassenen antifibrotischen Therapien können die Progression verlangsamen.
  • Neue Medikamente sind in Entwicklung.
  • Biomarker und Phänotypisierung gewinnen zunehmend an Bedeutung und könnten in Zukunft personalisierte Therapieansätze ermöglichen. „Die ILD-Therapie der Zukunft wird individualisierter sein – ein gezielter Einsatz antifibrotischer oder immunmodulatorischer Therapien ist denkbar“, prognostiziert Doz. Lang abschließend. Bis dahin bleibe die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Schlüssel für eine optimale Patientenversorgung.

Quelle: „Interstitielle Lungenerkrankungen“, Vortrag im Rahmen der 12. Pneumo Aktuell der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP), Wien, 25.1.25

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin CliniCum pneumo