Influenza und Vogelgrippe: Was uns diese Saison erwartet
Auch dieses Jahr wird es eine Influenza-Saison geben, die Beobachtungen aus Australien zufolge auch eher stark ausfallen dürfte. Wie immer hilft eine gute Impfstrategie. Gleichzeitig gibt es Risiken durch die „Vogelgrippe“ H5N1 und andere Zoonosen, die nicht aus den Augen verloren werden dürfen.
Die vergangenen Jahre haben deutlich gezeigt, wie eng globale Gesundheitsmaßnahmen, Virusdynamiken und Impfstrategien miteinander verbunden sind.
Wie Covid-19 die Influenza beeinflusste
So fiel die Influenza-Saison in den Jahren 2020/2021 und 2021/2022 durch die Covid-19-Pandemie und die mit ihr verbundenen Kontaktbeschränkungen fast vollständig aus.
2022/2023 brachte jedoch die erwartete Rückkehr der Influenza, mit einer vergleichsweise starken Saison. Das lag daran, dass durch die zwei ausgefallenen Grippesaisonen die natürliche Immunität in der Bevölkerung abgenommen hatte.
Die zirkulierenden Influenza A-H3N2 und Influenza B belasteten dabei besonders ältere Menschen und Risikogruppen schwer.
Influenza: Ein Virus im Überblick
Es gibt unterschiedliche humanpathogene Influenza-Viren:
- A(H3N2)
- A(H1N1)pdm09 („Schweinegrippe“)
- B/Victoria
- B/Yamagata (offenbar seit 2020 ausgerottet)
Eine eher überraschende Folge der Pandemie-Maßnahmen war, dass diese offenbar zur Ausrottung des B/Yamagata-Virus geführt haben dürften: Seit 2020 wird dieser Stamm nicht mehr nachgewiesen.
Künftig kann damit möglicherweise auf Vierfach-Impfstoffe verzichtet werden – die Dreifach-Impfstoffe, die nur noch gegen die Stämme H1, H3 und B/Victoria schützen, könnten ausreichen. Das vereinfacht die Impfstoffproduktion und reduziert potenzielle Nebenwirkungen durch unnötige Bestandteile.
Starke Influenza-A-Welle im Anmarsch?
Ein Blick nach Australien zeigt, dass in der Saison 2024/2025 eine starke Influenza-Welle auf uns zukommen könnte. Hintergrund ist, dass der dominante Stamm H3N2 im letzten Jahr kaum zirkulierte, was zu einer geringeren Immunität in der Bevölkerung geführt hat.
Seit Anfang Oktober gibt es auch in Österreich die ersten regional erworbenen Grippe-Fälle.
Aktuell wird die Bevölkerung daher über Impfungen informiert, die insbesondere für Risikogruppen entscheidend sind. Auch die Überwachung von Virusveränderungen durch das österreichische Influenza-Sentinel-Netzwerk bleibt zentral.
Aktuelle Impfempfehlungen
Angriffspunkt für die Impfungen gegen Influenza sind die beiden Oberflächenproteine Hämagglutinin und Neuraminidase. Diese verändern sich dabei durch den sogenannten Antigendrift ständig – dadurch müssen die Impfstoffe jährlich angepasst werden. Bei allen verfügbaren Impfungen handelt es sich um aktive Immunisierungen.
Je nach Alters- und Risikogruppe sollten unterschiedliche Impfstofftypen bevorzugt eingesetzt werden:
- Kinder (6 Monate bis 2 Jahre): Totimpfstoffe (Spalt- oder Subunit-Vakzine)
- Kinder (2 bis 18 Jahre): Attenuierter Lebendimpfstoff als Nasenspray
- Erwachsene bis 60 Jahre: Totimpfstoffe (Spalt- oder Subunit-Vakzine)
- Personen ab 60 Jahren und Risikogruppen: Hochdosis- oder adjuvantierte Impfstoffe, die eine stärkere Immunantwort erzeugen
- Schwangere: Eine besondere Risikogruppe, die ebenfalls Spalt- oder Subunit-Impfstoffe erhalten sollte
Wachsende Beunruhigung durch Ausbreitung der „Vogelgrippe“
Neben der saisonalen Influenza sorgt derzeit auch die „Vogelgrippe“ H5N1 für Schlagzeilen. Das Influenza-A-Virus H5N1 ist bereits seit 1995 bekannt und infizierte über seine Hauptwirte, die Vögel, auch in der Vergangenheit immer wieder einzelne Menschen.
Allerdings hat sich das H5N1-Virus in den vergangenen Jahren deutlich verändert. Dazu gehört etwa, dass sich die Klade 2.3.4.4.b innerhalb der vormals sehr diversen H5N1-Familie durchgesetzt hat. Sie ist mittlerweile in der gesamten Vogelwelt dominant und hat während der Covid-19-Pandemie eine weltweite aviäre Influenza-Pandemie verursacht. Diese führte zu Erkrankungen von Vögeln selbst in entlegensten Regionen, darunter auch in der Antarktis.
Besonders alarmierend ist außerdem, dass die Vogelgrippe mittlerweile nicht mehr nur gelegentlich einzelne Säugetiere befällt: Auch Übertragungen von Säugetier und Säugetier werden beobachtet. In Nordamerika löschte das Virus etwa bereits ganze Robbenkolonien und Delfinschulen aus.
Übertragung auf Kühe bedeutet Übertragung auf den Menschen
Seit kurzem wird H5N1 erstmals auch in Kühen nachgewiesen. Diese Entwicklung erfordert besondere Aufmerksamkeit. Vor allem in den USA entwickelt sich die zoonotische Übertragung auf Mitarbeitende in der Milchindustrie zu einem wachsenden Problem. Das Virus wird dabei durch Kontakt der Milch mit den Augen der Mitarbeitenden übertragen, die die Melkmaschinen bedienen. Bislang sind jedoch keine Mensch-zu-Mensch-Übertragungen bekannt.
Experten mahnen dennoch zur Vorsicht. Denn ein pandemischer humanpathogener Virusstamm könnte sich jederzeit durch sogenannte Antigenshifts bilden, bei denen das Erbmaterial aus tierischen und menschlichen Viren sich vermischt.
Österreichs Überwachungssysteme im Einsatz
Um das Risiko solcher Entwicklungen zu minimieren, sind präventive Maßnahmen erforderlich. Dazu gehören die Impfung gegen die saisonale Influenza sowie die Schulung und regelmäßige Testung von Personen mit beruflichem Tierkontakt (z.B. Arbeiter in Geflügelbetrieben). Dadurch kann das Risiko für diese „Reverse-Zoonosen“, bei denen Menschen Viren auf Tiere übertragen, verringert werden.
In Österreich sind zudem umfassende Sentinel-Überwachungssysteme aktiv, bei denen bestätigte Influenza-Proben sequenziert werden, um Virus-Subtypen zu beobachten und deren Ausbreitungsmuster zu verfolgen. Dazu tragen auch Tierärzte und Tierpfleger bei, die bei Erkrankung ebenfalls Proben einsenden können. Diese Daten fließen in nationale und internationale Netzwerke ein.
Ing. Priv.-Doz. Dr. Monika Redlberger-Fritz ist Forschungsleiterin am Zentrum für Virologie der Medizinischen Universität Wien. Als Basis für diesen Beitrag diente ihr Vortrag „Influenza: Was wir diese Saison erwarten können“ beim FomF am 22.10.2024