An organisierende Pneumonie denken!
Die Symptome der organisierenden Pneumonie sind unspezifisch, deshalb ist die Diagnose entsprechend kniffelig. Doch der Aufwand lohnt sich, denn viele Patientinnen und Patienten sprechen gut auf Glukokortikoide an und die Prognose fällt deutlich besser aus als bei vielen anderen interstitiellen Lungenerkrankungen.
Mit einem Anteil von etwa 5–10% an allen interstitiellen Lungenerkrankungen ist die organisierende Pneumonie eher selten, schreiben Barbara Ruijs vom Stadtspital Triemli in Zürich et al. Diese aseptische Erkrankung, die früher Bronchiolitis obliterans mit organisierender Pneumonie genannt wurde, kann eine Folge von Medikamenteneinnahme (z.B. Amiodaron, Betablocker, Carbamazepin, Penicillin, Trastuzumab) oder Kokainkonsum sein. Zahlreiche Komorbiditäten werden mit der Erkrankung assoziiert, darunter Herzinsuffizienz, chronische Thyreoiditis, rheumatologische Erkrankungen, hämatologische Malignome, andere interstitielle Pneumonien sowie mikrobielle, parasitäre oder Pilzinfektionen. Auch im Zusammenhang mit einer Aspiration oder Bestrahlung ist die Erkrankung beschrieben. Häufig bleibt die Ursache allerdings unklar, man spricht dann von einer kryptogen organisierenden Pneumonie.
Pathophysiologische Grundlage der organisierenden Pneumonie ist eine intraalveoläre Schädigung der Typ-I-Alveolen. Aus bisher ungeklärten Gründen kommt es zu einer gestörten Gerinnung mit Fibrinablagerungen, die Immunzellen anlocken. Kollagen und Matrixproteine werden produziert und führen zur Knospung von Bindegewebe im Alveolarraum. In der Folge kommt es zum Remodeling, bei dem die Basalmembran jedoch intakt und die Lungenarchitektur grundsätzlich erhalten bleibt.
Die Symptome für eine organisierende Pneumonie sind überwiegend unspezifisch. Sie reichen von Belastungsdyspnoe, unproduktivem Husten, grippeähnlichen Symptomen, auskultatorischen Rasselgeräuschen und unspezifischen Entzündungszeichen im Blut bis hin zu radiologischen Veränderungen des Lungenparenchyms. Eine probatorische Antibiotikatherapie bleibt in der Regel erfolglos.
Langwierige interdisziplinäre Diagnostik
Nach Ausschluss einer infektiösen Genese folgt meist eine langwierige interdisziplinäre Diagnostik. Häufig fällt dabei eine restriktive Ventilationsstörung auf. Radiologische Befunde können im Verlauf in wechselnden Lokalisationen auftreten, sind meist peripher oder peribronchovaskulär gelegen und umfassen typischerweise die mittleren und basalen Lungenabschnitte. Oft zeigen sich reversibel erweiterte Bronchien, peribronchiale Noduli und konsolidierte Bereiche. In rund 20% der Fälle findet sich das typische Atoll-Zeichen, ein von einem dichteren Rand umgebenes milchglasartiges Areal – auch umgekehrtes Halo-Zeichen genannt. Allerdings können die radiologischen Befunde ebenso gut atypisch ausfallen und eher für etwas anderes sprechen (z.B. für ein Malignom). Grundsätzlich ist die Computertomografie dem konventionellen Röntgen vorzuziehen.
Im Labor lassen sich lediglich eine Leukozytose, ein erhöhtes CRP und eine erhöhte BSG nachweisen; eine Eosinophilie besteht meist nicht. Sinnvoll erscheint ein rheumatologisches Screening.
Eine bronchoalveoläre Lavage sollte im Rahmen jeder Erstdiagnostik einer interstitiellen Pneumonie erfolgen. Im gewonnenen Sekret finden sich typischerweise erhöhte Zahlen für Lymphozyten, Neutrophile und Eosinophile. Die Befunde sind zwar wenig beweisend, zum Ausschluss von Differenzialdiagnosen aber wichtig.
Per Gewebebiopsie gilt es, ein Malignom auszuschließen. Die Autoren empfehlen ein bronchoskopisches oder auch videoassistiertes thorakoskopisches Vorgehen mit Probenentnahme in verschiedenen Lungenlappen. Histologisch finden sich typischerweise Masson-Körperchen, bestehend aus lockeren intraalveolären Fibroblastenproliferaten. Auch dieser Befund ist zwar wegweisend für die Diagnose einer organisierenden Pneumonie, aber allein genommen kein eindeutiger Beleg.
Ursache SARS-CoV-2
Auch die Infektion mit SARS-CoV-2 kann eine sekundäre organisierende Pneumonie nach sich ziehen. Bei prolongierter SARS-CoV-2-Erkrankung sollte man an diese Differenzialdiagnose denken und, sofern ein entsprechender Befund vorliegt, eine Steroid-Therapie erwägen.
Besserung unter Steroiden bereits nach 1–3 Tagen
Mangels ausreichender Datenlage gibt es keine offiziellen Leitlinien für die Therapie. Empfehlungen stützen sich auf Erfahrungen und Fallbeschreibungen. Eine Therapie mit Kortikosteroiden scheint bei entsprechender Klinik und radiologischen Befunden gerechtfertigt, selbst wenn eine Biopsie zur eindeutigen Bestätigung der Diagnose nicht möglich ist. Unter einer Tagesdosis von 0,75–1,5mg/kgKG (max. 100mg/d) bessern sich die Symptome bei vielen Patientinnen und Patienten bereits nach 1–3 Tagen.
Alternativ kommen Makrolide in Betracht
Bei gutem Ansprechen sollte die Medikation einen Monat lang fortgeführt und dann langsam über 6–12 Monate ausgeschlichen werden. In einem Drittel der Fälle entwickelt sich – meist unter niedriger Dosierung (<10mg/d) – ein Rezidiv. Alternativ kommen Makrolide in Betracht, allerdings nicht aufgrund ihrer antimikrobiellen, sondern wegen ihrer immunsuppressiven Wirkung. Beschrieben sind weiterhin Kombinationen aus einem niedrig dosierten Kortison mit Azathioprin, Ciclosporin oder Cyclophosphamid. Im Vergleich zu anderen interstitiellen Pneumonien ist die Prognose der organisierenden Form gut, bei der kryptogenen Variante etwas besser als bei der sekundären Form.
Ruijs B et al. Swiss Med Forum 2023; 23: 1436–1439; doi: 10.4414/smf.2023.1286180204