24. Juni 2024Aus der Fachliteratur

Neutrophile im Dauereinsatz bei schweren COVID-19-Verläufen

Eine deutsche Forschungsgruppe konnte mittels Einzelzell-Analysen zwei Muster identifizieren, die für milde bzw. schwere Verläufe von SARS-CoV-2 typisch sind.

Nahaufnahme des Grippevirus im Blutgefäß. Blauer abstrakter Covid-19-Drahtgitter-Coronavirus-Hintergrund.
Shutter2U/AdobeStock

Studiendesign. Verfügbare Humandaten (bronchoalveoläre Flüssigkeit, Nasenabstriche, Post-mortem-Untersuchungen) wurden systematisch mit am Tiermodell gewonnenen Daten abgeglichen. Als Tiermodell haben sich Hamster als geeignet erwiesen. Die Forschenden verglichen die dynamischen zellulären und molekularen Prozesse bei zwei verschiedenen Hamsterspezies: beim Goldhamster, der milde COVID-19-Verläufe zeigt, und beim Roborovski-Zwerghamster, bei dem die Erkrankung regelhaft schwer verläuft.

Ergebnisse. Tatsächlich konnten am Tiermodell zwei unterschiedliche Muster der Genaktivierung identifiziert werden. Sowohl bei leichten als auch bei schweren COVID-19-Verläufen werden kurz nach der Infektion die neutrophilen Granulozyten auf den Plan gerufen, die zur ersten Abwehrlinie der angeborenen Immunantwort gehören. Bei milden Verläufen werden die Neutrophilen kurz aktiviert. Dann jedoch übernehmen andere Immunzellen wie die natürlichen Killerzellen (Typ-1-Immunantwort). Bei schweren Verläufen hingegen bleiben die Neutrophilen dauerhaft im Action-Modus (Typ-3-Immunantwort). Das führt zu einer Überflutung mit proinflammatorischen Signalen und in der Lunge zu massiven Entzündungsreaktionen.

Typisch für schwere COVID-19-Verläufe sind Schäden an der Auskleidung der Blutgefäße, dem Endothel, an unterschiedlichen Organen. Die Forschenden stellten bei beiden Hamsterarten eine starke Aktivierung des Gefäßendothels der Lunge fest, die proinflammatorische Signale der neutrophilen Granulozyten ausgelöst hatten. Beim Roborovski-Hamster resultierten daraus schwere Endothelschäden; beim Goldhamster dagegen kehrten die Endothelzellen in den Ruhemodus zurück, ohne großen Schaden genommen zu haben.

Quelle: Peidli S et al.: Single-cell-resolved interspecies comparison shows a shared inflammatory axis and a dominant neutrophil-endothelial program in severe COVID-19. Cell Reports 2024; doi: https://doi.org/10.1016/j.celrep.2024.114328

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin CliniCum pneumo