Long COVID: Viele Betroffene, viele offene Fragen
Ende November fand in Jena der 2. Kongress des Ärzte- und Ärztinnenverbandes Long COVID statt. Beleuchtet wurde das Thema dabei sowohl aus medizinisch-wissenschaftlicher als auch aus psychologischer und soziologischer Perspektive. Zusammenfassend lässt sich sagen: Den großen Durchbruch gibt es nicht und rund um Long COVID bleiben in erster Linie Fragezeichen.
„Wir gehen davon aus, dass ein relevanter Anteil derjenigen, die nach einer Corona-Infektion erkrankt sind, mit Long-COVID-Symptomen zu kämpfen haben“, sagte der deutsche Gesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach anlässlich der Kongresseröffnung. „Das bedeutet für den Einzelnen häufig einen harten Schicksalsschlag und kann sogar für den Arbeitsmarkt relevant werden, wenn die Anzahl der Erkrankten weiter steigt.“ Und die Zahl der Erkrankten wird steigen, wenn auch nicht in dem Ausmaß, wie zeitweise befürchtet wurde, denn der Anteil der COVID-Erkrankten, die über das Ende der akuten Infektion hinaus symptomatisch bleiben, nimmt mit den neuen Virusvarianten und in einer zunehmend immunisierten Bevölkerung ab, wie mehrere Experten in ihren Präsentationen betonten. Erkrankten in den ersten Wellen rund 5% der COVID-Patientinnen und -Patienten an Long COVID, so ist es aktuell nur noch rund 1%.
Ausgeprägte Beeinträchtigung über lange Zeit
Eine gewisse Klarheit schaffen allerdings die zahlreichen Kohortenstudien, die Betroffene in regelmäßigen Abständen evaluieren und den Verlauf beobachten. Darüber hinaus wurden mehrere Querschnittstudien präsentiert, für die beispielsweise in Online-Befragungen die Symptomlast Betroffener erhoben wurde. Diese Studien zeigen, dass es in aller Regel mit der Zeit bei den meisten Patientinnen und Patienten zu einer Besserung kommt – die jedoch keineswegs mit einer vollständigen Genesung gleichzusetzen ist. So unterstreichen die Kongresspräsidenten Prof. Dr. Andreas Stallmach, Direktor der Klinik für Innere Medizin IV Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie am Universitätsklinikum Jena, und Prof. Dr. Martin Walter, Direktor der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Jena, dass Betroffene auch mehrere Jahre nach Auftreten der ersten Post-COVID-Symptome anhaltende Beschwerden zeigen, die sie in der Teilhabe am Leben stark beeinträchtigen. Walter: „Der Fokus auf die Beeinträchtigung der Teilhabe erscheint mir sehr angemessen. Hier müssen wir eben schon jetzt ansetzen, auch wenn kausale Therapien teilweise noch nicht verfügbar sind. Entsprechend sind es eben auch Lösungen, die ganz konkret in der Lebenswelt der Betroffenen ansetzen, bei der die medizinische Dimension eine sehr wichtige unter vielen weiteren Aspekten darstellt.“