Häufige und häufig übersehene Kombination: Krebs und psychische Erkrankungen
In den vergangenen Jahren wurde dem Problemfeld physischer Komorbiditäten bei Patientinnen und Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen (severe mental illnesses – SMI) zunehmend Aufmerksamkeit geschenkt. Die Assoziation von psychiatrischen Erkrankungen mit kardiovaskulärem Risiko ist seit Längerem bekannt. Weniger bekannt ist hingegen, dass onkologische Patientinnen und Patienten zu einem hohen Prozentsatz von psychiatrischen Komorbiditäten betroffen sind, die jedoch weder erkannt noch adäquat behandelt werden.
Personen mit SMI haben ein stark erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Mortalität und eine um 10–20 Jahre verkürzte Lebenserwartung. Darüber hinaus betonten Expertinnen und Experten im Rahmen der World Conference of Psychiatry (WCP), dass die Situation durch verzögerte Diagnose und Behandlung von Komorbiditäten bei Patientinnen und Patienten mit SMI weiter verkompliziert wird. Ursächlich werden dafür sowohl pathophysiologische Verbindungen als auch Veränderungen des Lebensstils und Nebenwirkungen von Medikamenten verantwortlich gemacht. Sowohl Antipsychotika als auch Lithium, Mood Stabilizer und andere in der Psychiatrie eingesetzte Medikamentengruppen können erheblich zum Auftreten bzw. zur Verschlechterung dieser Komorbiditäten beitragen. Die quantitativ größte Rolle spielen in diesem Zusammenhang zweifellos Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Psychologische Aspekte von Krebspatientinnen und -patienten zu wenig beachtet
Dabei sollte jedoch nicht übersehen werden, dass auch Krebs nicht selten gemeinsam mit psychiatrischen Problemen auftritt und bei der Behandlung Rücksicht auf diese Assoziation genommen werden müsse, so Dr. Asanga Fernando von den St. George‘s University Hospitals NHSFT in London. Fernando: „Die komplexe und dynamische Landschaft der onkologischen Therapien ist in ständiger Veränderung und konnte in den letzten Jahren sowohl im Hinblick auf medikamentöse als auch auf chirurgische und strahlentherapeutische Maßnahmen erheblich verbessert werden. Dies hat bei zahlreichen Tumoren zu einem deutlich verbesserten Überleben geführt. Aus psychiatrischer Sicht muss man allerdings hinzufügen, dass diese Bemühungen vor allem im onkologischen Bereich zu Erfolgen geführt haben, wobei gleichzeitig wenig Augenmerk auf psychologische und mentale Aspekte der Situation von Krebspatientinnen und -patienten gelegt wurde.“ Dies ist umso relevanter, als Patientinnen und Patienten heute länger mit Krebs und immer öfter auch über ihre Krebserkrankung hinaus überleben.