TCM-Mix wirksam als Add-on bei Herzinsuffizienz
Eine im Rahmen des ESC 2023 vorgestellte Phase-III-Studie zeigte für die traditionelle chinesische Arznei Qiliqiangxin in der Behandlung von Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Auswurffraktion einen signifikanten Effekt auf Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz und kardiovaskulärem Tod.
Traditionelle chinesische Medizin (TCM) beruht auf einem mit moderner Medizin nicht kompatiblen Begriffssystem. Dies erschwert die Evaluierung chinesischer Methoden und Arzneimittel in klinischen Studien. Qiliqiangxin, eine chinesische Arznei, die aus elf verschiedenen Kräutern hergestellt wird, kommt traditionell in der Behandlung von Herzinsuffizienz (bzw. bei Symptomen, die nach traditioneller chinesischer Begrifflichkeit einer Herzinsuffizienz entsprechen) zum Einsatz. Es wird so gute Wirksamkeit berichtet, dass Qiliqiangxin seit Jahren auf erhebliches Forschungsinteresse stößt. So konnte mit Qiliqiangxin in einer Pilotstudie mit Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Auswurffraktion eine Reduktion des NT-proBNP (N-terminal pro–B-type natriuretic peptide) um mindestens 30% als Surrogatendpunkt für eine klinische Verbesserung der Herzinsuffizienz sowie eine Besserung der Symptomatik beobachtet werden. Dabei erhielten die Patientinnen und Patienten eine leitliniengerechte Hintergrundtherapie.1 Präklinische Studien liefern Hinweise auf günstige Effekte auf die Fibrosierung und Remodelling des Myokards.2–5
Hochregulation von PPAR-γ als Wirkmechanismus vermutet
Diese präklinischen Studien haben gezeigt, so Prof. Dr. Xinli Li von der Medizinischen Universität Nanjing, dass Qiliqiangxin eine Hochregulation von PPAR-γ und seines Koaktivators PGC1-α bewirkt, woraus sich der Effekt auf NT-proBNP erklären dürfte. Ausgehend von diesen Daten wurde Qiliqiangxin schließlich in einer Phase-III-Studie in der Indikation HFrEF untersucht, deren Ergebnisse Li im Rahmen einer Hotline Session des ESC-Kongresses 2023 in Amsterdam vorstellte.
Die QUEST-Studie untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit von Qiliqiangxin hinsichtlich wichtiger Herzinsuffizienz-Endpunkte bei Patientinnen und Patienten mit HFrEF. Die Studie wurde an 133 Krankenhäusern in China und Hongkong durchgeführt. Eingeschlossen wurden Erwachsene mit einer linksventrikulären Auswurffraktion von maximal 40% und einem NT-proBNP von mindestens 450pg/ml. Die Patientinnen und Patienten mussten vor Einschluss für mindestens 2 Wochen unter einer Standardtherapie für Herzinsuffizienz stehen. Sie erhielten im Verhältnis 1:1 randomisiert entweder Qiliqiangxin (4 Kapseln 3x täglich) oder Placebo zusätzlich zu ihrer Hintergrundtherapie. Der primäre Endpunkt war ein Komposit aus Hospitalisierung wegen Verschlechterung der Herzinsuffizienz und kardiovaskulärem Tod.
Weniger Hospitalisierungen und weniger kardiovaskulärer Tod
Insgesamt wurden 3.110 Patientinnen und Patienten in der finalen Analyse ausgewertet. Sie waren im Schnitt 62 Jahre alt und zu fast drei Viertel männlich. Zu Behandlungsbeginn lag die mittlere linksventrikuläre Auswurffraktion bei 32% und das mediane NT-proBNP betrug 1.730,8pg/ml. Innerhalb eines medianen Follow-ups von 18,3 Monaten trat der primäre Endpunkt bei 389 (25,02%) der Patientinnen und Patienten in der Qiliqiangxin-Gruppe sowie bei 467 Patientinnen und Patienten (30,03%) in der Placebo-Gruppe ein, was einer signifikanten Risikoreduktion um 22% entspricht (HR 0,78; 95% CI 0,68–0,90; p<0,001). Dieses Ergebnis wurde durch einen günstigen Effekt der Studienmedikation auf beide Komponenten des Endpunkts getrieben. Das Risiko von Re-Hospitalisierungen wurde signifikant 24% gesenkt, die kardiovaskuläre Mortalität ebenfalls signifikant um 17%. Li betont, dass dieses Ergebnis durch alle Subgruppen konsistent und unabhängig von der Hintergrundmedikation war. Weder das Alter noch der NT-proBNP-Spiegel oder die Einnahme eines Angiotensin-Rezeptor/Neprilysin-Inhibitors (ARNIs) hatten Einfluss auf die Wirksamkeit von Qiliqiangxin.
Deutliche Effekte wurden auch in Bezug auf mehrere sekundäre Endpunkte beobachtet. So ging das NT-proBNP in der Verumgruppe stärker zurück als unter Placebo, was den Beobachtungen aus früheren Studien entspricht. Eine Analyse der Sicherheitsendpunkte zeigte keine signifikanten Unterschiede in der Gesamtmortalität, wobei die Sterblichkeit unter Qiliqiangxin numerisch niedriger war als unter Placebo (HR 0,84; 95% CI 0,70–1,01; p=0,058). Die Behandlung wurde insgesamt gut vertragen, hinsichtlich gastrointestinaler Beschwerden, Nierenfunktion und Anstieg von Leberenzymen zeigten sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen.
„Soweit wir wissen, ist dies die erste randomisierte, kontrollierte, doppelblinde Studie mit einer traditionellen chinesischen Arznei in der Indikation Herzinsuffizienz. Die Ergebnisse sprechen für einen klinisch relevanten Benefit durch Qiliqiangxin bei Patientinnen und Patienten mit HFrEF“, kommentierte Li das Studienresultat.
Session “HOT LINE 2”, ESC-Congress, 26.8.2023
- Li X et al. J Am Coll Cardiol. 2013; 62:1065–1072; doi: 10.1016/j.jacc.2013.05.035
- Li F et al. Life Sci. 2021; 273:119239; doi: 10.1016/j.lfs.2021.119239
- Gao RR et al. Ann Transl Med. 2018; 6:153; doi: 10.21037/atm.2018.04.14
- Sun X et al. Pharm Biol. 2020; 58:417–426; doi: 10.1080/13880209.2020.1761403
- Lu Y et al. Front Pharmacol. 2022; 13:905424; doi: 10.3389/fphar.2022.905424