Stuhltransplantation verbessert die Darmbarriere bei schwerer Lebererkrankung
Eine placebokontrollierte Studie zeigt, dass Stuhltransplantation bei Patient:innen mit fortgeschrittener Leberzirrhose unterschiedlicher Genese eine ganze Reihe positiver Effekte haben dürfte. Dysbiose wird reduziert und die bakterielle Translokation verbessert. Dies resultiert unter anderem in weniger Ammoniak im Plasma und verstärkter Ammoniak-Ausscheidung mit dem Stuhl. Ungeachtet der kurzen Beobachtungszeit liefert die Studie auch bereits Hinweise auf eine klinische Wirksamkeit.
Im Darm schirmt lediglich eine dünne Epithelschicht den Organismus gegen Bakterien des Darmmikrobioms ab. Unter dieser Schicht befindet sich das mukosale Immunsystem, das die Aufgabe hat, ein ungehindertes Eindringen von Bakterien zu verhindern. Eine empfindliche Balance zwischen Toleranz gegenüber Darmbakterien und Antigenen aus der Nahrung auf der einen und rascher Abwehr pathogener Keime auf der anderen Seite ist ausschlaggebend für die physiologische Funktion der Darmbarriere, erläutert Prof. Dr. Lindsey A Edwards vom King’s College London. Kommt es zur Translokation pathogener Bakterien durch die Darmmukosa, so bildet die Leber die letzte Barriere, die eine systemische und damit lebensbedrohliche Infektion verhindert. Edwards: „Das Problem ist, dass genau diese letzte Barriere bei schweren Lebererkrankungen nicht mehr funktioniert.“ Erschwerend komme hinzu, dass bei Patienten mit Leberzirrhose nicht nur die Diversität des Darmmikrobioms eingeschränkt ist und Pathobionten überrepräsentiert auftreten, sondern dass auch die Effektivität der Darmbarriere ab- und damit die Translokation zunimmt. Die bakterielle Translokation ist wiederum ein Treiber der Zirrhose-assoziierten Immundysfunktion, da die durch die durchlässige Darmmukosa eindringenden Bakterien und ihre Stoffwechselprodukte zu einer permanenten Überstimulation des Immunsystems führen. Dies erhöht letztlich die Empfänglichkeit gegenüber bakteriellen Infektionen aus dem Darm und damit das Risiko von Multiorganversagen und Tod.
Stuhltransplantation mittels Endoskop ins Jejunum
Edwards und ihr Team stellten die Frage, ob eine Stuhltransplantation in der Lage ist, das Darmmikrobiom von Zirrhose-Patient:innen so zu modifizieren, dass sich die Funktion der Darmbarriere und die mukosale Immunfunktion wieder verbessern, was sich im Idealfall auch in klinischen Verbesserungen niederschlagen sollte. Ziel dieser Intervention sei es letztlich, die Progression des Leberversagens aufzuhalten und die Empfänglichkeit gegenüber Infektionen zu reduzieren. Dazu wurde eine Pilotstudie mit 32 Patient:innen mit fortgeschrittener Leberzirrhose (MELD-Score 10–16) durchgeführt, denen mit dem Endoskop entweder 50g aufbereiteter Donor-Stuhl oder Placebo ins Jejunum infundiert wurde. Zur Bewertung der Wirksamkeit wurden Blut und Stuhl-Proben der Proband:innen an den Tagen null, sieben, 30 und 90 gesammelt und hinsichtlich Zytokin-Produktion, Marker für die Integrität der Darmbarriere, metabolischem Profil und fäkalem Proteom untersucht. Eingeschlossen wurden Patienten:inn mit Zirrhose unterschiedlicher Ätiologie, in rund der Hälfte der Fälle handelte es sich um eine alkoholische Lebererkrankung. Patient:innen mit Alkohol-Anamnese mussten seit mindestens sechs Wochen abstinent sein, zwei Wochen vor Einschluss in die Studie durften keine Antibiotika eingenommen werden. Rund die Hälfte der Patienten litt unter Aszites, ca. ein Drittel unter hepatischer Enzephalopathie. Die Studienpatient:innen ernährten sich überwiegend mit „Western Diet“, reich an Fett, tierischem Protein und Zucker. Im Gegensatz dazu überwog bei den Spender:innen eine ballaststoffreiche Ernährung, etliche waren Vegetarier:innen oder Veganer:innen.