Neues bei COVID-Impfstoffen und im Impfplan 2022
COVID-19 ist zwar derzeit das alles dominierende Thema, doch auch abseits von Corona gibt es im Impfplan 2022 ein paar Neuerungen.
Bis zum 20.1.2022 wurden in Österreich rund 17,3 Millionen Impfdosen gegen Corona verabreicht, mehr als 4,2 Millionen Menschen haben bereits eine dritte Dosis erhalten. 72 Prozent der Gesamtbevölkerung haben derzeit ein aktives Impfzertifikat. Da für fünf von 100 Menschen aufgrund ihres Alters (null bis vier Jahre) oder aus medizinischen Gründen aktuell keine Impfung empfohlen wird, entspricht das 75,17 Prozent der impfbaren Bevölkerung. Es ist also noch Luft nach oben: 23 von 100 Menschen in Österreich könnten sich und ihre Mitmenschen noch mit der Impfung vor Corona schützen.
Die Dynamik des pandemischen Geschehens und der stetige wissenschaftliche Erkenntniszuwachs führten in den letzten beiden Jahren dazu, dass die Empfehlungen zur COVID-19-Impfung wiederholt adaptiert werden mussten. Die letzten Aktualisierungen der Anwendungsempfehlungen des Nationalen Impfgremiums erfolgten am 23. Dezember 2021. Beim Österreichischen Impftag 2022 fasste Priv.-Doz. Mag. Dr. Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Abteilung Impfwesen im Bundesministerium Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, zusammen, was in den Richtlinien für die Umsetzung der COVID-19-Impfungen in Österreich derzeit empfohlen wird.
Erster Proteinimpfstoff
Neu ist, dass seit 20. Dezember 2021 in der Europäischen Union mit Nuvaxovid jetzt auch der erste Proteinimpfstoff für Erwachsene ab 18 Jahren zugelassen ist. Für einen vollständigen Impfschutz sind zwei Impfungen im Abstand von drei Wochen (16 bis 45 Tagen) nötig. „Die ersten Dosen werden in Österreich für Mitte bis Ende Februar erwartet“, berichtete Paulke-Korinek. Vorgesehen ist das neue Vakzin in erster Linie für Personen mit Kontraindikationen für die bisher zugelassenen Substanzen oder Vorbehalten gegenüber mRNA- und Vektor-Impfstoffen. „Wir hoffen, dass wir mit dieser Art von Impfstoffen noch zusätzliche Menschen erreichen können, die sich bisher noch nicht impfen ließen.“
Booster und Kinder
Momentan ist die dritte Impfung in aller Munde. Empfohlen wird der dritte Stich allen Personen ab 18 Jahren vier Monate nach der zweiten Impfung (ungeachtet dessen, ob mit mRNA-Impfstoffen, Vektorimpfstoffen oder heterolog vorgeimpft ist). Für die Zwölf- bis 17-Jährigen wird der Booster aufgrund des höheren Ansprechens des Immunsystems auf die Impfungen erst ab sechs Monaten nach der zweiten Impfung empfohlen. Nach ärztlicher Individualeinschätzung und auf Wunsch ist die dritte Impfung aber auch in dieser Altersklasse schon ab vier Monaten möglich. Eine vierte Impfung wird derzeit mangels wissenschaftlicher Daten noch nicht allgemein empfohlen, kann aber in Anbetracht der Omikronwelle in Hochrisikobereichen (z.B. exponiertes Gesundheitspersonal) und systemkritischen Bereichen ab sechs Monaten nach der dritten Impfung angeboten werden.
Für Kinder im Alter von fünf bis elf Jahren ist eine eigene Comirnaty-Formulierung zugelassen, die nur ein Drittel der Wirkstoffdosis (10 statt 30µg) und einen anderen Puffer enthält. Die Expertin stellte allerdings klar, dass bei Nicht-Verfügbarkeit der Kinderformulierung off-label auch der Einsatz von einem Drittel des Erwachsenenimpfstoffs möglich ist.
Keine Überprüfung des Impferfolgs!
Ein ganz wichtiger Punkt in den Anwendungsempfehlungen ist, dass der Impferfolg bei immunologisch kompetenten Personen nicht mittels Titerbestimmungen überprüft werden sollte. Aufgrund eines gemessenen Antikörperspiegels von einer Impfung abzuraten, macht deshalb keinen Sinn, weil derzeit einfach noch nicht bekannt ist, wie hoch der Antikörperspiegel sein muss, um vor einer Infektion zu schützen. Selbst bei hohen Titern von neutralisierenden Antikörpern sind in Einzelfällen schwere Krankheitsverläufe möglich. Eine Hilfestellung ist die Antikörperbestimmung nur bei der Frage, ob Hochrisikopersonen mit immunologischen Erkrankungen oder immunsupprimierender Therapie überhaupt auf die Impfung angesprochen haben oder gegebenenfalls noch einmal nachgeimpft werden müssen.
Versäumte Impfungen und bestätigte Infektionen
Ist der Zeitraum zwischen erster und zweiter Impfung länger als sechs Monate, dann sollte die zweite Impfung wieder als erste angesehen, also praktisch neu zu impfen begonnen werden. „Wenn das empfohlene Intervall zwischen zweiter und dritter Impfung überschritten wird, ist kein Neubeginn notwendig“, so Paulke-Korinek. „Der dritte Stich sollte dann aber ehestmöglich nachgeholt werden.“
Wenn eine PCR-bestätigte Infektion zum Zeitpunkt der Impfung nicht länger als sechs Monate zurückliegt, ist die erste Impfung immunologisch gesehen mit einer zweiten Impfung gleichzusetzen. Die Impfung sollte ab vier Wochen nach der Infektion bzw. Genesung erfolgen. Personen mit länger als sechs Monate zurückliegender PCR-bestätigter SARS-CoV-2-Infektion sind wie Ungeimpfte oder Ungenesene zu betrachten.
Nach der Impfung dauert es eine bestimmte Zeit, bis eine entsprechende Immunantwort aufgebaut wird. Wenn es in zeitlicher Nähe zur Impfung zu einer Infektion kommt, wird das daher nur als ein immunologisches Ereignis gewertet. Ein positiver PCR wird erst ab einem Abstand von 21 Tagen zur Impfung als getrenntes immunologisches Ereignis betrachtet.
Weitere Neuerungen im Impfplan
Abgesehen von den COVID-19-Impfstoffen gibt es im Impfplan 2022 keine großen Veränderungen. Neu ist, dass HPV-Nachholimpfungen an öffentlichen Impfstellen nun bis zum vollendeten 18. Lebensjahr zum Selbstkostenpreis angeboten werden (bisher 15. Lebensjahr). Ab dem vollendeten 15. Lebensjahr sind für eine hinreichende Immunantwort nicht zwei, sondern drei Dosen erforderlich.
Für das kostenfreie Kinderimpfprogramm Influenza stehen in diesem Jahr 60.000 Dosen Fluarix tetra und 239.000 Dosen Fluenz tetra zur Verfügung. Damit könnten ca. 25 Prozent aller Kinder zwischen sechs Monaten und 14 Jahren versorgt werden. Da noch ausreichend Dosen verfügbar sind, wurde die Altersbegrenzung für die verbleibende Saison 2021/22 nun aufgehoben. Fluenz tetra kann bis zum vollendeten 18. Lebensjahr verimpft werden, Fluarix tetra ohne obere Altersgrenze (die Umsetzung ist aber in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich). Bei der Erstimpfung von Kindern bis zum vollendeten achten Lebensjahr sollten zwei Impfungen im Abstand von mindestens vier Wochen verabreicht werden. Wichtig ist, dass die beiden Impfstoffe nicht gemischt werden: Nach einer inaktivierten Impfung als Zweitimpfung einen Lebendimpfstoff (Fluenz tetra) zu verwenden, würde dazu führen, dass das Impfvirus abgetötet wird und die Impfung wirkungslos ist. Auch in Alten- und Pflegeheimen sind heuer wieder 100.000 Dosen Influenza-Impfstoffe verfügbar.
Eine Änderung im Kinderimpfprogramm 2022 ist, dass der Pneumokokken-Impfstoff Synflorix in Österreich nicht mehr verfügbar ist. Mit Synflorix angeimpfte Kinder können aber problemlos mit Prevenar 13 fertiggeimpft werden.
Neu im Impfplan ist auch die Herpes-Zoster-Impfung mit Shingrix, die seit Herbst 2021 verfügbar ist. Empfohlen wird die Immunisierung, bestehend aus zwei Impfungen im Abstand von zwei Monaten, ab dem 50. Lebensjahr bzw. bei entsprechender Indikation (schwere Grunderkrankung, Immunsuppression) ab dem 18. Lebensjahr.
eImpfpass
Eine der wenigen positiven Auswirkungen der Pandemie war, dass die Entwicklung des eImpfpasses verstärkt vorangetrieben wurde. Momentan gibt es eine gesetzliche Verpflichtung, COVID 19-Impfungen und Influenzaimpfungen zu dokumentieren. Es ist aber auch eine Speicherung aller anderen Impfungen zulässig und sinnvoll. Eine Möglichkeit zur Abmeldung ist nicht vorgesehen. Geplant sind zukünftig auch die Anzeige empfohlener Impftermine und ein Erinnerungssystem.
COVID-19-Impfungen: Anwendungsempfehlungen des Nationalen Impfgremiums https://www.aekktn.at/documents/73334325-609e-11eb-8af6-52540052f55b/Anwendungsempfehlung.pdf
Quelle: Paulke-Korinek M.: „Anwendungsempfehlungen zu COVID Impfstoffen und Neuerung des Impfplans 2022“, Österreichischer Impftag, Wien, 22. Jänner 2022