Antibiotika für Kinder mit viraler Pneumonie
Die primäre Behandlung einer pädiatrischen ambulant erworbenen Pneumonie startet in der Regel, bevor der Erreger bekannt ist. Wie lange sollte die Antibiose dauern?
Die meisten pädiatrischen ambulant erworbenen Pneumonien (pCAP) werden durch Viren verursacht. Zeigen Kleinkinder mit Lungenentzündung Zeichen bronchialer Obstruktionen, liegt dem meist ein viraler Infekt zugrunde, heißt es in der S2k-Leitlinie zu den pCAP. Bei einer nicht schweren Pneumonie ohne Fieber und mit Zeichen einer Obstruktion sollte primär also nicht mit einem Antibiotikum behandelt werden, schreiben die Autoren um Professor Dr. Markus A. Rose vom Klinikum St. Georg in Leipzig.
Trotzdem empfehlen sie Antibiotika – und dann in erster Linie Amoxicillin – bei jeder schweren und jeder nicht schweren pCAP mit Fieber. Denn es gibt keinen Parameter, mit dessen Hilfe man sicher zwischen viraler und bakterieller Lungenentzündung unterscheiden kann, erinnern die Experten. Eine nicht schwere pCAP sollte über fünf Tage behandelt werden, eine schwere über mindestens sieben Tage. Hat man eine Antibiose begonnen und ergeben sich Hinweise auf ein virales Geschehen, soll man nicht zögern die Medikamente abzusetzen.
Studienresultate widersprechen der WHO-Empfehlung
Die WHO hingegen empfiehlt bei minderschwerer Erkrankung orales Amoxicillin über drei Tage bei Tachypnoe, bei thorakalen Einziehungen soll die medikamentöse Behandlung über fünf Tage laufen. Schweren Verläufen mit Komplikationen wie etwa Dehydratation oder Bewusstseinsstörungen soll man mit einer intravenösen Antibiose über fünf Tage begegnen.
Zwei randomisierte Kontrollstudien haben kürzlich die Effektivität der Amoxicillinbehandlung bei Kindern mit nicht schwerer Pneumonie untersucht. An der pakistanischen Studie der Arbeitsgruppe um Fyezah Jehan von der Aga Khan University in Karatschi hatten mehr als 4.000 unter Fünfjährige teilgenommen, die an einer minderschweren Lungenentzündung mit Tachypnoe erkrankt waren. Die Kinder wurden drei Tage lang entweder mit Amoxicillin oder mit Placebo behandelt. Wie sich zeigte, blieb nach der dreitägigen Therapie bei 4,9 Prozent der Kinder aus der Placebogruppe der Behandlungserfolg aus. Beim Antibiotikum lag dieser Anteil mit 2,6 Prozent deutlich niedriger.
Das Ergebnis der anderen Arbeit indes steht im Widerspruch zur WHO-Empfehlung. In dieser Untersuchung hatte das Team um Dr. Amy-Sarah Ginsburg von der University of Washington die Behandlung mit Amoxicillin über drei Tage mit der fünftägigen Antibiose verglichen. Studienteilnehmer waren 3.000 malawische Kinder im Alter unter fünf Jahren, die an einer Lungenentzündung mit thorakalen Einziehungen litten. Die Datenanalyse brachte zutage, dass die um zwei Tage verkürzte Therapie keine wesentlichen Nachteile gegenüber der fünftägigen Antibiose hatte.
Dr. Anne B. Chang von der Queensland University of Technology und Dr. Keith Grimwood von der Griffith University sehen in den Studienergebnissen ihrer Kollegen zwar wichtige Beiträge in der Diskussion um eine angemessene Therapiedauer bei pCAP. Einen unmittelbaren Einfluss auf die Leitlinien dürften die Resultate ihrer Einschätzung nach aber kaum haben.
Referenzen:
- S2k-Leitlinie „Pädiatrische ambulant erworbene Pneumonie (pCAP)“, AWMF-Register-Nr. 048-013, www.awmf.org
- Jehan F et al., doi: 10.1056/NEJMoa1911998
- Ginsburg AS et al., doi: 10.1056/NEJMoa1912400
- Chang AB, Grimwood, doi: 10.1056/NEJMe2016328