Stau im Ösophagus, Rückfluss in die falsche Richtung
Dysphagie, Sodbrennen, Regurgitation und Brustschmerzen: Diese Symptome können sowohl auf eine aberrierende Ösophagusmotilität als auch auf die gastroösophageale Refluxkrankheit hinweisen. Pathogenetisch und in der Therapie gibt es einige Unterschiede.
Im Mittelpunkt aller primären Motilitätsstörungen des Ösophagus stehen Probleme am gastroösophagealen Übergang, schreiben Dr. Ravinder Mittal vom Department of Medicine der University of California in San Diego und Kollegen. Der Übergang setzt sich aus einer zirkulären Schicht glatter Muskulatur, dem unteren Ösophagusphinkter und darüber gelegenen Zwerchfellanteilen mit quergestreifter Muskulatur zusammen. Den Sphinkter versorgen Nerven aus dem Vagus, Spinalnerven sowie Neuronen des Plexus myentericus, die zusammen den Myotonus regulieren. Zum Zwerchfellanteil führen phrenische Nerven, er dient dazu, den Druck auf die gastroösophageale Verbindung in bestimmten Situationen (Inspiration, Husten, Niesen, Beugen des Oberkörpers) von außen zu erhöhen und sie dann sicherer abzuschließen.
Systemische Erkrankungen als Ursachen für den Reflux
Jeder Schluckakt löst eine Relaxation des oberen und des unteren Ösophagus-Sphinkters aus sowie eine Peristaltikwelle, die auf synchronen Kontraktionen und Relaxationen der zirkulären und longitudinalen Muskulatur beruht. Unterstützung erhält die Peristaltik durch die seitliche Dehnung der Wand, die der Speisebolus induziert. Die axiale Verkürzung über die Längskontraktionen triggert die vollständige Relaxation des unteren Sphinkters.
Störungen der Ösophagus-Motilität können auch sekundär im Rahmen systemischer Erkrankungen auftreten. Beispielsweise ist bei 70% der Patienten mit Sklerodermie die Speiseröhre beteiligt. Muskulatur wird durch Bindegewebe ersetzt, sodass die Peristaltik leidet und der Druck im unteren Sphinkter abnimmt. Die Patienten können unter starkem Reflux leiden und Strikturen ausbilden.
Häufiger sind jedoch primäre Motilitätsstörungen, die durch eine Degeneration inhibitorischer Motoneurone im Plexus myentericus entstehen. Mittels hochauflösender Manometrie lassen sich typische Veränderungen feststellen, z.B. Schwankungen in der Stärke bzw. eine verkürzte Latenz distaler Kontraktionen oder eine gestörte Relaxation des unteren Sphinkters.
Bei der Achalasie fehlt die Peristaltik weitgehend, der Ösophagus wird unvollständig entleert. Als Symptome stehen Dysphagie und Gewichtsverlust im Vordergrund, Patienten mit distalen Ösophagus-Spasmen und Hyperkontraktilität klagen vor allem über Brustschmerzen.
Die Therapie zielt darauf ab, das Hindernis des unteren Sphinkters medikamentös oder chirurgisch überwindbar zu machen, z.B. durch endoskopische Injektion von Botulinumtoxin, pneumatische Dilatation oder endoskopische bzw. chirurgische Myotomie. Bei der Achalasie gelingt das meist besser als bei den anderen Motilitätsstörungen. Generell sprechen Schmerzen schlechter auf die Interventionen an als andere Symptome.
An der GERD sind oft mehrere Faktoren beteiligt
Vor allem die Injektion von Botulinumtoxin und die perorale endoskopische Myotomie erhöhen das Reflux-Risiko. Als Therapie der Wahl für die Achalasie gilt daher die laparoskopische Myotomie kombiniert mit einer partiellen Fundoplikatio.
Bei der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) liegt eine inkompetente Antireflux-Barriere vor, an der mehrere Faktoren beteiligt sein können: niedriger Tonus, vo- rübergehende Relaxationen des unteren Ösophagus-Sphinkters und eine Hiatushernie. Sie separiert den Zwerchfellanteil des unteren Sphinkters vom glattmuskulären Anteil und behindert damit die Schlussfunktion. Kommt noch eine gestörte Peristaltik hinzu, kann das Refluxat nicht effektiv in den Magen zurückbefördert werden und damit der Schleimhaut länger zusetzen, sodass sich eine Entzündung entwickelt.
Adipositas erhöht den Druck auf den Magen
Von den Allgemeinmaßnahmen hilft GERD-Patienten vor allem Gewichtsreduktion. Denn eine Adipositas erhöht den Druck auf den Magen und es kommt zu mehr Relaxationen des Sphinkters.
Im Fokus der medikamentösen Therapie steht die Säuresuppression, die den Mageninhalt weniger aggressiv für die Schleimhaut der Speiseröhre macht. Spricht ein Patient auf eine adäquate Säuresuppression mit einem Protonenpumpenhemmer über sechs Wochen überhaupt nicht an, sollte man überprüfen, ob nicht eine andere Erkrankung vorliegt. Ösophagus-Manometrie, Endoskopie oder Impedanz-pH-Metrie sowie Magenentleerungstests können zur weiteren Klärung beitragen.
Bei Alarmsymptomen wie Dysphagie, Gewichtsverlust oder Anämie ist eine gastroösophageale Endoskopie indiziert, um Barrett-Ösophagus, Strikturen oder Krebs auszuschließen.
Bei Patienten mit bestätigter GERD ohne relevante gastroösophageale Motilitätsstörungen kann eine Fundoplikatio in Betracht gezogen werden, z.B. wenn refraktäre Symptome wie eine Regurgitation vorliegen. Sie kommt auch infrage, wenn eine moderate bis schwere GERD mit Aspirationen, Asthma, rezidivierenden Pneumonien oder einer Lungentransplantation assoziiert ist.
Mittal R et al. N Engl J Med 2020; 383: 1961–1972; doi: 10.1056/NEJMra2000328