Ähnliche Analbeschwerden, unterschiedliche Ursachen
Blut am Toilettenpapier, Druckgefühl und Schmerzen im Enddarm – das alles kann auf Hämorrhoiden hindeuten. Doch mitunter stecken gefährliche Ursachen hinter den Beschwerden, wie ein Abszess oder ein Karzinom.
Hämorrhoiden
Eine 41-jährige Patientin kam wegen eines rezidivierenden analen Juckreizes in die proktologische Sprechstunde. Sie klagte zudem über das Gefühl einer unvollständigen Stuhlentleerung und berichtete davon, manchmal hellrote Blutspuren am Toilettenpapier zu sehen.
In ihrer zweiten Schwangerschaft vor elf Jahren hatte sie schon einmal Hämorrhoiden gehabt, die nach der Entbindung keine Beschwerden mehr machten. Im Anamnesegespräch gab die Patientin an, jeden zweiten bis dritten Tag Stuhlgang zu haben, der häufig hart sei und starkes Pressen erfordere. Sie ernähre sich unregelmäßig, esse häufig Fast Food und trinke viel Kaffee und Cola.
Bei der Anusinspektion sah man eine große breitbasige Mariske, berichten Prof. Dr. Alois Fürst und Dr. Gudrun Liebig-Hörl von der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thoraxchirurgie, Adipositasmedizin und Minimal Invasive Chirurgie des Caritas-Krankenhauses St. Josef in Regensburg.
Die digital-rektale Palpation offenbarte eine leichte Rektozele und tastbare Hämorrhoidalpolster. Beim Pressversuch kam es zu einem Hämorrhoidalprolaps über die Anokutanlinie hinaus, der manuell reponiert werden musste. Die Kollegen diagnostizierten Hämorrhoiden Grad 3, vor allem bei 3:00 und 7:00 Uhr in Steinschnittlage (SSL).
Die Hämorrhoidalpolster wurden mittels Stapler-Hämorrhoidopexie nach Longo auf Normalgröße reduziert. Die Kollegen rieten der Patientin zur langfristigen und regelmäßigen Einnahme von Flohsamenschalen. Zudem empfahlen sie ihr, ihren Kaffee- und Colakonsum einzuschränken, fortan auf gesüßte Getränke zu verzichten und sich ausgewogen und ballaststoffreich zu ernähren. Zudem wurde ihr vermehrte körperliche Aktivität ans Herz gelegt. Außerdem erklärten sie ihr, dass Stuhlentleerungen nicht durch starkes Pressen erzwungen werden sollten.
Grad-3-Hämorrhoiden erfordern in der Regel einen operativen Eingriff. Wichtig ist, immer auch höhergelegene Blutungsquellen, beispielsweise durch Malignome oder Polypen, auszuschließen, erinnern die Autoren. Der Patientin wurde daher zusätzlich eine Koloskopie angeboten.
Analabszess
Eine 38-jährige Patientin stellte sich mit zunehmenden linksseitigen perianalen Schmerzen und Druckgefühl in der Notaufnahme vor. Die Frau war den Kollegen bereits bekannt: Seit 2009 wurde sie wegen rezidivierender Analfissuren im Rahmen eines Morbus Crohn behandelt und hatte bereits einige Eingriffe hinter sich. Bei der proktologischen Untersuchung waren eine Schwellung und Rötung links anterior bei 2.00 Uhr SSL zu sehen. Beim Abtasten verblieb eitriges Sekret am Fingerling.
Aufgrund der hohen Schmerzhaftigkeit führten die Kollegen eine Abszessentlastung in Narkose durch. Der Abszess wurde gespalten, gespült und der Sekretabfluss mittels Gummizügeldrainage gefördert (s. Abb. links). Während des Eingriffs zeigte sich eine innere Fistelöffnung in Höhe der Linea dentata. Die Patientin erhielt einen Termin zum Verschluss bzw. zur Spaltung.
Bei Analabszessen ist eine Notfalloperation indiziert, erklären die Autoren. Irreparable Schließmuskelschäden und eine pelvine Sepsis gilt es unbedingt zu vermeiden. Bei dem Eingriff sollten möglichst schließmuskelschonende Verfahren zum Einsatz kommen. Subkutane oder subanodermale Fisteln können gespalten werden, so die Autoren. Persistierende Fisteln erfordern einen Folgeeingriff.
Analkarzinom
Eine ganz andere Diagnose ergab sich bei einer 42-jährigen Patientin, die über ein Druckgefühl im Enddarm sowie Scheidenausfluss klagte.
Bei der Untersuchung zeigte sich ein ausgedehntes Analkarzinom mit Tumorinfiltration in die Rektovaginalwand und eine Fistelbildung in die Scheide (s. Abb. links). In einem ersten Schritt legten die Kollegen ein doppelläuifiges Ileostoma an. Das Plattenepithelkarzinom war noch nicht metastasiert und konnte mittels Radiochemotherapie behandelt werden. Nach 26 Wochen war die Patientin komplett tumorfrei.
Allerdings lag eine breite anovaginale Fistel mit einem Durchmesser von 2 cm vor. Diese verschlossen die Kollegen durch Transposition des M. gracilis (Grazilisplastik, s. Abb.links). Da die Wunde gut verheilte und es nicht zu einem Fistelrezidiv kam, konnte das Ileostoma schließlich rückverlagert werden. Vier Jahre nach dem Eingriff bleibt die Patienten tumor- und fistelfrei bei voller Stuhlkontinenz, berichten die Autoren.
Anorektale Fisteln nach lokalem Weichteilverlust stellen immer hohe Anforderungen an den Chirurgen, schreibt Prof. Fürst. Häufig sind mehrere Operationen notwendig, um die Fistel zu verschließen. Das führt zu Vernarbungen und häufig zu einer Verbreiterung der Fistel. Für komplexe Fälle kommt die Grazilisplastik infrage. Bewegungsfähigkeit und Kraft des betroffenen Beins sind nach der Transposition in der Regel nicht eingeschränkt.
Quelle Text und Abb.: Fürst A, Liebig-Hörl G. Bayerisches Ärzteblatt 2020; 75: 320–325 © Bayerische Landesärztekammer, München
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