Frühe antivirale COVID-19-Therapie

Seit Beginn der Pandemie hat sich der Fokus bei der Behandlung von COVID-Patienten stark verändert. Der frühere Einsatz von antiviralen Medikamenten könnte den Verlauf von COVID-19-Patienten verbessern und in vielen Fällen auch besonders schwere Verläufe und Intensivstationsaufenthalte verhindern. Der Verschreibung dieser Substanzen erfolgt jedoch bisher eher selten. In einem Symposium im Rahmen der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin wurde nun über die aktuelle Datenlage berichtet, um schwere Verläufe ambulant rechtzeitig abzufangen.

Nahaufnahme der Ärztin mit dem Medikament Molnupiravir .Coronavirus covid-19 antivirales Konzept
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Welche Möglichkeiten gibt es?

Aktuell warnen Experten vor einem Anstieg der Coronazahlen im Herbst und Winter und hoffen demnach für eine stärkere Verankerung der antiviralen Therapie in der Patientenversorgung.

Virostatische Substanzen

Bei nicht-hospitalisierten Patienten werden derzeit drei virostatische Substanzen empfohlen: Ritonavir-Nirmatrelvir, Remdesivir und Molnupiravir. Diese drei virostatischen Substanzen sollen besonders dann eingesetzt werden, wenn Patienten eine COVID-19-Infektion haben und Risikofaktoren für einen schweren Verlauf aufweisen. Zu diesen Risikofaktoren zählen unter anderem maligne Erkrankungen, chronische Herz-, Lungen-, Nierenerkrankungen und andere.

Bei hospitalisierten Patienten wird vor allem Remdesivir empfohlen, sofern ein Risiko für einen schweren Verlauf vorliegt. Wenig eindeutige Evidenz bezüglich des Einsatzes von Remdesivir gibt es für Patienten auf der Intensivstation mit mechanischer Ventilation oder ECMO.

Ritonavir-Nirmatrelvir ist oral anwendbar und seit Januar 2022 zugelassen. Die EPIC-HR Studie1 hat gezeigt, dass 300mg Nirmatrelvir plus 100mg Ritonavir per oral alle 12h für fünf Tage im Vergleich zu einer Placebotherapie einen Benefit hinsichtlich eines schweren COVID-19-Verlaufs oder Tod bringt. Diese Behandlung, wenn innerhalb von fünf Tagen ab Infektionsbeginn eingenommen, führte zu einem um 89 Prozent geringeren Risiko eines schweren COVID-19 Verlauf oder Tod.

Der Einsatz von Molnupiravir 2x 800mg per oral für fünf Tage innerhalb von fünf Tagen nach Symptombeginn bei nicht-hospitalisierten ungeimpften Patienten und Risikofaktoren für einen schweren Verlauf zeigte in einer Studie2 eine Risikoreduktion für eine Hospitalisierung oder Tod, jedoch nicht in dem Ausmaß wie es bei den anderen Substanzen der Fall ist. Die Wirkung von Molnupiravir ist in anderen Studien ebenso umstritten, weswegen es nicht als Mittel der ersten Wahl anzusehen ist.

Intravenöse Alternative für nicht-hospitalisierte Patienten

Eine rezente Studie3 im New England Journal of Medicine hat gezeigt, dass eine Remdesivir-Therapie das klinische Outcome verbessert. Bei nicht-hospitalisierten Patienten mit hohem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf führte eine dreitägige Remdesivir-Behandlung zu einen um 87 Prozent geringeren Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf, das heißt ein COVID-19 bedingter Krankenhausaufenthalt oder Tod im Vergleich zu Placebo. Es wurden 200mg Remdesivir i.v. am Tag 1 und 100mg am Tag 2 und Tag 3 verabreicht. Durch die intravenöse Gabe ist der Einsatz bei nicht-hospitalisierten Patienten schwierig.

COVID-19 Zufallsbefunde bei hospitalisierten Patienten

Univ.-Prof. Dr. Robert Krause von der Abteilung für Infektiologie an der Universitätsklinik für Innere Medizin in Graz empfiehlt bei jenen Patienten, die einen COVID-19-Zufallsbefund im Rahmen eines Krankenhausaufenthalts erhalten und Risikofaktoren für einen schweren Verlauf aufweisen, Remdesivir zu verabreichen. Krause führte weiter aus: „Diesen Patienten kann man Remdesivir i.v. geben, da so gewährleistet werden kann, dass das Medikament seine Wirkung hat und nicht durch ein Resorptionsproblem, beispielsweise durch Diarrhoe, die Gefahr einer reduzierten Wirksamkeit besteht.“ Hinsichtlich der Therapiedauer ist die Evidenz noch gering, jedoch wird in der Literatur eine Dauer von 3-5 Tagen empfohlen.

Referenzen:
  1. Hammond J et al.: Oral Nirmatrelvir for High-Risk, Nonhospitalized Adults with COVID-19. N Engl J Med 2022; 386:1397–1408. doi: 10.1056/NEJMoa2118542.
  2. Bernal AJ et al. Molnupiravir for Oral Treatment of Covid-19 in Nonhospitalized Patients. N Engl J Med 2022; 386:509–520. doi: 10.1056/NEJMoa2116044.
  3. Gottlieb RL et al. Early Remdesivir to Prevent Progression to Severe Covid-19 in Outpatients. N Engl J Med. 2022; 386(4):305–315. doi:10.1056/NEJMoa2116846.

„COVID-19: Rückblick, Status quo und Perspektiven“ Symposium im Rahmen der 53. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Innere Medizin, Salzburg und virtuell, 22. –24.9.22