9. Sep. 2024Leishmaniasis aus Mallorca

Bei Infektion mit Leishmania infantum systemische Therapie erwägen

Pyodermien, Mückenstiche, Mykosen und Skabies sind bei Weitem die häufigsten dermatologischen Reisesouvenirs. Mancher Tourist bringt allerdings auch eine Leishmaniasis aus dem Urlaub mit – vor allem aus Mallorca.

Flugzeug über Palma de Mallorca
Foto: Biewer Juergen/AdobeStock

Leishmanien sind protozoische Parasiten, die von der Sandmücke übertragen werden. In 90% der Fälle führt die Infektion zu einer kutanen, in ca. 5% zur mukokutanen Leishmaniasis. Letztere ist in Mittel- und Südamerika besonders häufig. Die viszerale Leishmaniasis (5%) verläuft tödlich, sofern sie unbehandelt bleibt, erklärte Prof. Dr. Esther von Stebut-Borschitz von der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie in Köln.

Welche Form der Leishmaniasis sich entwickelt, hängt zum einen vom Immunstatus der Patientin bzw. des Patienten ab: Die viszerale Leishmaniasis betrifft vor allem Erwachsene mit Immunsuppression – eine Steroidtherapie mit 5mg/d Prednison-Äquivalent reicht schon – und Kinder. Zum anderen spielen die Subspezies des Erregers eine Rolle. Derzeit kennt man 12 verschiedene, die in Erreger der „neuen“ und der „alten“ Welt unterteilt werden und mit bestimmten Verlaufsformen der Leishmaniasis assoziiert sind (s. Tabelle).

Abbildung einer einer kutanen Leishmaniasis mit einem Maßstab daneben.
Foto: wikimedia/Abanima

In 90% der Fälle kommt es zu einer kutanen Leishmaniasis.

Anhand der Reiseanamnese kann man bereits bestimmte Erreger vermuten. Mithilfe einer PCR lässt sich die Subspezies so weit eingrenzen, dass die Therapieentscheidung leichter fällt. Derzeit werden die meisten Fälle einer Leishmaniasis von Mallorca-Reisenden mitgebracht. Auch Süditalien und Südspanien sind häufige Importregionen. Dort ist vor allem L. infantum relevant, das sowohl dermatotrope als auch viszerotrope Formen induzieren kann.

Eine Lokaltherapie reicht bei einfachen Läsionen der kutanen Leishmaniasis der alten Welt ebenso aus wie bei kutaner Leishmaniasis durch den L.-mexicana-Komplex. Schwangere sollten ebenfalls nur eine lokale Behandlung erhalten. Paromomycin-Salbe ist gut wirksam, aber mit 500 Euro pro Tube sehr teuer und zudem nicht immer verfügbar, berichtete von Stebut-Borschitz. Antimon kann periläsional injiziert werden. Weitere Therapiemöglichkeiten sind die Applikation von Imiquimod-Salbe, die oberflächliche Thermo- und photodynamische Therapie, die Lokalexzision kleinerer Herde und die Kryotherapie.

Systemisch wird mit Miltefosin oral oder liposomalem Amphotericin B i.v. behandelt. Dies ist erforderlich bei:

  • viszeraler Leishmaniasis
  • komplexen kutanen Läsionen (>4cm große Herde, mehr als drei Läsionen, Lymphangitis, Satelliten, Therapieresistenz)
  • rezidivierenden, disseminierten und diffusen kutanen Verläufen
  • kutaner Leishmaniasis der neuen Welt, also mukokutanen Verlaufsformen. Eine Ausnahme besteht bei nachgewiesenem L.-mexicana-Komplex.

Patientinnen und Patienten mit L.-infantum-Infektion würde von Stebut-Borschitz auch dann systemisch behandeln, wenn eine Immunsuppression aufgrund einer systemischen Steroid-, Biologika- oder Tumortherapie zu erwarten ist. Setzt man sich nur die Abheilung kutaner Läsionen als Ziel, reicht bei L. infantum wahrscheinlich die Lokaltherapie aus. In jedem Fall sollte man den Patientenwunsch in die Entscheidung miteinbeziehen.

Leishmaniasis-Erreger der „neuen" und der „alten" Welt

„Neue Welt“ (Mittel- und Südamerika)
„Alte Welt“ (u.a. Südeuropa, Afrika, vorderer Orient, Südasien)
unkomplizierte kutane Form
L.-mexicana-Komplex: L. L.* mexicana, L. L. amazoniasis
L.-braziliensis-Komplex: L. V.* braziliensis, L. V. peruvia
L.-guyanensis-Komplex: L. V. guyanensis, L. V. panamensis
L. major L. tropica L. infantum
rezidivierende kutane Form
L. V. braziliensis
L. tropica
diffuse kutane Form
L. L. amazonensis L. L. guyanensis
L. aethiopica
post Kala-Azar dermale Form
L. L. chagasi
L.-donovani-Gruppe: L. donovani, L. infantum

Eine medikamentöse Prophylaxe der Leishmaniasis gibt es bislang nur für Hunde. Was bleibt, sind daher Repellenzien und Moskitonetze zum Schutz vor den nachtaktiven Sandmücken. Ein guter Tipp ist auch, im Hotel ein Zimmer ab dem ersten Stock zu wählen, da die Mücken nur etwa 40cm hoch fliegen.

Quelle: 130. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune