Hautläsionen könnten erste Zeichen von COVID-19 sein
Es häufen sich die Berichte, wonach an COVID-19 Erkrankte unter makulopapulösen Exanthemen, einer stammbetonten Urtikaria, Chilblain-Lupus-artigen akralen Veränderungen, Livedo oder gar Nekrosen leiden. Über die Ursachen dieser Läsionen sind sich Forscher uneins.
Auch der Dermatologe Prof. Dr. Randolf Brehler vom Universitätsklinikum Münster beschäftigt sich mit den SARS-CoV-2-assoziierten Hautveränderungen. Seiner Ansicht nach könnten die Beschwerden in vielen Fällen durchaus „hausgemacht“, sprich eine Folge der medikamentösen Behandlung sein. Oft würden COVID-19-Patienten mit einem ganzen Cocktail verschiedener Substanzen behandelt. Doch das scheint nur ein Teil der Erklärung zu sein.
Häufig zeigen sich zunächst die respiratorischen Beschwerden und etwas später treten dann dermatologische Zeichen auf – so zum Beispiel im Fall eines 40-Jährigen.1 Der Patient stellte sich mit Urtikaria, Lid- und Lippenschwellung vor. Laut eigener Aussage bestanden die Beschwerden seit einem Tag. Vor Auftreten dieser Symptome litt der Mann jedoch bereits seit fünf Tagen unter unproduktivem Husten und Luftnot. Zwei Tage lang hatte er gegen sein Fieber bereits Paracetamol genommen, das er bis dato stets gut vertragen hatte. Nach dem SARS-CoV-2-Nachweis begannen die Ärzte eine Behandlung mit zweimal 1.200 mg Favipiravir sowie zweimal 400 mg Hydroxychloroquin an Tag 1, gefolgt von niedrigeren Dosen beider Substanzen an den Tagen 2–7. Gegen das Angioödem und die Urtikaria bekam der Mann ein orales Antihistaminikum (3 x/d 5 mg Desloratadin), worauf er gut ansprach. Binnen drei Tagen gingen die Hautläsionen zurück und das Präparat konnte abgesetzt werden. Wie häufig beobachtet wurde, persistierten die respiratorischen Beschwerden noch einige Tage, klangen dann aber ebenfalls ab.
Studien haben gezeigt, dass die Urtikaria im Rahmen von COVID-19 im Schnitt etwa sieben Tage dauert. In der Regel lässt sie sich gut mit Antihistaminika behandeln, erklärte Prof. Brehler. Auch die Gabe von Methylprednisolon zeige häufig einen positiven Effekt. Hier gilt es aber, die dadurch erhöhte Infektanfälligkeit zu bedenken.
Was nun die Hautläsionen verursacht, konnte der Referent nicht abschließend beantworten. Da auch andere bakterielle oder virale Infektionen mitunter Urtikaria und Angioödeme auslösen, wäre das auch bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 denkbar. Einer Hypothese zufolge könnte der ACE2-Rezeptor bei der Entwicklung von Angioödemen ebenfalls eine Rolle spielen.1
In manchen Fällen sind Hautveränderungen sogar die ersten Beschwerden, die die Patienten bemerken – d.h. sie treten noch vor den typischen COVID-19-Symptomen auf. Bis weitere Erkenntnisse vorliegen, mahnte Prof. Brehler seine Kollegen daher zu einer erhöhten Aufmerksamkeit beim Auftreten dermatologischer Beschwerden. Denn es bestehe die Möglichkeit, dass Angioödeme, Urtikaria und die anderen genannten Veränderungen als „seltene erste Zeichen von COVID-19“ zu werten sind.
Referenzen:
Deutscher Allergiekongress; Wiesbaden, September 2020