15. Nov. 2023Behandlung des RDS

Reizdarmsyndrom: Die Low-FODMAP-Diät

Wenn Schmerzen, Blähungen und Diarrhoe als dominante Symptome eines RDS auftreten, sollte die Low-FODMAP-Diät empfohlen und unter Anleitung umgesetzt werden.

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Reizdarmsyndrom (RDS), auch als Colon irritable bekannt, betrifft geschätzt 10–15% der Weltbevölkerung. Fast die Hälfte der Patientinnen und Patienten, die sich wegen Magen-Darm-Beschwerden bei ihrer Hausärztin oder ihrem Hausarzt vorstellt, leidet unter RDS. Leitsymptome des RDS sind diffuse abdominelle Schmerzen, Blähungen, Meteorismus und Stuhlveränderungen (Diarrhoe und/oder Obstipation).

Wie wird das Reizdarmsyndrom diagnostiziert und behandelt?

RDS ist eine Ausschlussdiagnose. Somit müssen zuerst andere somatische Ursachen wie Zöliakie, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen und maligne Erkrankungen differenzialdiagnostisch abgeklärt werden. Bei unauffälligen laborchemischen, bildgebenden und mikrobiologischen Befunden kann von RDS ausgegangen werden.

Die Diagnose RDS kann gestellt werden, wenn 3 Kriterien erfüllt sind:

  • Die Beschwerden bestehen seit mindestens 3 Monaten.
  • Die Lebensqualität des Patienten bzw. der Patientin ist durch die Beschwerden beeinträchtigt.
  • Andere Krankheitsbilder, die RDS-Symptomen ähneln, wurden ausgeschlossen.

Der Grundstein einer erfolgreichen RDS-Behandlung liegt in der guten Arzt-Patienten-Beziehung. Eine patientenzentrierte Kommunikation, Aufklärung über Diagnose und Pathophysiologie sowie das Miteinbeziehen in Therapieentscheidungen kann den Erfolg der Behandlung signifikant verbessern. Zudem sollten individuelle Trigger und externe Faktoren, die zu einer Aggravierung der Symptome führen, wie Schichtarbeit, psychologische Stressoren, Medikamente und Nahrungsmittel, berücksichtigt werden.

Neben Lifestyle-Veränderungen kommen auch symptomorientierte medikamentöse Behandlungen sowie Hypnosetherapie infrage. Aufgrund der Heterogenität des RDS gibt es jedoch keine Standardtherapie. Bei partiellem Ansprechen auf eine Monotherapie sollten Kombinationen verschiedener Behandlungsmöglichkeiten in Erwägung gezogen werden.

Bei Schmerzen, Blähungen und Diarrhoe als dominante Symptome sollte die Low-FODMAP-Diät empfohlen werden.1 Die Low-FODMAP Diät führt bei ca. 75% der Patientinnen und Patienten mit RDS zu einer signifikanten Verbesserung der gastrointestinalen Symptome.2

Häufig berichten Patientinnen und Patienten bereits im Vorfeld über gastrointestinale Beschwerden, beispielsweise beim Konsum von Zwiebeln, Knoblauch oder Milchprodukten. Zwar weisen diese Lebensmittel alle einen hohen FODMAP-Gehalt auf, jedoch sind die auslösenden Lebensmittel bei jedem Betroffenen verschieden.

Was sind Low-FODMAPs?

FODMAP steht für fermentierbare Oligo-. Di- und Monosaccharide und Polyole (engl.: Fermentable Oligosaccharides, Disaccharides And Polyols) und umfasst eine Gruppe von schlecht absorbierbaren, kurzkettigen Kohlenhydraten, die zu übermäßiger Flüssigkeits- und Gasansammlung im Dünn- und Dickdarm führen. Zu FODMAPs gehören Fruktose, Laktose, Fruktane, Galakto-Oligosaccharide und Polyole. FODMAPs sind kleine, osmotisch aktive Moleküle, die schlecht aufgenommen werden und schnell fermentieren. Die geringe Molekülgröße führt zu einem osmotischen Effekt, der Wasser in den Dickdarm zieht. FODMAPs werden zusätzlich durch die Mikroflora des Dickdarms fermentiert, wobei Kohlenstoffdioxid, Wasserstoff und Methangas entstehen. Diese Zunahme von Flüssigkeit und Gasen führen wiederum zu Diarrhoe, Blähungen und Bauchschmerzen.3

Klinische Umsetzung der Low-FODMAP-Diät

Die Low-FODMAP-Diät findet in 3 Phasen statt:4

  • Eliminationsphase: FODMAP-reiche Lebensmittel werden für 2–6 Wochen ausgeschlossen.
  • Wiedereinführungsphase: Es werden methodisch Lebensmittel mit hohem FODMAP-Gehalt ausgetestet, während im Hintergrund noch eine Low-FODMAP-Diät eingehalten wird. Für ein akkurates Ergebnis müssen zwischen 2 zu testenden Lebensmittel 2–3 Tage liegen, um einen Überkreuzungseffekt zu vermeiden.
  • Personalisierungsphase:Die Auswirkungen der FODMAP-Diät auf die individuelle Person werden bewertet und eine langfristige Diät zusammengestellt, die eine angemessene Ernährung und die Vermeidung von schlecht tolerierten FODMAPs fördert. Wichtig ist, dass diese Phase möglichst flexibel gestaltet wird, da die Anfangsphase restriktiv ist. Außerdem kann sich die Verträglichkeit im Laufe der Zeit ändern, somit sollen Patientinnen und Patienten ermutigt werden, schlecht verträgliche FODMAPs periodisch neu auszutesten.

Während die Diät unter Anleitung von Gastroenterologinnen bzw. Gastroenterologen oder Hausärztinnen und Hausärzten implementiert werden kann, hat eine Studie ergeben, dass der Therapieerfolg unter Einbeziehung eines multidisziplinären Teams deutlich steigt. Insbesondere die Einbindung einer Diätologin oder eines Diätologen führt zu einem deutlich besseren Ergebnis und einer höheren Compliance auf Seite der Patientinnen und Patienten. Wenig hilfreich ist es, Patientinnen und Patienten lediglich ausgedruckte Diätbogen mitzugeben, da diese oft zu sehr vereinfacht sind und nicht regelmäßig aktualisiert werden.5

Zur Planung und Durchführung der Low-FODMAP-Diät sind vor allem die Empfehlungen der Herausgeber der Low-FODMAP-Diät, die Monash University, die regelmäßig evaluiert werden, empfehlenswert.

Die Plattform https://www.monashfodmap.com/ bietet nicht nur einen patientenorientierten Online-Kurs an, sondern auch eine App mit einer umfänglichen Liste aller Lebensmittel, die auf ihr individuelles FODMAP-Gehalt getestet wurden. Insbesondere für Patientinnen und Patienten, die keinen Zugang zu einer Ernährungsberatung haben, ist dies empfehlenswert und kann eine kostengünstige Alternative bieten.

Risiken der Low-FODMAP-Diät

Vor Umsetzung der Diät sollten ernährungsbezogene Risiken abgewogen werden. Betroffene, die die Eliminationsphase zu lange einhalten, haben ein erhöhtes Risiko, zu wenig Kalzium, Magnesium, Vitamin C, Folsäure und Riboflavin einzunehmen.6 Daher sollten Patientinnen und Patienten angehalten werden, FODMAP-reiche Lebensmittel wie Milch durch FODMAP-niedrige Ersatzmittel (z.B. laktosefreie oder Sojamilch) zu ersetzen. Insbesondere bei Patientinnen und Patienten mit Essstörungen, Mangelernährung sowie bereits restriktiven Diäten (vegetarische oder vegane Ernährung, bekannte Zöliakie) sollte eine Diätologin oder ein Diätologe mit einbezogen werden.

Insgesamt sollte auch auf eine adäquate Ballaststoffeinnahme geachtet werden, da durch die Eliminationsphase viele Ballaststoffe aus der Diät gestrichen werden.

Langfristig kann die Low-FODMAP-Diät zu einer Reduktion von gastrointestinalen Symptomen und somit zur Besserung der Lebensqualität für Betroffene führen.7