Neue Spezies im menschlichen Darm entdeckt
Ein internationales Team von Mikrobiologen und Mikrobiologinnen der Med Uni Graz, der DSMZ Braunschweig und der University of Illinois hat im menschlichen Darm eine bisher unbekannte methanbildende Archaeenspezies beschrieben: Methanobrevibacter intestini sp. nov. (Stamm WWM1085).

Außerdem isolierten sie eine neue Variante der bekannten Art Methanobrevibacter smithii, genannt „GRAZ‑2“. Dies vertieft das Verständnis der Wechselwirkungen zwischen Mensch und Mikrobiom.
Archaeen – übersehene Mitbewohner
Archaeen bilden eine eigene Domäne des Lebens. Anders als Bakterien besitzen sie besondere Zellmembranen, Stoffwechselwege und Gene. Neben extremen Standorten besiedeln sie auch den menschlichen Darm. Methanogene Archaeen wandeln Wasserstoff und CO₂ in Methan um und beeinflussen so zentrale Stoffwechselprozesse – bei Wiederkäuern wie auch im Menschen. Ihre Erforschung ist schwierig, weil sie sauerstoffempfindlich und schwer zu kultivieren sind.
Zwei besondere Funde
Dank Kultivierung ohne Sauerstoff, Elektronenmikroskopie und Genomsequenzierung isolierten die Forschenden zwei neue Stämme:
- M. intestini WWM1085 wächst nur strikt anaerob, produziert Methan und überraschend viel Succinat, das mit Entzündungen in Verbindung steht.
- M. smithii „GRAZ‑2“ bildet Formiat, das möglicherweise den Energiestoffwechsel anderer Darmbakterien beeinflusst.
Diese Ergebnisse zeigen, dass das Archäom des Darms komplexer und bedeutender ist als bislang vermutet.
Bedeutung für die Mikrobiommedizin
„Unsere Entdeckung liefert ein weiteres Puzzleteil für das funktionelle Verständnis des menschlichen Mikrobioms“, erklärt Christine Moissl-Eichinger, Professorin für interaktive Mikrobiomforschung an der Med Uni Graz. Das Archäom – alle Archaeen des Mikrobioms – könnte Schlüsselrollen für Darmfunktion, Gasbildung und Erkrankungen spielen. Erst die gezielte Isolierung kultivierbarer Stämme erlaubt mechanistische Studien und eröffnet Perspektiven für künftige therapeutische Ansätze. Die Entdeckung von M. intestini und „GRAZ‑2“ markiert somit einen wichtigen Schritt hin zu einer personalisierten Mikrobiommedizin. Denn, „Nur mit kultivierten Stämmen können wir gezielte mechanistische Untersuchungen durchführen“, betont Viktoria Weinberger, Erstautorin der betreffenden Studie. „Das ist essenziell, um die Rolle einzelner Mikroorganismen in Gesundheit und Krankheit besser zu verstehen – und langfristig auch, um daraus therapeutische Ansätze zu entwickeln.“
Die Studie
Expanding the cultivable human archaeome: Methanobrevibacter intestini sp. nov. and strain Methanobrevibacter smithii ‘GRAZ-2’ from human faeces
International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology
MedUni Graz
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