„HNO-Heilkunde ist auch mein Hobby“
Priv.-Doz. Dr. Axel Wolf, Hals-Nasen-Ohren-Universitätsklinik, Graz, lieferte eine der ersten Publikationen zum Mikrobiom des Speichels bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren. Die krebs:hilfe! hat nachgefragt, wie sich Spitzenforschung ausgeht, wenn man fast täglich im OP steht. (krebs:hilfe! 3/19)
Für eine Studie zum Mikrobiom des Speichels als Indikator für Karzinogenese bei Oropharynxtumoren erhielt Wolf den Wissenschaftspreis der Österreichischen Gesellschaft für HNO-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie. Darüber hinaus wurde der 32-Jährige kürzlich als einziger Vertreter des deutschsprachigen Raumes in den Vorstand des Junior Board der European Rhinologic Society gewählt.
Das Mikrobiom modifizieren
Bei der prämierten Arbeit handelt es sich um eine Kooperation mit der Forschungsgruppe um Univ.-Prof. Dr. Christine Moissl-Eichinger. Wolf: „An der Med Uni Graz gibt es eine sehr hohe Expertise in der Mikrobiomforschung. Die nun publizierte Arbeit war eine von mehreren laufenden Pilotstudien. Wir haben Unterschiede im Mikrobiom bei Gesunden und Kranken gesehen und dass Faktoren wie HPV einen Einfluss auf die Veränderung des Mikrobioms haben. Der nächste Schritt ist, genauer zu typisieren, welche Faktoren Änderungen im Mikrobiom beeinflussen und was das für die Prognose und die Therapieselektion bedeutet.“
Wie das Darmmikrobiom mit dem der Schleimhäute im HNO-Bereich interagiert soll, ebenfalls untersucht werden. Aus jetziger Sicht lässt sich über die Anwendung der Mikrobiomforschung im Kopf-Hals-Bereich nur spekulieren. Eine Zukunftsvision wäre die der frühen Diagnostik, also bei klinisch unauffälligen Personen Mikrobiomveränderungen identifizieren zu können, die einen Hinweis auf Tumorerkrankunen im Kopf-Hals-Bereich liefern. Darüber hinaus gibt es im Tierversuch Hinweise dafür, dass das menschliche Mikrobiom einen Einfluss auf die Wirksamkeit der Therapie von Tumoren, z.B. für Immuntherapien, haben könnte. Ein weiteres Ziel wäre, das Mikrobiom des Speichels indirekt, nämlich über das Darmmikrobiom, zu optimieren.
Tapetenwechsel tut gut
Wolf hat in Wien Medizin studiert und parallel das Doktorat der Angewandten Medizinischen Wissenschaften gemacht. Neben der Facharztausbildung wurde ihm 2016 die Habilitation zum Privatdozenten von der Med Uni Graz verliehen. Warum er HNO-Arzt werden wollte? „Obwohl es den Ruf eines kleinen Fachs hat, hat man in der HNO einen sehr abwechslungsreichen Alltag. Die Chirurgie beansprucht den Großteil meines Arbeitstages an der Klinik. Darin muss man aktiv sein, um Sicherheit zu haben und sich weiterzuentwickeln. Aber man muss gerade in unserem Fach nach der OP Patienten konservativ weiterführen.
Das ist das Herausfordernde, weil es eine Vielzahl an Interaktionen zwischen chirurgischen und konservativen Therapien gibt, aber eben auch das Interessante.“ Einen Patienten von der Erstdiagnose bis zur Nachsorge zu führen und sein Ansprechpartner zu bleiben, ist für Wolf etwas, woraus er Energie schöpft. „Persönlich ist es ein wichtiger Faktor, dass man auch Patienten weiter begleitet, denen es gut geht. Das Ergebnis einer OP kann – gerade in unserem Bereich – nur dann optimal sein, wenn auch die Nachsorge optimal ist. Komplikationen wie Schluckbeschwerden oder Schmerzen nach großen Eingriffen können eine massive Einschränkung der Lebensqualität verursachen, die es zu verbessern gilt.“ „Als HNO-Arzt behandelt man natürlich viele Kinder und sieht ein breites Spektrum an Patienten und Krankheiten. Der Tapetenwechsel zur Onkologie tut schon gut.“
Auch die Forschung mache seinen Alltag abwechslungsreicher und sei weniger Pflicht als Bereicherung. „24 Stunden pro Tag sind oft zu wenig, um alles unterzubringen. Aber in vielen Fällen ist das, was ich mache, für mich keine Arbeit, sondern ein Hobby, das mich interessiert.“ Bereits Studenten die Berührungsängste mit der Forschung zu nehmen, hält Wolf für essenziell. „Hier könnten die Unis ansetzen, um Österreich als Forschungsstandort hochzuhalten.“ Für Wolf selbst war als Student die Zusammenarbeit mit Prim. Univ.-Prof. Dr. Martin Burian im Rahmen der Diplomarbeit ausschlaggebend. „Da habe ich gelernt, dass man etwas Positives mit der wissenschaftlichen Arbeit assoziieren kann und sie nicht nur lästige Pflicht im Rahmen des Studiums bedeutet.“
Brücken bauen
Langfristig will Wolf eine Art Baukastensystem etablieren, mit dem man die optimale Therapie für jeden Patienten zusammenstellen kann. Grundlage dafür sei der Brückenbau zu anderen Fachdisziplinen und der Grundlagenforschung. „In der multidisziplinären Zusammenarbeit die Expertise zu bündeln, ist sicher die Zukunft der Medizin generell, weil sich ständig sehr viel entwickelt und wir das Beste für den Patienten herausholen müssen.“ Um das zu erreichen, tauscht Wolf sich viel im In- und Ausland aus. Gelegenheit zum Netzwerken bietet z.B. der jährlich in Graz stattfindende Rhinochirurgie-Kurs, den Wolf mitorganisiert und bei dem HNO-Ärzte aus über 30 Nationen zusammenkommen.
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