22. Apr. 2021Impfberatung

FSME-Impfung – Beratungshilfe für die Apotheke

Österreich zählt zu den am stärksten von FSME betroffenen Gebieten in Europa, daher ist diese Impfung jedes Frühjahr ein Thema. Speziell allerdings in diesem Jahr, denn 2020 gab es 215 hospitalisierte FSME-Fälle, so viele wie seit fast 30 Jahren nicht mehr.

Achtung Häkchen auf Deutsch
iStock/Animaflora

Vorkommen und Erreger

Zurückzuführen war das auf nicht durchgeführte Impfungen im Lockdown und bestimmt auch darauf, dass verstärkt Aktivitäten in der Natur wie Spazierengehen oder Radfahren boomen. Denn ausgelöst wird die Erkrankung durch ein Flavivirus, das durch den Stich der Zecke Ixodes ricinus (Gemeiner Holzbock) übertragen wird. Diese Zecken findet man in Wäldern, vor allem in Gebüsch, hohem Gras und Laub, aktiv werden sie ab einer Temperatur von circa 8°C. Waren früher vor allem die Steiermark und Oberösterreich betroffen, findet man den Erreger mittlerweile in allen Bundesländern und auch in Höhen über 1.300 Metern.  Wird man von einer infizierten Zecke gestochen, gelangen die Viren ins Blut und lösen so die Erkrankung aus. FSME-Infektionen wurden auch durch den Verzehr von unpasteurisierten Rohmilchprodukten nachgewiesen. Die Inkubationszeit nach Kontakt mit dem Virus beträgt 2–28 Tage, etwa 30–40 Prozent der Infizierten erkranken tatsächlich. In einer ersten Phase kommt es zu unspezifischen, grippeähnlichen Symptomen wie Kopf- und Gelenksschmerzen, Fieber und Müdigkeit, diese klingen aber rasch wieder ab. Danach folgt ein etwa siebentägiges symptomfreies Intervall, gefolgt von den klassischen neurologischen Manifestationen der Meningitis, Enzephalitis oder Myelitis in der zweiten Phase. Hier besteht die Gefahr von bleibenden Folgeschäden, vor allem bei erkrankten Kindern. Etwa ein Prozent der Infizierten verstirbt an der FSME. Eine kausale antivirale Therapie der FSME ist nicht möglich, behandelt wird ausschließlich symptomatisch.

Daher ist die Prävention durch Vorsichtsmaßnahmen (Insektenschutz) und Impfung besonders wichtig. Die FSME-Impfung wird für alle in Österreich lebenden Personen empfohlen.

Impfschema

In Österreich gibt es FSME-Impfstoffe von zwei Herstellern, bei beiden Produkten handelt es sich um Totimpfstoffe, die intramuskulär appliziert werden. Die Impfung ist ab dem vollendeten 1. Lebensjahr zugelassen, in Endemiegebieten wie der Steiermark kann sie bei besonders gefährdeten Kindern bereits ab dem 7. Lebensmonat verabreicht werden (abweichendes Impfschema möglich).

Tabelle: In Österreich zugelassene FSME-Impfstoffe
ImpfstoffzugelassenKinderdosis (entspricht halber Erwachsenendosis)
FSME-Immun® (Hersteller Pfizer)ab dem vollendeten 16. Lebensjahrfür Kinder ab dem vollendeten 1. bis zum vollendeten 16. Lebensjahr: FSME-Immun® junior
Encepur® (Hersteller GSK/Novartis)ab 12 Jahrenfür Kinder ab dem vollendeten 1. bis zum Ende des 12. Lebensjahres: Encepur® Kinder

Die Grundimmunisierung verläuft bei beiden Impfstoffen ähnlich: Die zweite Dosis soll nach 1–3 Monaten gespritzt werden, die dritte Dosis 5–12 Monate nach der zweiten Dosis (FSME-Immun®) bzw. 9–12 Monate nach der zweiten Dosis (Encepur®). Ein Wechsel zwischen den beiden gleichwertigen Impfstoffen ist ab der zweiten Teilimpfung ohne Einbuße der Wirksamkeit möglich, wird aber nicht empfohlen.

Nach der ersten Dosis der Grundimmunisierung ist noch kein vollständiger Impfschutz vorhanden, daher ist im Bedarfsfall ein Schnellimmunisierungsschema möglich, bei dem die zweite Dosis nach 14 Tagen (FSME-Immun®) bzw. nach 7 Tagen (Encepur®) verabreicht wird. Als unerwünschte Nebenwirkungen wurden innerhalb der ersten 1–4 Tage nach der Impfung häufig Kopfschmerzen, erhöhte Körpertemperatur, Rötung an der Einstichstelle, vorübergehende Arthralgien und Myalgien beobachtet und sehr selten Missempfindungen wie Taubheitsgefühl und Kribbeln. Diese Symptome traten vor allem nach der ersten Impfung auf, sie waren allerdings nie schwerwiegend oder lebensbedrohlich. 

Nicht geimpft werden dürfen Personen, die eine Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff, sonstige Bestandteile des Impfstoffes (Ei- und Hühnerproteine) oder dessen Produktionsrückstände haben, hier soll auch an Kreuzallergien gedacht werden. Bei mittelschweren bis schweren akuten Infekten sollen die Genesenen nach frühestens zwei Wochen geimpft werden. Ein Abstand von der derzeit verabreichten Impfung gegen SARS-CoV-2 von 14 Tagen wird ebenfalls empfohlen.

Auffrischungsimpfungen

Auffrischungsimpfungen sollten ebenso wie die Grundimmunisierung bevorzugt vor Beginn der Zeckensaison erfolgen. Daher ist der Impfstoff ab Jänner zum Aktionspreis erhältlich, zusätzlich gibt es ganzjährig Zuschüsse der Krankenkassen. Die erste Auffrischung erfolgt drei Jahre nach Abschluss der Grundimmunisierung, danach wird der Impfschutz bis zum vollendeten 60. Lebensjahr alle fünf Jahre aufgefrischt, ab dem vollendeten 60. Lebensjahr alle drei Jahre. Nach vollständiger Grundimmunisierung ist bei 99 Prozent der Geimpften mit vollständigem Schutz zu rechnen.

Wird eine ungeimpfte oder teilgeimpfte Person von einer Zecke gestochen, gibt es empfohlene Vorgehensweisen des Nationalen Impfgremiums zur postexpositionellen Prophylaxe. Wurde der/die Betroffene noch nie gegen FSME geimpft, so soll mit der Grundimmunisierung vier Wochen nach dem Zeckenstich gestartet werden. Humane FSME-Immunglobuline zur passiven Immunisierung sind nicht mehr verfügbar.

Meldepflicht

FSME ist in Österreich meldepflichtig (wie auch die Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus); aufgrund der hohen Durchimpfungsrate sind die Fallzahlen aber im Vergleich zum benachbarten Tschechien oder der Schweiz sehr zurückgegangen.

Andere durch Zecken übertragbare Krankheiten

Zecken können noch weitere Krankheitserreger übertragen. Hierbei handelt es sich um Bakterien wie Borrelia burgdorferi, diese löst die Lyme-Borreliose aus. Ein ganz charakteristisches Zeichen für eine Infektion mit Borrelia burgdorferi ist die Wanderröte (Erythema migrans) ein kreisrunder scharf begrenzter Ring, der 3–30 Tage nach dem Zeckenstich auftaucht. Eine Behandlung mit Antibiotika ist möglich. Unbehandelt schreitet die Infektion weiter fort, es kommt zu Gelenksbeschwerden (Lyme-Arthritis) sowie zum Befall des Nervensystems (Neuroborreliose) und selten des Herzens Monate bis Jahre nach dem Zeckenstich.

Relativ neu beschrieben wurden in der Literatur allergische Reaktionen auf Kohlehydrate im Speichel von Zecken, das alpha-Gal-Syndrom. Diese Allergie richtet sich gegen ein Disaccharid, das vor allem in rotem Fleisch und Milchprodukten enthalten ist. Es kommt nach deren Verzehr zu starkem Juckreiz, gastrointestinalen Symptomen, im Extremfall zu einem anaphylaktischen Schock.

Tipps

  • Bei Spaziergängen im Wald und über Wiesen geschlossene Kleidung tragen, um Zeckenbefall mechanisch zu verhindern (lange Hosen und Ärmel, geschlossene Schuhe).
  • Speziellen Insektenschutz auftragen, der vor Zeckenbefall schützt.
  • Nach Wanderungen den Körper auf Zecken absuchen, bevorzugte Stichstellen sind Hals, Nacken, Achselhöhlen, Haaransatz und Ohrbereich, Knie- und Ellenbeugen.
  • Wenn eine Zecke entdeckt wird, diese möglichst rasch mit einer speziellen Zeckenzange entfernen, dabei nicht quetschen. Keinesfalls die Zecke mit Öl oder Klebstoff beträufeln.

Impfungen

Die erste Schutzimpfung wurde bereits 1796 von Edward Jenner entwickelt. Doch selten waren Impfungen präsenter in den Medien als jetzt. Das grundsätzliche Wirkprinzip ist dennoch seit damals gleich geblieben: Mit einer Schutzimpfung wird im Körper eine Infektionskrankheit nachgeahmt.

Dringen Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren in den menschlichen Organismus ein, so erkennt das köpereigene Abwehrsystem die körperfremden Substanzen und versucht sie zu eliminieren. Eine aktive Immunisierung mit einem Impfstoff gleicht im Prinzip dieser Immunreaktion, die bei einer natürlichen Infektion abläuft – allerdings ohne tatsächlich die echte Krankheit durchzustehen. Dazu müssen die Antigene in einer speziellen Form appliziert werden, um eine optimale Immunantwort mit Antikörpern auszulösen, sie dürfen aber keine krankmachenden Eigenschaften haben. Man unterscheidet hier prinzipiell zwischen Lebend- und Totimpfstoffen.

Lebendimpfstoffe

Hier werden lebende, aber abgeschwächte Erreger geimpft, die so keine Erkrankung hervorrufen. Grundsätzlich reicht schon eine Impfdosis für eine langandauernde Immunität ähnlich der Infektion mit dem natürlichen Krankheitserreger, dennoch wird aus Sicherheitsgründen eine zweifache Immunisierung angeraten. Beispiele sind etwa die Masern-, Mumps-, Röteln- oder Varizellen-Impfung.

Totimpfstoffe

Diese enthalten abgetötete, nicht mehr vermehrungsfähige Erreger oder Teile davon. Bei den Totimpfstoffen sind mehrere Dosen erforderlich, um eine schützende Immunantwort aufzubauen. Beispiele sind der Hepatitis A- und der FSME-Impfstoff (inaktivierte Erreger), Tetanus und Diphterie-Impfstoffe (gereinigte Toxoide) oder der Hepatitis-B-Impfstoff (Subunit-Impfstoff).

Neu und derzeit aufgrund der COVID-19-Impfstoffentwicklung besonders im Fokus: messenger-RNA-Impfstoffe. Sie enthalten Genabschnitte des SARS-CoV-2-Virus mit deren Information („Bauplan“) die menschliche Körperzelle Proteine (Impfantigene) selbst herstellt. Diese Proteine lösen dann im Organismus eine gezielte Antikörperbildung gegen das SARS-CoV-2-Virus aus, die mRNA aus dem Impfstoff wird danach von körpereigenen Zellen abgebaut. Nachteilig bei diesen Impfstoffen sind Transport und Lagerung, die bei extrem niedrigen Temperaturen erfolgen müssen (–20 bis –80°C).

Ebenfalls relativ neu sind Vektorbasierte Impfstoffe. Hier werden für den Menschen harmlose Viren (etwa das Schimpansen-Adenovirus) so verändert, dass ihr Genom den Bauplan für einen oder mehrere Bestandteile des Erregers enthält, sozusagen ein „Schaf im Wolfspelz“. Es exprimiert ein komplettes „spike“-Protein des SARS-CoV-2-Virus, ähnliche Adenovirusvektoren wurden bei der Impfung gegen Ebola entwickelt.

Neben den Wirkstoffen, die die Immunantwort auslösen, enthalten Impfstoffe noch zahlreiche weitere Inhaltsstoffe, sogenannte Adjuvantien zur Wirkverstärkung (z.B. Aluminiumverbindungen), Stabilisatoren, Emulgatoren (wie Polyethylenglykol, Polysorbate) oder auch Produktionsrückstände wie Antibiotika oder Fremdproteine.

Beratungstipp

Möchte ein Kunde in der Apotheke einen Impfstoff ohne ärztliche Verordnung kaufen, so sollte erfragt werden:

  • Für wen ist der Impfstoff? Wie alt ist der Impfling?
  • Handelt es sich um eine Erst- oder Auffrischungsimpfung?
  • Wie lange ist die letzte Impfung her?
  • Gibt es eine Dauermedikation (z.B. orale Antikoagulantien) oder werden Immunsuppressiva eingenommen?

Besonders wichtig ist es, den Kunden auf die richtige Lagerung des Impfstoffes aufmerksam machen: kühl lagern, vor allem Lebendimpfstoffe benötigen eine kontinuierliche Kühlkette. Achtung beim Transport mit Kühlakkus: Impfstoffe dürfen nicht einfrieren.

Erklärung der Begriffe Impfreaktion bzw. Impfkomplikation: Bei der Impfreaktion kommt es zu Beschwerden im Rahmen der normalen Immunantwort wie Lokalreaktionen an der Injektionsstelle oder Fieber. Bei einer Impfkomplikation kommt es zu einem vorübergehenden, therapiebedürftigen gesundheitlichen Ereignis oder zu bleibenden Schäden nach einer Impfung. Dies tritt sehr selten auf, etwa im Bereich von 1:10.000 bis zu 1:1 Mio. geimpften Personen.

An die Eintragung der Impfung im internationalen Impfpass erinnern – ganz neu auch im elektronischen Impfpass.