Durchatmen

Der Sommer steht vor der Tür, vor Kurzem sind die Masken weitgehend gefallen. Zeitung lesen oder Nachrichten hören ist anscheinend nicht mehr in, sonst wüssten weitaus mehr Wiener KundInnen, dass Wien einen etwas anderen Weg geht. Immer noch müssen wir erklären, dass wir nicht einfach ein Geschäft, sondern eine Gesundheitseinrichtung wie auch eine Arztpraxis oder ein Ambulatorium sind. „Aber ihr seid's doch kein Arzt“ kommt es da manchmal unsinnigerweise oder auch: „Wieso kann ich mich beim Optiker weniger anstecken als in der Apotheke?  „Ja, warum wohl??“, möchte man händeringend zurückfragen, tut es aber aus Resignation nicht mehr.

Person bei heißem Wetter, die kühle Luft vom Ventilator oder Ventilator genießt, Vektor-Cartoon-Strichfigur oder Charakterillustration.
iStock/Zdenek Sasek

Vorsichtig tastet man sich an etwas heran, was noch vor über zwei Jahren als „normales Leben“ galt. Aber was ist schon normal? Und wollen wir wirklich wieder alles so wie früher haben, oder nutzen wir auch die Chance zur Veränderung, die uns die Pandemie gegeben hat?

Ich beobachte eine erhöhte Sensitivität sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Erfreulicherweise bemerke ich auch wieder freundlichere, gelassenere KundInnen, die anderen gerne den Vortritt lassen, die utopische Sätze sagen wie: „Ich habe Zeit!“ oder auch „Macht ja nichts!“ Balsam für die Seele. Da kann man die anderen dann auch leichter aushalten.

Diejenigen nämlich, die mit erhöhter Aggressivität durchs Leben gehen. Wie eine Dame ohne Maske, die nach unserer freundlichen Aufforderung, eine anzulegen, sagt: „Ich habe eine Maskenbefreiung.“ Auf meine Frage, ob sie diese vorweisen könne, zeigt sie mir ein undeutliches Foto aus einer Ordination vom Land. Ich weise sie darauf hin, dass wir prinzipiell keine Fotos auf Smartphones als Dokumente oder Rezepte akzeptieren, aber ich wolle jetzt kein Problem draus machen. Da faucht sie mich an: „Dann geh' ich eben wieder in Niederösterreich einkaufen und brauch den ganzen Wiener Sch...nicht! Ihr seid ja nicht normal!“

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