11. Okt. 2023Zoonosen

Fledermaus-Tollwut in Österreich bestätigt

Im September 2023 wurde erstmals das Fledermaus-Tollwutvirus in Österreich nachgewiesen. Eine Übertragung auf Menschen und andere Tiere ist extrem selten.

Noufaldi/AdobeStock

Im September 2023 wurde der erste Fall von Tollwut bei einer Breitflügel-Fledermaus in Österreich durch das Nationale Referenzlaboratorium für Tollwut der AGES Mödling bestätigt. Verendet war das Tier schon im Juni in einer Fledermausrettungsstation. Die Fledermaus-Tollwut wird durch verschiedene mit dem klassischen Tollwutvirus verwandte Lyssaviren ausgelöst, unterscheidet sich jedoch von der terrestrischen Tollwut. Doch auch die Fledermaus-Tollwut kann bei Kontakt mit einem infizierten Tier auf den Menschen übertragen werden. Grundsätzlich geht die größte Gefahr einer Übertragung aber von Hunden aus. Österreich gilt weiterhin als tollwutfrei.

Was ist Tollwut?

Tollwut, auch Rabies, ist eine der tödlichsten viralen Erkrankungen des Menschen, ausgelöst durch das Rabies lyssavirus (RABV) aus der Familie der Rhabdoviridae, Gattung Lyssavirus, und wird den Zoonosen zugeordnet. Übertragen wird Tollwut durch infektiösen Speichel über Bisse, Kratzer oder selten durch direkten Schleimhautkontakt. Sehr selten kann eine Infektion auch durch Einatmen virushaltiger Aerosole erfolgen. Die Inkubationszeit beträgt zwischen wenigen Tagen und mehreren Jahren. Nach kurzer Vermehrung an der Eintrittspforte wandert das Rabiesvirus über die peripheren Nerven ins zentrale Nervensystem, wo eine massive Virusreplikation in den Ganglien stattfindet. Über die Speicheldrüse wird in weiterer Folge das Virus ausgeschieden.

Tollwut ist weltweit, besonders in Asien und Afrika, verbreitet. Jährlich sterben nach Schätzungen der WHO knapp 60.000 Menschen an der terrestrischen (oder auch klassischen bzw. erdgebundenen) Tollwut. 30–50% davon sind Kinder unter 15 Jahren. Die Erreger werden überwiegend (bis zu etwa 99%) durch Hundebisse übertragen.

Tollwut ist eine anzeigepflichtige Tierseuche. In Österreich ist die Überwachung dieser Krankheit durch das Zoonosengesetz (BGBl. I Nr. 128/2005) geregelt. Das Hauptreservoir des Rabiesvirus stellt in Europa der Rotfuchs dar, aber auch Marderhunde, Waschbären und Stinktiere können Träger sein. Prinzipiell ist jedes Säugetier empfänglich für das Virus. Österreich gilt seit 2008 als anerkannt tollwutfrei, in angrenzenden östlichen Nachbarländern, wie Ungarn oder der Slowakei, wurde die terrestrische Tollwut im Jahr 2022 in 4 bzw. 2 Fällen bei Tieren bestätigt.

Klinischer Verlauf und Diagnostik der Tollwut

Die Tollwut beim Menschen wird in Prodromalstadium, akute neurologische Phase mit enzephalitischer Form (80%) oder paralytischer Form („stille Wut“, 20% der Fälle) und Koma eingeteilt.

Im frühen Stadium treten Symptome wie uncharakteristische Kopf- und Muskelschmerzen und gelegentlich Fieber auf. Auch Schmerzen bzw. Brennen und Jucken im Bereich der Bisswunde sowie Entzündungsreaktionen kommen vor.

Im Falle der enzephalitischen Form treten Hydrophobie (Angst vor Trinken allein schon durch den Anblick von Wasser), Aerophobie (Angst vor Zugluft), Unruhe und Krämpfe auf, die die gesamte Muskulatur betreffen können. Weitere Symptome sind Hypersalivation (vermehrter Speichelfluss) durch Schluckstörungen in Folge der Hydrophobie, übersteigerte Erregbarkeit und Spasmen.

Bei der paralytischen Form kommt es im Krankheitsverlauf zu Parästhesien durch Veränderungen an peripheren Nervenstrukturen und am Rückenmark sowie zu Muskelschwäche und absteigenden Lähmungen.

Die Patientinnen und Patienten fallen schlussendlich ins Koma. Der Tod erfolgt durch Lähmung der Atem- oder Herzmuskulatur und tritt für gewöhnlich in dieser Phase innerhalb von etwa 14 Tagen nach Auftreten der ersten Symptome ein.

Diagnostisch kommt intra vitam der Nachweis von Virus-RNA in Nackenhautbiopsien zum Einsatz. Post mortem erfolgt die Diagnose mittels direktem Immunfluoreszenztest oder RT-PCR.

Charakteristisch für die Tollwut sind die sogenannten Negri-Körperchen. Das sind zytoplasmatische, eosinophile Einschlusskörperchen, die pathologisch in Ganglienzellen des Gehirns (v.a. in Ammonshorn- und Purkinje-Zellen) nachgewiesen werden können.

Prävention durch Impfung

Durch die orale Immunisierung von Füchsen konnte die terrestrische Tollwut in großen Teilen Europas ausgerottet werden. Die konsequente Schutzimpfung von Reservoirtieren (v.a. Hunde) bietet der Ausbreitung der Erkrankung weiter Einhalt. Grundsätzlich sollten Wildtiere mit fehlender Scheu sowie tote oder am Boden liegende Fledermäuse nicht mit bloßen Händen angefasst werden.

Die Erkrankung verläuft fast immer tödlich. Derzeit stehen keine Therapiemaßnahmen zur Verfügung. Nach Bissen von tollwutverdächtigen Tieren steht die sogenannte postexpositionelle Prophylaxe (PEP) zur Verfügung. Diese ist jedoch nur wirksam, solange das Virus noch nicht ins zentrale Nervensystem gelangt ist. Ist das Vollbild der Erkrankung bereits aufgetreten, gibt es keine ursächlichen Therapiemöglichkeiten mehr und die Erkrankung endet unweigerlich mit dem Tod.

Da Tollwut häufig eine reiseassoziierte Infektionskrankheit des Menschen darstellt, ist eine Vakzinierung (präexpositionelle Prophylaxe, PrEP) vor Reisen in endemische Länder unbedingt empfehlenswert. Für eine vollständige Immunisierung werden 3 Impfdosen bzw. gemäß WHO-Empfehlung 2 Impfdosen im Schnellimpfschema (0, 7 Tage) mit Auffrischungsimpfung nach 1 Jahr benötigt, die unter Umständen zu einer jahrzehntelangen Immunität führen können.

Eine Liste der Stellen, an denen man sich gegen Tollwut impfen lassen kann, findet man auf der Seite der AGES.

Keine Angst vor Fledermäusen!

Bei der Fledermaus-Tollwut handelt es sich in unseren Breiten meist um eine Infektion mit dem European Bat Lyssavirus 1 oder 2, die eng mit dem klassischen Rabiesvirus verwandt sind. In Europa kommt die Tollwut bei Fledermäusen in mehreren Ländern, darunter auch den Nachbarländern Deutschland, Schweiz, Slowakei, Tschechien und Ungarn vor. Seit September 2023 ist ein Fall von Fledermaus-Tollwut auch in Österreich bestätigt.

Grundsätzlich ist bei der Übertragung von Fledermaus-Lyssaviren auf den Menschen von derselben Gefährdung auszugehen wie bei der klassischen terrestrischen Tollwut. Allerdings ist die Fledermaus-Tollwut in Europa eine äußerst seltene Erkrankung. Sind Fledermäuse mit Tollwut infiziert, greifen sie keine Menschen an. Dennoch sollte man flugunfähige Fledermäuse mit auffälligem Verhalten nicht anfassen, denn die Tiere können beißen und mit dem Biss das Virus auf Menschen übertragen. Nur durch die bloße Anwesenheit einer Fledermaus im gleichen Zimmer besteht keine Gefahr einer Infektion. Auch herabgefallene Jungtiere, Tiere im Winterschlaf sowie die Ausscheidungen der Fledermäuse sind keine Infektionsquellen.

Haustiere wie Hunde und Katzen können durch eine Impfung vor einer Ansteckung mit Tollwut geschützt werden. Doch auch ungeimpfte Tiere haben ein geringes Ansteckungsrisiko, wenn sie mit Fledermäusen in Kontakt gekommen sind.

Presseaussendung der Österreichischen Tierärztekammer, 28.9.2023
Robert Koch Institut (RKI), Epidemiologisches Bulletin, 6.4.23
AGES – Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Folder „Tollwut-Vorbeugung: sicherer Umgang mit Fledermäusen!“, September 2017
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2023/Ausgaben/14_23.pdf?__blob=publicationFile