3. Apr. 2023Warnsignale frühzeitig beachten

Der lange Leidensweg bei Endometriose lässt sich verhindern

Die Endometriose beginnt meist schon in der Jugend, wird aber oft erst mit erheblicher Verzögerung diagnostiziert. Eine unnötige Leidensgeschichte – denn mit der richtigen Therapie ist die Prognose günstig.

Endometriose-Krankheit. Gebärmutter mit Gewebewachstum
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Jede zehnte Frau leidet im fertilen Alter an einer Endometriose. Bei dieser chronisch-entzündlichen Erkrankung siedelt sich Endometrium-ähnliches Gewebe außerhalb des Uterus an. Am häufigsten betroffen ist die Bauchhöhle. Anhand der Lokalisierung werden drei Typen unterschieden: der superfizielle peritoneale Befall (ca. 80 %), die ovariale Manifestation (z.B. Zysten) und die tiefe Endometriose. Die Formen können auch kombiniert auftreten. Außerdem ist eine Erkrankung des Blasenepithels und extrapelviner Regionen (thorakal, umbilikal, zerebral etc.) möglich, erklären Prof. Dr. Andrew Horne von der University of Edinburgh und Prof. Dr. Stacey Missmer von der Michigan State University in Grand Rapids in einer Übersichtsarbeit.

Von leichten Beschwerden bis Dauerschmerz

Viele Patientinnen leiden an Infertilität und chronischen pelvinen Schmerzen (mit und ohne Zyklusabhängigkeit). Auch Dyspareunie, Dysurie und Dyschezie können auf eine Endometriose hinweisen. Die Ausprägung reicht von leichten Beschwerden (ggf. trotz ausgedehnten Befalls) bis zum Dauerschmerz in diversen Körperregionen.

Zu den häufigen Begleiterkrankungen zählen chronische Erschöpfung und Depression. Auch Fibromyalgie, Migräne und Reizdarm treten vermehrt auf. Fast die Hälfte aller Patientinnen mit Blasenschmerz oder einer interstitiellen Zystitis haben eine Endometriose. Sehr wichtig ist die Assoziation mit dem Ovarialkarzinom. Das Risiko hierfür ist verdoppelt, allerdings bei geringer Inzidenz. Nur 2,5 % der Patientinnen erkranken an diesem Tumor.

Zur Ätiologie der Endometriose wird vermutet, dass Zellen und Gewebsfragmente während der Menstruation über den Eileiter in die Bauchhöhle gelangen, wo sich dann Herde bilden. Allerdings taugt dieser Mechanismus nicht zur alleinigen Erklärung, denn fast alle Frauen haben retrograde Menstruationen. Es müssen also noch andere, bisher unbekannte Mechanismen zum Tragen kommen. Ein Schlüsselfaktor für die Entwicklung endometrialer Läsionen ist wahrscheinlich die Fähigkeit zur Bildung von neuen Blutgefäßen und Nervenbahnen. Zur Ursache der Infertilität wird vermutet, dass die peritoneale Inflammation und endokrine Störungen die Funktion von Ovarien und Eizellen beeinträchtigen.

Fragliche Befunde durch Laparoskopie absichern

Die Endometriose kann in jedem Alter auftreten, nicht selten manifestiert sie sich bereits in der Adoleszenz. Außerdem persistieren die Symptome eventuell auch nach der Menopause, manche Frauen haben in den Wechseljahren sogar verstärkte Schmerzen. Deshalb sollte man bei allen jungen Mädchen (auch < 18 Jahre) und Frauen mit mindestens einem Warnsignal an diese Erkrankung denken (s. Kasten). Mithilfe von Ultraschall und MRT lässt sich die Diagnose zum Teil bereits präoperativ sichern.

Warnsignale für Endometriose

  • chronischer Beckenschmerz (mit und ohne zyklische Exazerbationen)
  • Dysmenorrhö (im Alltag störend)
  • tiefe Dyspareunie
  • zyklische gastrointestinale Symptome (v.a. Dyschezie)
  • zyklische Harnwegsbeschwerden (v.a. Hämaturie, Dysurie)
  • Infertilität in Kombination mit mindestens einem der genannten Symptome

Das Fehlen entsprechender Befunde schließt eine Endometriose jedoch nicht aus. Bei fraglicher Diagnose oder mangelndem Ansprechen auf eine empirische Therapie empfehlen die Autoren eine laparoskopische Absicherung.

Leitlinien propagieren die chirurgische Therapie zur Schmerzlinderung. Allerdings ist bisher noch unklar, ob davon auch Patientinnen mit isolierter oberflächlicher peritonealer Erkrankung profitieren. Bei der ovarialen Endometriose ist die Zystektomie der Drainage und Koagulation vorzuziehen. Allerdings kann dieser Eingriff die Eizellreserve vermindern. Bei tiefer Endometriose wird eine komplette Exzision empfohlen. Die Hysterektomie mit und ohne Oophorektomie bleibt therapieresistenten Patientinnen vorbehalten, die nicht mehr schwanger werden wollen.

Die meisten Frauen mit gesicherter oder vermuteter Endometriose behandeln sich mit frei verkäuflichen Medikamenten wie NSAR. Diese können akute Schmerzen wirksam lindern. Eine dauerhafte Option bieten hormonelle Therapien. Zur Behandlung der Endometriose eignen sich kombinierte Kontrazeptiva, Gestagene, GnRH-Agonisten und -Antagonisten sowie Aromatasehemmer. Alle erzielen eine klinisch relevante Schmerzlinderung von vergleichbarem Ausmaß. Aber sie haben auch Nebenwirkungen und die Symptome treten nach dem Absetzen wieder auf. Auch zentral wirksame Pharmaka wie trizyklische Antidepressiva, Duloxetin, Gabapentin und Pregabalin können zur Schmerzreduktion bei Endometriose eingesetzt werden. Zur Behandlung der Infertilität dienen je nach Konstellation reproduktionsmedizinische Techniken.

Horne AW, Missmer SA. BMJ 2022; 379: e070750

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune