Basenpulver & Co.

Löffel mit Kollagen oder Proteinpulver auf pastellfarbenem Hintergrund.
VIK/AdobeStock

Schulmedizinisch umstritten, aber bei Anwenderinnen und Anwendern beliebt: Produkte für den Säure-Basen-Haushalt haben immer Saison.

Basenpulver und andere Basenpräparate enthalten Mischungen aus verschiedenen basischen Salzen. Insbesondere werden Salze der Kohlensäure (Natrium- oder Kaliumhydrogencarbonat, Magnesium- oder Calciumcarbonat), der Zitronensäure (z.B. Magnesiumcitrat, Kaliumcitrat) sowie Dinatriumhydrogenphosphat verwendet. Einige Präparate enthalten zusätzlich Vitamine und Spurenelemente. Häufig wird Zink zugesetzt, da ihm durch seine Funktion in bestimmten Enzymen (z.B. Carboanhydrase) eine Rolle im Säure-Basen-Haushalt zukommt.

Nach natur- bzw. alternativmedizinischer Auffassung führen Fehlernährung, Stress und andere Faktoren des modernen Lebens zu Dysbalancen im Säure-Basen-Haushalt und begünstigen eine Übersäuerung. Als „latente Azidose“ wird ein Zustand bezeichnet, bei dem der pH-Wert des arteriellen Blutes zwar noch im Normbereich ist, aber an der unteren Toleranzgrenze von pH 7,35. Die Pufferkapazitäten des Körpers sind langfristig vermindert. Säureüberschüsse werden in pufferfähige Gewebe verschoben, zuerst ins Bindegewebe, später auch in andere Organe, was gesundheitliche Beschwerden hervorruft.

Basenpräparate können aus alternativmedizinischer Sicht dazu verwendet werden, Übersäuerungsbeschwerden vorzubeugen und zu bekämpfen. Häufig werden sie im Rahmen von Diäten oder Kuren angewendet (z.B. F.X. Mayr Kur, Basenfasten). Die Anwendung ist zeitlich begrenzt. Im Allgemeinen wird die 1- bis 2-mal tägliche Einnahme eines Basenpräparates empfohlen, z.B. 1 TL Basenpulver auf 250ml Wasser).

Aus schulmedizinischer Sicht ist es nicht möglich, die Puffersysteme des Körpers ernährungsbedingt zu überlasten. Der Begriff der latenten Azidose wird nicht anerkannt.

Health Claims

Der Claim „Trägt zu einem normalen Säure-Basen-Stoffwechsel bei“ wurde bisher nur für Zink genehmigt. Abgelehnt wurde er bislang für Calcium, Kalium und Citrate (wie Na-, K-, Ca und Mg-Citrat).

Steckbrief

Enthalten in…

Die Säure-Basen-Theorie teilt Lebensmittel in „Säurebildner“ und „Basenbildner“ ein. Dies korreliert nicht mit dem Geschmack des Lebensmittels, sondern bezieht sich darauf, ob bei der Verstoffwechselung ein Überschuss an sauren oder an basischen Verbindungen entsteht. So schmeckt etwa ein Apfel sauer, ist aber im Stoffwechsel letztendlich ein Basenlieferant.

Zu den basischen Lebensmitteln werden vor allem Gemüse, Salat, Kräuter und Obst gezählt, aber auch Apfelessig, Balsamicoessig, Molke, Haselnüsse und grüne Bohnen sowie Mineralwässer ohne Kohlensäure. Als säurebildend gelten Getreide- und Mehlprodukte, Teigwaren, Milchprodukte, Fleisch, Fisch und Wurstwaren.

Zur Einschätzung der Säurelast von Lebensmitteln wird häufig der sogenannte PRAL-Wert nach Remer und Manz zitiert (Potential Renal Acid Load). Er gibt an, wie hoch die Säureausscheidung über die Nieren bezogen auf 100g Lebensmittel ist. Lebensmittel mit negativem PRAL-Wert haben einen basischen Effekt, solche mit positivem einen säurebildenden.

Erhöhter Bedarf/mögliche Anwendungsgebiete

Nach naturmedizinischer Auffassung kann sich eine Übersäuerung des Körpers in unterschiedlichsten Beschwerden äußern. Die Unterstützung des Säure-Basen-Haushalts mit Basenprodukten kann dann sinnvoll sein (z.B. Basenpulver und -granulate, Basentabletten, Basenbäder etc.):

  • Müdigkeit, Erschöpfungszustände
  • Verschiedene Hauterkrankungen (Akne, Neurodermitis, Psoriasis)
  • Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, kurzfristige Linderung von Sodbrennen
  • Beschwerden des Bewegungsapparats (Muskelverspannungen, Schmerzen, Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises)
  • Verminderte Ausdauerleistungsfähigkeit, schlechtere Regeneration
  • Migräne
  • Osteoporose
  • Unterstützung beim Fasten/Gewichtsverlust

Symptome bei Mangel

Die latente Azidose kann symptomlos bleiben oder äußert sich in Müdigkeit, Hautproblemen, Neigung zu Osteoporose, chronischen Schmerzzuständen und schleichenden Entzündungen sowie verminderter Leistungs- und Regenerationsfähigkeit im Sport. Nach naturmedizinischer Auffassung ist sie auch an äußeren Zeichen erkennbar (z.B. Farbe und Tonus der Haut, Zustand der Haare und Nägel, Zunge, Körpergeruch).

Ursachen eines Mangels

Gemäß der naturmedizinischen Auffassung führen folgende Faktoren zur Übersäuerung des Körpers:

  • Ernährungsweise: säureüberschüssig, basenarm, wenig Vitamine und Mineralstoffe, Überangebot an Eiweiß, Zucker und schnell verdaulichen Kohlenhydraten, phosphat- und sulfatreiche Ernährung.
  • Stress
  • Alkohol, Kaffee, Nikotin
  • Bewegungsmangel
  • Körperliche Überanstrengung, zu häufiges, zu langes oder zu intensives Training
  • Erkrankungen: z.B. Diabetes mellitus, Lebererkrankungen, Nierenunterfunktion, Magenerkrankungen, Herzinsuffizienz, Darmprobleme („chronische Darmgärung“)
  • Medikamente (z.B. solche, die zur Kaliurie oder Magnesurie führen)

Praxistipps

  • Die Anwendung von Basenpräparaten sollte von einer entsprechenden Ernährungs- und Lebensstiländerung begleitet werden.
  • Bei Nierenfunktionseinschränkungen keine Anwendung oraler Basenpräparate ohne ärztliche Rücksprache.
  • Klassische magistrale Rezepturen für Basenpulver sind etwa das Basenpulver nach Sanders oder das Basenpulver nach Rauch.
  • Für ein Basenbad etwa 100g Natriumbicarbonat für ein Vollbad auflösen, sodass ein pH-Wert des Wassers von 8,5 erreicht wird. Badedauer 30–60 min. Auch als Fußbad anwendbar, z.B. bei vegetativ labilen Personen mit Neigung zu kalten Füßen.
  • Die Einnahme von Natriumbicarbonat kann durch die Bildung von Kohlendioxid mit starkem Aufstoßen verbunden sein. Der Natriumgehalt ist zu beachten. Die Einnahme reiner Natriumbicarbonat-Präparate gilt als veraltet.
  • Die Neutralisation des Magensaftes kann reaktiv zu neuerlicher Produktion von Magensäure führen.
  • Zu den möglichen Nebenwirkungen von Basenpräparaten gehören gastrointestinale Störungen und Störungen des Elektrolythaushalts (abhängig von der Produktzusammensetzung, Begleitmedikation und Vorerkrankungen).
  • Die Messung des pH-Werts des Urins ist eine Momentaufnahme und erlaubt keinen Rückschluss auf den Zustand der Gewebe.

Im Wechselspiel

  • Da Interaktionen von Basenprodukten mit anderen Arzneistoffen auf vielfältige Weise möglich sind, wird generell ein Einnahmeabstand von 2–3 Stunden zu Arzneimitteln empfohlen.
  • Mehrwertige Kationen in Basenprodukten können mit einigen Arzneistoffen schwerlösliche Komplexe bilden und dadurch deren Aufnahme hemmen. Dazu zählen z.B. Tetracycline, Chinolone (vor allem Ciprofloxacin, Norfloxacin, Moxifloxacin), Bisphosphonate und Schilddrüsenhormone. Ein Einnahmeabstand von 2–3 Stunden ist erforderlich.
  • Durch die Anhebung des Magen-pH-Werts durch Basenprodukte kann möglicherweise die Resorption bestimmter Arzneistoffe vermindert werden, z.B. von Itraconazol. Die Serumspitzenkonzentration von Azithromycin kann vermindert werden. Auch hier empfiehlt sich ein Einnahmeabstand von 2–3 Stunden.
  • Magensaftresistente Überzüge von festen Arzneiformen können sich durch den Kontakt mit basischen Flüssigkeiten ungewollt vorzeitig auflösen.

 

Quellen:

Van Limburg Stirum J., Moderne Säure-Basen-Medizin, Hippokrates Verlag Stuttgart, 1. AFL 2008

Worlitschek M., Praxis Säure-Basen-Haushalt, Haug Verlag Stuttgart, 7. AFL 2015

Jentschura R., Power statt sauer, Verlag Peter Jentschura 2021

Rauch E., Lehrbuch der Diagnostik und Therapie nach F.X. Mayr, Haug Verlag Stuttgart, 2. AFL 1994