Wunderwurzel in Orange: Curcuma

Kurkumapulver in Holzschalen und Kurkumakapseln auf Holzhintergrund
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Curcuma ist ein althergebrachtes Heilmittel verschiedener asiatischer Medizinsysteme, unter anderem des Ayurveda und der Traditionellen Chinesischen Medizin. Die Stammpflanze Curcuma longa gehört zu den Ingwergewächsen. Arzneilich verwendet wird der Wurzelstock (Curcuma longa rhizoma). Er ähnelt äußerlich der Ingwerwurzel, zeigt aber innen eine kräftige orange Farbe, die von den enthaltenen Curcuminoiden herrührt. Diese sind polyphenolische Verbindungen, die eine Diarylheptanoidstruktur aufweisen. Je nach Herkunft und Kultivierung der Stammpflanze enthält das Rhizom 3–5% Curcuminoide. Den Hauptanteil macht dabei das Curcumin aus (75–80%). Chemisch gesehen handelt es sich dabei um die Reinsubstanz 1,7-Bis(4-hydroxy-3-methoxyphenyl)-1,6-heptadien-3,5-dion. Zuweilen werden aber auch Gesamtextrakte, pulverisierte Droge oder Curcuminoid-Fraktionen aus der Pflanze als „Curcumin“ bezeichnet, was nicht korrekt ist.

Curcumin wirkt antioxidativ, unter anderem ist ein Anstieg des antioxidativen Enzyms Superoxid-Dismutase belegt. Aus In-vitro-Untersuchungen ist bekannt, dass Curcumin viele pharmakologisch interessante Zielstrukturen der Zelle erreicht und moduliert. Dazu gehören vor allem Moleküle von inflammatorischen Signalwegen (z.B. NF-kB, COX-2, Lipoxygenasen, Glutathion-S-Transferase). In vitro kann Curcumin daher die Synthese verschiedenster Entzündungsfaktoren verhindern. Eine große Anzahl wissenschaftlicher Forschungsarbeiten beschäftigt sich daher zurzeit mit Anwendungsmöglichkeiten bei entzündlichen und metabolischen Erkrankungen (Darm, Bewegungsapparat, neurodegenerative Erkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen). Curcumin wirkt antiproliferativ und proapoptotisch, was die Substanz interessant für die Onkologie macht. Die antineoplastischen Eigenschaften von Curcumin beruhen auf vielfältigen Mechanismen, die eine Rolle bei chronischer Entzündung, Karzinogenese, Angiogenese, Tumorzell-Proliferation und Apoptose-Regulation spielen.

Health Claims

Für Curcuma wurde noch kein Health Claim definiert.

Steckbrief

In Form des getrockneten Pulvers oder der frischen geriebenen Wurzel findet die leicht scharf-bitter und erdig schmeckende Curcuma vielfältige Verwendung als Gewürz. Handelsübliche Currypulver sind Gewürzmischungen, die neben Curcuma auch andere Gewürze wie Pfeffer, Chili, Zimt, Muskat oder Ingwer enthalten. Curcumapulver in warmer gesüßter Milch wird „Curcuma latte“ genannt. Curcumin ist der Lebensmittelzusatzstoff E 100.

Mögliche Anwendungsgebiete

  • als Gewürz mit verdauungsfördernder, antioxidativer Wirkung
  • als traditionelles pflanzliches Mittel bei Verdauungsstörungen wie Völlegefühl, verlangsamter Verdauung, Flatulenz
  • bei dyspeptischen Beschwerden, insbesondere als Cholagogum (Steigerung der Gallenblasenkontraktion und des Gallenflusses in klinischen Studien nachgewiesen)
  • bei Colitis ulcerosa: Gemäß der geltenden S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen kann Curcuma komplementär zu einem Aminosalicylat angewendet werden – zur Remissionsinduktion und zum Remissionserhalt.
  • positive Effekte aufs Herz-Kreislauf-System (metabolisches Syndrom, Dyslipidämie), auf neurodegenerativen Erkrankungen und Erkrankungen des Bewegungsapparates (belastbare Evidenz derzeit noch ausständig)
  • In der Onkologie bestehen verschiedene Anwendungsmöglichkeiten für Curcuma: zur Tumorprävention, zur Tumortherapie und als Mittel in der Supportivtherapie. Laut CAM Cancer und dem Kompetenznetzwerk Komplementärmedizin in der Onkologie haben die meisten Studien geringe Fallzahlen und weisen eine große Heterogenität auf.
  • Kleine Studien zu metastasiertem Dickdarmkrebs und Prostatakrebs zeigen eine sehr niedrige Ergebnissicherheit.
  • Dasselbe gilt für die supportive/palliative Therapie bei oraler Mukositis, Radiodermatitis, Nebenwirkungen bei Prostata-Radiotherapie und Verbesserung der Lebensqualität.
  • Hinsichtlich der Prävention maligner Erkrankungen gibt es ermutigende Ergebnisse bei Mundleukoplakie und schwelendem Multiplem Myelom.

Es ist empfehlenswert, die Anwendung von Curcuma in der Onkologie mit dem behandelnden Onkologen abzusprechen.

Praxistipps

  • Curcuminoide sind nahezu wasserunlöslich. Sie werden nach oraler Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt sehr schlecht resorbiert und in Leber und Darm rasch metabolisiert. Zur Verbesserung der Bioverfügbarkeit von Curcuma-Präparaten wurden daher verschiedene Verfahren entwickelt, die die Resorption im Magen-Darm-Trakt erhöhen oder die Metabolisierung verlangsamen, z.B. liposomale Formulierungen, Curcumin-Phospholipid-Komplexe, nanotechnologische Verfahren, Cyclodextrin-Einschlüsse oder der Zusatz von Piperin. Die Bioverfügbarkeit und Halbwertszeit der Präparate sind je nach Formulierung sehr unterschiedlich.
  • Der Zusatz von Piperin, dem Hauptalkaloid des Schwarzen Pfeffers, hemmt die Phase-I-Metabolisierung des Curcumins und inhibiert damit den Abbau von Curcumin in Leber und Darm.
  • Curcumin findet als Lebensmittelzusatzstoff E 100 Verwendung, um Lebensmitteln eine orange-gelbe Farbe zu verleihen. Es eignet sich auch zum Färben von Ostereiern.
  • Die EFSA hat für Curcumin eine akzeptable tägliche Aufnahmemenge (ADI) von 3mg/kg Körpergewicht festgelegt. Dieser Wert gilt für herkömmliches Curcumin und kann nicht ohne Weiteres auf chemisch modifiziertes Curcumin mit erhöhter Bioverfügbarkeit übertragen werden.
  • Die Anwendung von Curcuma-Präparaten für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie in der Schwangerschaft und Stillzeit wird aufgrund fehlender Daten nicht empfohlen.
  • CAVE: Wie alle Mittel, die den Gallenfluss fördern, wird Curcuma nicht empfohlen, wenn eine Verlegung oder Entzündung der Gallengänge vorliegt oder Gallensteine bekannt sind. Dies gilt auch bei anderen Erkrankungen der Gallenwege oder bei Lebererkrankungen.
  • Seltene Fälle von Leberschädigung unter Curcuma-Einnahme sind bekannt.

Im Wechselspiel

  • Curcumin kann die Aktivität von CYP1A2 und CYP2D6 hemmen. Daher sind Wechselwirkungen mit Arzneistoffen, die über diese Enzymsysteme metabolisiert werden, möglich.
  • Die Aktivität von CYP3A4 und CYP2C9 wird durch Curcumin wahrscheinlich nicht signifikant beeinflusst.
  • Präklinische Daten deuten auf eine thrombozyten- und gerinnungshemmende Aktivität von Curcumin hin. Humanstudien konnten jedoch nicht bestätigen, dass sich dies klinisch auf eine Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern oder Gerinnungshemmern auswirkt. Die gemeinsame Anwendung ist vermutlich sicher, dennoch ist Vorsicht geboten.

Quellen:

BvL/BfAM: Gemeinsame Expertenkommission zur Einstufung von Stoffen: Stellungnahme zur Einstufung von Produkten, die Curcumin mit verbesserter Bioverfügbarkeit enthalten (02/2020), www.bvl.bund.de, abgerufen am 17.3.2024

CAM Cancer Consortium, Kompetenznetz Komplementärmedizin in der Onkologie: Kurkumin (Guideline), www.onkopedia.com, abgerufen am 17.3.2024

EMA, European Union herbal monograph on Curcuma longa L., rhizoma, EMA/HMPC/329755/2017, www.ema.europa.eu, abgerufen am 17.3.2024

DGVS, S3-Leitlinie Colitis ulcerosa, AWMF Reg. Nr. 021-009